Der FC Bayern München hat die sechste Meisterschaft in Folge eingefahren. Deswegen stellt sich nur noch eine Frage: Was tun, damit das endlich endet? Sieben Lehren gegen die möglicherweise drohende siebte Meisterschaft der Münchner in Folge. Oder ist alles doch nur halb so schlimm?

Eine Glosse

1. Lehre: Nicht mal in München freut man sich noch

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Der FC Bayern ist wieder Deutscher Meister oder - wie die Bayern-Spieler in echt bajuwarischer Manier anschließend in der Kabine gesungen haben: Campeones, Campeones, Campeones, Campeones, Campeones, Campeones.

Warum sechsmal? Weil die Münchner den sechsten Titel in Folge geholt haben. Oder anders gesagt: Ein Kind, das in diesem Herbst eingeschult wird, kennt keinen anderen Meister als den FC Bayern.

Daraus könnte man doch fast einen Schlachtruf machen, liebe Bayern-Fans? Dafür müssten sich die FCB-Anhänger aber noch richtig freuen über den Titel. Danach sah es in München am Samstag aber nicht aus.

Der Marienplatz - eigentlich Ort der Münchner Meisterfeiern - war zwar voll mit Touristen, aber frei von Fans. Die Leopoldstraße, wo einstmals von Tausenden die Titel gefeiert wurden, war ebenso verweist. Vielleicht ein Auto-Korso in Giesing, der Heimat der Münchner? Oder zumindest irgendwo ein hupendes Auto, das mit der Bayern-Fahne geschmückt war? Nein, so etwas macht der gemeine Münchner Fan nicht.

Das höchste der Gefühle ist für einen Erfolgsfan im Falle des Eintretens des Erfolges das:

2. Lehre: Hauptsache die Bayern-Spieler feiern

Aber mal ehrlich, wen interessieren die Fans? Wichtig ist, dass die, die dafür verantwortlich sind, ihren Titel ausgelassen feiern. Also die Spieler - und die haben es richtig krachen lassen.

In der Kabine haben sie gefeiert als gäbe es kein Morgen, kein Sevilla-Spiel am Mittwoch, keine Chance auf weitere Titel in Pokal und Champions League.

Dafür verantwortlich: Jupp Heynckes, der Meistertrainer, der Münchner Messias, der Mann, dem Unfassbares gelang, weil er die Münchner von Platz zwei zurück an die fast schon uneinholbare Tabellenspitze geführt hat, der, ohne den in dieser Saison vielleicht doch so etwas wie Spannung in der Liga entstanden wäre.

Er hat jedem Spieler - jetzt kommt’s - ein Glas Sekt zum Feiern erlaubt.

Meinen Informationen zufolge war das aber gar kein Sekt, sondern spanischer Cava. Deswegen wurde dann auch nicht Deutscher Meister in die Kameras gegrölt, sondern Campeones. Völlig logisch, oder?

3. Lehre: Bundesligisten, ihr seid doch selber schuld!

Sie merken mit Sicherheit schon an den oberen Zeilen, dass ich ziemlich unzufrieden bin mit der Allmacht des FC Bayern - und mir so meine Gedanken mache, wie die zu brechen ist.

Nun werden bestimmt einige unserer Kommentatoren sagen: Was können die Münchner denn dafür, dass sie seit Jahren alles in Grund und Boden spielen? Schuld daran sind doch die anderen Bundesligisten, die seit Jahrzehnten einfach nicht gut genug arbeiten.

Wenn Sie dieser Meinung sind, haben sie die gleiche wie Uli Hoeneß. Gleichzeitig sagte er der "Süddeutschen Zeitung", dass auch die Einführung von Playoffs keine Lösung des Spannungsproblems sei. Es sei vielmehr ungerecht.

Auch ich bin der Meinung, dass Playoffs nicht viel bringen werden - aber nicht aus Gründen der Fairness. Ich befürchte eher, dass die Münchner dann halt nicht rund um Ostern Meister werden, sondern bis dahin nur mit halber Kraft oder einem nicht ganz so erfolgreichen Trainer spielen. Hauptsache es reicht für die Playoffs.

Dann wird Jupp Heynckes zurückgeholt - für die paar Spiele wird Hund Cando bestimmt auf sein Herrchen verzichten können. Und mit ihm werden die Münchner doch wieder Meister.

4. Lehre: Dortmund muss es einfach wie die Bayern machen

Vielleicht hilft ja der Blick ins Ausland, um die Liga wieder spannender zu machen - beispielsweise nach England. Nicht, dass dort der Tabellenerste nicht kilometerweit vorne ist. Aber immerhin hat City die Meisterschaft nicht schon kurz nach Ostern geholt.

Verantwortlich dafür ist übrigens Jürgen Klopp. Unter der Woche hat er Guardiola in der Champions League so eine Klatsche verpasst, dass dieser nach dem Spiel doch tatsächlich gesagt hat, dass ihm eine mögliche Meisterfeier an diesem Wochenende völlig egal ist.

Und genau diese "was-interessiert-mich-die-Meisterschaft"-Mentalität müssen die Gegner auch den Bayern abtrotzen. Das kann aber eben nur einer: der letzte nicht Münchner Meistertrainer, Jürgen Klopp.

So, liebe Dortmunder, jetzt seid ihr an der Reihe: Zeigt, dass auch ihr so gut arbeiten könnt wie die Münchner - und holt Euch Kloppo zurück. Zur Not haut ihr dafür alles raus, was ihr in den letzten Jahren durch Eure grandiosen Transfers erwirtschaftet habt.

Dann habt ihr mit einem Move gleich zwei Dinge gemacht, die die Bayern seit Jahrzehnten machen: die Besten der Besten kaufen und Legenden mit einmaligem Fußballverstand zurück in den Verein holen.

5. Lehre: Bundesliga, nimm Dir ein Beispiel an Mourinho

Nach dem Satz von Guardiola jubelten die Zeitungen in Manchester übrigens. Sie haben gehofft, dass Pep nur eine B-Mannschaft im Derby gegen Manchester United aufstellt, Jose Mourinho deswegen mal nicht mit zehn Mann rund um den Strafraum verteidigt und so ein richtig geiles Fußballspiel entsteht.

Nun hat Guardiola zwischen Mittwoch und Samstag offenbar doch gemerkt, dass so eine frühe April-Meisterschaft seinen Reiz hat und keine B-Mannschaft aufgestellt.

Doch jetzt kommt das Überraschende: Trotzdem hat Mourinho (für seine Verhältnisse) ultra-mega-hardcore-offensiv spielen lassen - oder in seinen bekanntermaßen zurückhaltenden Worten: "Wir haben den Ball mehr bewegt als jedes andere Team gegen ManCity und haben höher gepresst."

Wenn sich so etwas selbst ein Mourinho traut, wäre das nicht auch etwas für Euch, liebe Bundesligisten?

6. Lehre: Holt Euch den Chuck Norris aus Liga zwei

Auch die zweite Liga kann derzeit als Vorbild für die Bundesliga dienen. An der Spitze herrscht das totale Desinteresse, rasch aufzusteigen. Stattdessen liefern sich Düsseldorf, Nürnberg und Kiel ein Schneckenrennen. Da wären wir wieder bei der „Was-interessiert-mich-die-Meisterschaft“-Mentalität …

Dahinter herrscht Spannung pur, zwischen Platz vier und dem Relegationsplatz Richtung dritte Liga liegen nur sieben Punkte. Und fast wäre es noch enger geworden, hätte der Drittletzte Heidenheim die 1:0-Führung gegen Nürnberg nicht verspielt.

Zur Führung getroffen hat übrigens John Verhoek. Kennen Sie nicht? Sollten Sie aber: Denn sein Treffer war das geilste Tor ever.

Ja, geiler als der Fallrückzieher von Cristiano Ronaldo unter der Woche. Den fanden ja ohnehin nicht alle so spektakulär. Oder eher: Zlatan Ibrahimovic nicht. Zu "ESPN" sagte der: "Schönes Tor, aber er soll es mal aus 40 Metern versuchen."

Sowas kann bekanntermaßen nur ein Zlatan. Jetzt hat Verhoek aber noch einen draufgelegt - und Zlatan zlataniert.

Und das ging so: Eigentlich war Verhoek schon gar nicht mehr auf dem Platz, weil er mit lädiertem Oberschenkel nicht mehr laufen konnte. Doch der Wechsel hat sich hingezogen, er musste nochmal rauf aufs Feld. Dann landete ein Abstoß direkt vor seinen Füßen. Aus Mangel an Alternativen hielt er aus 40 Metern einfach mal voll drauf - und traf mit nur einem Bein.

So etwas kann nicht mal Zlatan, wenn überhaupt dann ein Chuck Norris. Und genau so ein "Chuck Norris aus Liga zwei" würde jedem Bayern-Verfolger nützen.

7. Lehre: Meckern hilft doch auch nicht

Man kann meckern, so viel man will, wer Anfang April mit 20 Punkten Vorsprung die Liga anführt, hat sich den Titel verdient. Da hilft kein Lamentieren, kein Neid - und auch kein Modus-Wechsel.

Und überhaupt: Nur weil etwas schon seit Jahren oder Jahrzehnten so ist, wie es ist, muss es nicht gleich schlecht sein.

Sonst müsste man sich ja auch darüber beschweren, dass Köln nach einer guten Saison im Jahr darauf zumeist absteigt. Oder dass es Hamburg am Ende einer grottenschlechten Saison irgendwie doch noch in die Relegation schaffen könnte.

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