Das aufregendste Champions-League-Viertelfinale steigt zwischen dem FC Liverpool und Manchester City. Es ist der Clash der Giganten und auch die Neuauflage eines Klassikers: Jürgen Klopp gegen Pep Guardiola.

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Die letzte Schlacht - und es war wirklich eine Schlacht - ging an Jürgen Klopp. Der 4:3-Sieg des FC Liverpool über Manchester City bedeutete die erste und bislang einzige Niederlage der Citizens in dieser Saison. Die Anfield Road erlebte damals ein Spektakel wie schon lange nicht mehr, lediglich Klopps 4:3 über seinen Ex-Klub Borussia Dortmund in der Europa League war ein noch größerer Moment.

"Es ist gut zu wissen, dass wir es drauf haben", hatte Klopp nach dem hitzigen Spiel gesagt. Er erinnerte damit automatisch an eine andere denkwürdige Begegnung: In der Vorrunde hatten die Reds in Manchester noch eine derbe Tracht Prügel bezogen und waren mit 0:5 gekentert.

Nun treffen die beiden aufregendsten Mannschaften der Premier League erstmals in der Königsklasse aufeinander und es nicht nur aus Sicht der deutschen Fußball-Fans auch das große Duell zwischen Klopp und Guardiola.

"Wenn ich die Wahl hätte, ein Champions-League-Spiel zu schauen, würde ich dieses Duell wählen", sagte Klopp im UEFA-Interview und umriss damit schon die Erwartungshaltung an diesen Clash der Giganten.

Alle Topfavoriten haben im Viertelfinale der Champions League machbare Lose gezogen, die Bayern den FC Sevilla, Barca die AS Rom, selbst Real hat mit der alternden Dame aus Turin einen dankbaren Gegner erwischt.

Allein schon deshalb ist das englische Duell auf dem Papier das interessanteste Duell - das mit der besonderen Konstellation an der Seitenlinie und zahlreichen ehemaligen Bundesligaspielern in beiden Kadern noch mehr an Brisanz gewinnt.

Klopps positive Bilanz gegen Guardiola

Jürgen Klopp ist einer der ganz wenigen Trainer auf der Welt, die eine positive Bilanz gegen Pep Guardiola aufweisen können. Zwölf Mal standen sich die beiden Trainer schon gegenüber. Sechs Mal gewann Klopp, fünf Mal war Spanier erfolgreich.

Die Duelle mit Dortmund und den Bayern waren erste Boten für das, was sich in England quasi nahtlos fortsetzte und nun in zwei K.o.-Spielen auf höchstem Niveau auf ihren vorläufigen Höhepunkt zusteuert.

Ein wenig wird die Partie an der Anfield Road auch zu einem Kampf der Systeme - wenngleich die Unterschiede zwischen beiden Mannschaften gar nicht mehr so extrem sind wie es oft dargestellt wird.

Klopps Liverpool wird gemeinhin reiner Pressing- und Gegenpressingfußball unterstellt, Guardiolas City stünde dagegen für Ballbesitz und Positionsspiel.

Die Wahrheit ist, dass es sehr viele Schnittmengen gibt, Liverpool kann nicht nur schnell umschalten, sondern auch das Spiel machen. Und allen Guardiola-Mannschaften liegt ein erdrückendes Pressing als Basis für den Angriffsfußball zu Grunde.

Die Gewichtung der Elemente ist unterschiedlich und genau das macht den besonderen Reiz des Aufeinandertreffens aus.

"Wir haben vieles, was ManCity nicht mag"

In der Liga lief Klopps Gegenpressing in Manchester komplett ins Leere, die Mannschaft wurde damals in ihre Einzelteile zerlegt und hätte deutlich höher als 0:5 verlieren können.

Im "Rückspiel" vor wenigen Wochen änderte Klopp seine Strategie, ließ noch mutiger und riskanter spielen und traf Guardiolas Mannschaft da, wo sie am ehesten verwundbar ist: Liverpool nahm ManCity den Ball weg, versuchte sich mit schnellen Eroberungen selbst Ballbesitz zu verschaffen und gestaltete die Partie somit ausgeglichen.

Den Plan fast aller anderen Mannschaften gegen Guardiola-Teams, sich am eigenen Strafraum zu verbarrikadieren und so lange wie möglich die Null zu halten, dürfte Klopp auch im Heimspiel in der Champions League eher nicht verfolgen. Im Gegenteil.

"Mauern bringt nichts, auf diesem Weg sollten wir es als Liverpool nicht versuchen. Man muss gegen sie mutig sein und Fußball spielen", kündigt Klopp an. Das Pressing seiner Mannschaft beim Sieg zuletzt sei "von einem anderen Planeten" gewesen.

Guardiola wählte einen Superlativ, um Klopps Leistung im Spiel gegen den Ball zu würdigen. "Vielleicht ist Klopp der beste Trainer der Welt, wenn es darum geht, die gegnerische Abwehr unter Druck zu setzen."

Ähnliches ist auch am Mittwochabend zu erwarten. "Wir haben vieles, was ManCity nicht mag", sagte Klopp. Sein Team könne City richtig "unangenehm" werden. "Wenn wir es gut machen, werden sie Schwierigkeiten haben, damit zurechtzukommen."

Wie viel Einfluss kommt von der Trainerbank?

Das Problem ist, dass Manchester City über die noch besseren Einzelspieler verfügt als Liverpool. Obwohl die mit Roberto Firmino, Sadio Mane und dem derzeit alles überragenden Mo Salah über eine absolut zerstörerische Offensive verfügen.

ManCity hat nicht nur auf dem Transfermarkt mehr Geld ausgegeben und einen teureren Kader, sondern seine Mannschaft im zweiten Jahr unter Guardiola auch sauber ausbalanciert verstärkt. Gerade in der Defensive hat die Mannschaft einen enormen Qualitätssprung gemacht.

"Seine Mannschaften sind immer exzellent aufgestellt", sagte Klopp jüngst im Gespräch mit uefa.com über Guardiolas Auswahlen aus Barcelona, München und nun Manchester. "Er hat immer großartige Teams, die exzellente Entscheidungen treffen. In Barcelona waren es Xavi, Iniesta, Busquets und Lionel Messi - um nur die kreativen Spieler aufzuzählen. In Bayern hatte er tolle Spieler, die tolle Entscheidungen getroffen haben. Und die hat er auch jetzt, mit Gündogan, Silva, Aguero, Sane, Sterling und Gabriel Jesus. Sie sind außergewöhnlich. Es ist einfach so, dass Pep immer bessere Teams hatte als ich. Das sieht man jetzt auch bei Manchester City - sie haben mehr Punkte als wir. Allerdings war der Unterschied noch nie so gering wie jetzt. Als wir Bayern und Dortmund trainierten, war der Unterschied ziemlich groß."

Und trotzdem konnte Klopp gegen Guardiola wichtige Siege einfahren, unter anderem im DFB-Pokal in München, als der BVB im Elfmeterschießen gewann.

Um auch beim Kracher an der Anfield Road eine Chance zu haben, muss von der Seitenlinie vielleicht ein bisschen mehr Einfluss und auch Energie für die Reds kommen. Manchester City hat die bessere Mannschaft. Vielleicht hat Jürgen Klopp den besseren Plan. Es wäre ja nicht das erste Mal.

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