Der FC Bayern spielt gegen Celtic Glasgow, der BVB gegen Sporting Lissabon: Wie sind die Gegner in den Champions-League-Playoffs einzuschätzen?

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Andreas Reiners sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Das Losglück, es war mal wieder verlässlich zur Stelle. Und das Aufatmen bei den Bayern dürfte groß gewesen sein. Denn in den Playoffs zum Achtelfinale der Champions League wartet nicht etwa Manchester City, sondern Celtic Glasgow. Es ist die auf dem Papier deutlich leichtere Aufgabe, um in die Runde der letzten 16 einzuziehen. Borussia Dortmund wiederum trifft auf Sporting Lissabon. Auch das ist machbar, aber ebenfalls kein Selbstläufer.

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"Celtic Glasgow steht für Leidenschaft und Kampfgeist, es wird eine große Herausforderung. Unser Ziel ist klar das Erreichen des Achtelfinales, dafür werden wir in beiden Spielen alles reinwerfen müssen", sagte Bayerns Sportvorstand Max Eberl. Und BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl meinte: "Sporting ist ein herausforderndes Los und eine spannende Aufgabe. Es wird ein Duell auf Augenhöhe, aber mit dem Rückspiel zu Hause werden wir das packen."

Wie viel Glück ist beim Los Celtic tatsächlich dabei? Und wie viel Augenhöhe gegen Sporting? Die beiden Gegner im Check:

Celtic Glasgow: Im "Paradise" ein Albtraum

Der schottische Meister hat in der Ligaphase zwölf Punkte geholt, zehn davon im heimischen Celtic Park, "Paradise" genannt, wo auch RB Leipzig 3:1 besiegt wurde. Für DAZN-Experte Sebastian Kneißl ist im Gespräch mit unserer Redaktion deshalb klar: "Das größte Problem für Bayern ist die Atmosphäre! Die Fans im Celtic Park sorgen für eine unvergleichliche Stimmung. Das ist ein Ort, der nicht nur fußballerisch, sondern auch mental eine riesige Herausforderung darstellt." Vor allem das Hinspiel in Glasgow könne entscheidend sein, denn mental müsse man sich auf diese Atmosphäre erst einmal einstellen, erklärt Kneißl.

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Celtic kommt nicht unbedingt über die individuelle Qualität, dafür über das Kollektiv. Trainer Brendan Rodgers lässt seine Mannschaft extrem aggressiv auftreten. "Sein Stil ist klar: hoher Ballbesitz, intensives Pressing, aber auch die Fähigkeit, kompakt und tief zu stehen, wenn es nötig ist", sagt Kneißl. Rodgers hat seine Mannschaft weiterentwickelt, Celtic spielt "mit einem unglaublichen Druck und Pragmatismus, der eine Wucht entwickeln kann", so der TV-Experte.

Ein künftiger DFB-Spieler im Kader von Celtic?

Der Kader besticht daher durch eine ausgewogene Mischung aus Mentalität und Talent. Neben Torhüter Kasper Schmeichel und Kapitän Callum McGregor müssen die Bayern auf Nicolas Kühn aufpassen, "der über die rechte Seite immer wieder nach innen zieht. Kühn ist für mich ein echter Gamechanger – ich bin mir sicher, dass wir ihn bald bei einem Top-Klub in einer der fünf großen Ligen sehen werden. Vielleicht hat Julian Nagelsmann ihn sogar schon auf dem Zettel", glaubt Kneißl.

Arne Engels ist im Mittelfeld ein weiterer Schlüsselspieler bei den Schotten, "der mit seinen tiefen Läufen viele gefährliche Situationen kreiert", betont Kneißl. Seine Einschätzung: Celtic ist nicht zwingend ein Glückslos: "Viele würden bei Celtic sagen: 80:20 oder 70:30 für Bayern – das sehe ich anders! Für mich ist das eher 60:40."

Thiago Alcantara
Ex-Bayern-Spieler Thiago Alcantara zog die Lose für die Playoffs der Champions League. © picture alliance/KEYSTONE/MARTIAL TREZZINI

Sporting Lissabon: Einer der gefährlichsten Stürmer wartet

Ähnlich eng geht es auch zwischen dem BVB und Sporting zu. In der Champions League legte Portugals aktueller Tabellenführer in dieser Saison furios los, gewann unter anderem 4:1 gegen Manchester City. Zuletzt zeigte die Formkurve aber nach unten, denn es setzte für den Klub, der Stars wie Luis Figo oder Cristiano Ronaldo hervorbrachte, unter anderem ein 1:5 gegen den FC Arsenal, ein 1:2 in Brügge und ein 1:2 in Leipzig.

Drei Spieler sind im aktuellen Kader, die in der Vergangenheit in Deutschland spielten. Innenverteidiger Jeremiah St. Juste stand von 2019 bis 2022 beim 1. FSV Mainz 05 unter Vertrag, sein Positionskollege Eduardo Quaresma 2022/23 bei der TSG Hoffenheim.

Viktor Gyökeres wiederum spielte 2019/20 in der 2. Bundesliga für den FC St. Pauli – heute ist er derjenige, der für Sporting oft den Unterschied macht, da er zu einem der besten Stürmer Europas gereift ist. Der Schwede ist durch seinen starken Abschluss und seine Physis extrem gefährlich vor dem Tor. 34 Tore und sieben Assists gelangen ihm in 33 Spielen, in der Champions League traf der 26-Jährige sechs Mal. Überzeugende Werte, die seinen Marktwert laut "transfermarkt.de" auf satte 75 Millionen Euro ansteigen ließen.

"Er hat unfassbare Werte, fast mehr Tore als Spiele."

RB-Leipzig-Trainer Marco Rose

Leipzig hatte ihn im Sommer 2023 auf dem Schirm als Ersatz für den zum FC Chelsea gewechselten Christopher Nkunku, RB entschied sich aber gegen ihn. "Er hat unfassbare Werte, fast mehr Tore als Spiele. Er hat sich ein bisschen anders entwickelt als andere Top-Stürmer in Europa", sagte Leipzigs Trainer Rose zuletzt im Rahmen der Pressekonferenz vor dem CL-Duell mit Sporting. "Er macht unorthodoxe Tore, er macht schöne Tore und aus allen Situationen. Er kann Bälle festmachen und nimmt es, wenn es sein muss, mit ganzen Abwehrreihen allein auf", erklärte der 48-Jährige. "Er ist einfach ein toller Spieler, der einen guten Weg gegangen ist."

Sporting ist aber nicht nur Gyökeres. Säulen der Mannschaft sind Ousmane Diomande, der aus der Abwehr heraus mit einer guten Spieleröffnung glänzt, und dazu der defensive Mittelfeldmann Morten Hjulmand und Stürmer Trincao, der vor allem als Vorbereiter glänzt. Wichtig wird es vor allem sein, dass der BVB nach den vergangenen wilden Wochen unter dem neuen Trainer Niko Kovac wieder an Stabilität gewinnt, und das in allen Bereichen.

Trainer-Weggang brachte Sporting aus dem Tritt

Doch der Gegner hat zuletzt eine ähnlich unruhige Fahrt hinter sich gebracht: Trainer Ruben Amorim verließ den Verein im Herbst in Richtung Manchester United, was Sporting durchrüttelte und aus dem Tritt brachte. Sein Nachfolger Joao Pereira wurde an Weihnachten nach nur sechs Wochen und nur drei Siegen in acht Pflichtspielen schon wieder entlassen.

Rui Borges übernahm, und seitdem ist die Mannschaft bei drei Siegen und einem Remis in der Liga wieder in etwas ruhigerem Fahrwasser, auch wenn es im nationalen Ligapokal im Finale gegen den Stadtrivalen Benfica eine Niederlage gab. Fakt ist: Auf den BVB wartet ein ebenso unangenehmer wie auch unberechenbarer Gegner. Einer auf Augenhöhe.

Verwendete Quellen

  • Gespräch mit DAZN-Experte Sebastian Kneißl
  • Pressekonferenz RB Leipzig

Über den Gesprächspartner

  • Sebastian Kneißl wagte 2000 mit nur 17 Jahren als vielversprechendes Talent (U19-Vize-Europameister) den Sprung von Eintracht Frankfurt zum FC Chelsea, kam dort aber nicht bei den Profis zum Einsatz. Er spielte anschließend unter anderem für Fortuna Düsseldorf und Wacker Burghausen. 2014 beendete Kneißl aufgrund einer Sportinvalidität seine Profikarriere. Seit 2016 ist er unter anderem bei DAZN als Experte tätig.
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