Die Klatsche bei Paris Saint-Germain zeigt auch, wie die Bayern derzeit den Anschluss an die europäische Spitze verlieren. Trainer Carlo Ancelotti gerät immer mehr in den Fokus - aber eben nicht nur der.

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Wo fängt man nach einer Abreibung wie dieser an? Vielleicht am besten doch beim Ergebnis: Der FC Bayern hat gegen Paris Saint-Germain ein 0:3 kassiert.

Das klingt so drastisch wie es war. Weil es unweigerlich zu einer kontroversen Frage führt: Was ist schlimmer - bei einer klaren Niederlage chancenlos zu sein gegen einen übermächtigen Gegner oder eine klare Niederlage zu kassieren gegen eine Mannschaft, die im Prinzip gar nicht besser ist?

FC Bayern gegen PSG schein-überlegen

Die Bayern waren in Paris schein-überlegen. Sie hatten mehr Ballbesitz und mehr Torchancen, spielten doppelt so viele Pässe und hatten 18 Eckbälle. Und trotzdem waren sie unterlegen.

Dass die Bayern mittlerweile offenbar nicht mehr die spektakulärsten Individualisten in ihren Reihen haben, hat nicht erst der Abend von Paris gezeigt.

PSG hatte drei überragende Einzelspieler im Angriff und dahinter ein Fußvolk, das dem Trio den Rücken freihielt.

Neymar, der offenbar tun und lassen darf, was er will, beteiligte sich quasi nie am Spiel gegen den Ball, noch weniger als es Leo Messi bei Barca oder Cristiano Ronaldo bei Real tun. Dass sich eine Mannschaft den Luxus in diesen Zeiten noch leisten kann, ist bemerkenswert genug.

Dass Paris trotz unübersehbarer Probleme in der Defensive und überdimensionierten Löchern im Mittelfeld samt dem Defensivverweigerer Neymar von den Bayern fast nie auseinandergespielt werden konnte, macht die Partie aus Sicht der Bayern noch bitterer.

Es wurde und wird viel diskutiert über Carlo Ancelottis Aufstellung, dass er auf Franck Ribery, Arjen Robben, Mats Hummels und Jerome Boateng verzichtet hat und dafür Niklas Süle, Corentin Tolisso oder Thomas Müller in die Startelf beorderte.

"Am Ende muss ich mich dafür kritisieren lassen. Aber das ist okay. Ich war überzeugt davon, die richtige Aufstellung getroffen zu haben", sagte der Trainer danach, wohl wissend, dass das Thema damit noch lange nicht beendet sein wird.

Die Bayern ohne Plan

Aber die Kritik an Ancelottis angeblichen personellen Verfehlungen ist hypothetischer Natur. Vielleicht wäre es auch mit Robbery auf den Flügeln und Hummels in der Abwehr nach einem Gegentor nach 82 Sekunden ähnlich mies gelaufen.

Was dagegen glasklar zu erkennen war: Die Bayern haben keinen nachvollziehbaren Plan, den sie mit ihren Spielern auch mit Leben füllen können.

Ancelotti wollte Paris im Zentrum festnageln und dann über denselben Weg und die Halbräume auskontern.

Aber wie sollte das funktionieren, wenn es keine Abläufe im Pressing und im Gegenpressing gibt? Wenn die Konterabsicherung komplett versagt und das Rausrücke nicht Druck auf den Gegner aufbaut, sondern fast ausschließlich gefährliche Situationen vor dem eigenen Tor? Wenn das Positions- und Passspiel so schlampig abläuft, wie bei einer mittelprächtigen Bundesligamannschaft und am Ende doch alle Angriffe rasend schnell auf die Außen gelenkt werden, um dann aus dem Halbfeld in die Mitte zu flanken?

53 Flanken verbuchten die Bayern in 90 Minuten. Das ist die Zahl eines spielerisch limitierten Underdogs, der partout keine Mittel findet gegen eine übermächtige Defensivmaschine.

Aber weder sind die Bayern ein Underdog, noch ist Paris eine Mannschaft, die gut verteidigen kann. "Sie haben uns extrem viel spielen lassen. Ich glaube nicht, dass das ihr Plan war, uns so viele Räume zu geben und deshalb auch so viel Eckbälle", sagte Müller.

Aber der Interimskapitän wunderte sich nicht wirklich darüber. Auch Müller dürfte gemerkt haben, dass PSG es gegen den Ball nicht besser konnte - und dass seine Mannschaft nicht in der Lage war, diese lasche Defensivleistung des Gegners auch nur im Ansatz zu bestrafen.

Und nach der nächsten besorgniserregenden Vorstellung muss man langsam wohl konstatieren, dass etwas Grundsätzliches schief läuft mit diesen Bayern.

Joshua Kimmich: "Es muss sich etwas ändern"

"Die Körpersprache hat nicht gestimmt. Es ist nicht zu übersehen, dass sich etwas ändern muss", sagte Joshua Kimmich.

Arturo Vidal ist ein Schatten seiner selbst und im zentralen Mittelfeld derzeit mehr Risiko als Unterstützung für die Kollegen.

Robert Lewandowski wirkt phasenweise lethargisch und beim ersten Gegenwind - wenn also die ersten ein, zwei Versuche nicht gleich den Weg ins Tor finden und das Spiel nicht so läuft - zunehmend lustlos.

Sven Ulreich wird Manuel Neuer noch eine Weile ersetzen müssen. Der Keeper erlebte den zweiten unglücklichen Abend in Folge, hat aber wenigstens kein Motivations- oder Einstellungsproblem.

Dass jetzt Ribery, der sein womöglich letztes großes Spiel in seiner Heimat Frankreich von der Bank aus erleben musste, die beleidigte Diva gibt, ist durchaus denkbar.

"Ich habe kein Problem mit Ribery. Ich habe ihn auf der Bank gelassen, das passiert anderen Spielern auch", sagte Ancelotti lakonisch.

Raus aus den Top drei?

Die Bayern haben nur ein Vorrundenspiel verloren, nicht die Champions League. Es verstärkt sich aber immer mehr der Verdacht, dass Ancelotti dieser Mannschaft nicht besonders viel geben kann.

Auf die Frage, ob alle Spieler hinter dem Trauner stünden, antwortete Robben: "Diese Frage werde ich nicht beantworten." Das kann alles und nichts heißen. Es lässt nur Ancelotti nicht besonders gut dastehen.

Es ist die letzte Saison der goldenen Bayern-Generation, womöglich werden Robben und Ribery im Sommer nicht mehr da sein.

Immerhin hat Ancelotti gegen PSG die Jungen ran gelassen - das könnte man jetzt im Umkehrschluss auch sagen.

An der Tendenz ändert das aber auch nichts. Die Bayern scheinen nicht einen letzten großen Angriff auf die Krone Europas starten zu können, bevor sich die Mannschaft endgültig in den unvermeidlichen Umbruch verabschiedet.

Momentan sieht es eher danach aus, dass selbst die Stellung unter den Top drei Europas verloren geht. Und dass sie dabei sind abzudriften in den erweiterten Kreis.

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