• Deutschland setzt im zweiten EM-Spiel ein Ausrufezeichen und schlägt Titelverteidiger Portugal mit 4:2.
  • Robin Gosens spielte mit zwei Vorlagen und einem Tor auf - an ihm könne sich jeder Nationalspieler ein Beispiel nehmen, meint unser Kolumnist Olaf Thon.
  • Bundestrainer Joachim Löw will er nicht mehr kritisieren.
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht des Autors dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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Deutschland gegen Portugal war ein richtig packendes Spiel, ein super Fight und eine tolle Vorstellung des DFB-Teams. Wenn man 0:1 zurückliegt, obwohl man so stark angefangen hat, fängt man vor dem Fernseher natürlich an, ein bisschen zu zittern, aber letztlich war der Sieg nie gefährdet. Unterm Strich geht das 4:2 in Ordnung.

Das 0:1 darf aber nicht passieren. Ich frage mich, warum man sich nach einer eigenen Ecke am gegnerischen Sechzehner nicht gut aufstellt: Gündoğan macht in der Mitte einen Stellungsfehler, sodass über die portugiesische rechte Seite der Angriff rollt und Ronaldo - natürlich Ronaldo - sein Tor macht. Solche Fehler werden auf diesem Niveau bestraft.

Ansonsten haben wir in der Abwehr gut gestanden, das war ausschlaggebend für den Sieg. Gosens war der Matchwinner schlechthin. Was er auf der linken Seite gezeigt hat, war absolute Weltklasse! Da kann sich jeder Nationalspieler ein Beispiel nehmen, was Einsatz bedeutet - mit Rüdiger in der Innenverteidigung und mit Kimmich auf der rechten Seite.

Olaf Thon: "Löw setzt seinen Dickkopf durch"

Ich habe mir am Morgen bereits Gedanken gemacht und mir gedacht: Löw wird seinen Dickkopf durchsetzen und Kimmich muss auf rechts bleiben. Das meine ich aber gar nicht negativ: Der Bundestrainer hat eine Philosophie, bei der er davon überzeugt ist, dass Kimmich weichen muss, damit er Gündoğan und Kroos im Mittelfeld agieren lassen kann.

Dass der Bundestrainer an seiner Aufstellung festhält, muss man akzeptieren. Wir haben gegen Portugal gesehen, dass es auch in dieser Konstellation gutgeht. Das Spiel wäre mit Sicherheit nicht besser ausgefallen, wenn Kimmich in der Zentrale gespielt hätte. Wir müssen Vertrauen haben - und die Mannschaft mit einer gleichen immer wiederkehrenden Aufstellung gibt Sicherheit, Automatismen werden besser eingespielt und man wächst zusammen. Das ist die Philosophie, die ich hier erkenne - und aus meiner Erfahrung hat das oft auch gezogen, ob in der Vereinsmannschaft oder der Nationalmannschaft. Das lässt ein Team funktionieren, schweißt es noch enger zusammen.

Der Bundestrainer hat auch Ginter nicht ausgewechselt - und weiter an der Dreier-Fünfer-Kette festgehalten sowie im Sturm an seinen Spielern aus der Auftakt-Partie gegen Frankreich. Vor allem Gnabry hat zurückgezahlt, er hat mir von den Jungs vorne am besten gefallen. Havertz hat auch überzeugt. Es wurde mal Zeit, dass mein Rekord als jüngster EM-Torschütze Deutschlands gebrochen wird. Havertz hat bereits bei Chelsea bewiesen, dass er ein Matchwinner sein kann. Das war eine große Leistung.

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Wenn das Stadion zum Familientreff wird: DFB-Spieler vermissen ihre Liebsten

Bei der Corona-EM 2021 ist alles anders: Weil die Spieler wegen strenger Corona-Regen ihre Familien während des Turniers nicht sehen dürfen, wird das Stadion nun zum Familientreffpunkt. Joshua Kimmich etwa begrüßte nach dem 4:2 gegen Portugal seine Liebsten an der Tribüne. Der Kontaktverzicht fällt nicht nur dem 26-Jährigen schwer. (Foto: imago images/ActionPictures)

Als Gruppenzweiter geht es ins Achtelfinale

Deutschland kann gegen Ungarn mit breiter Brust auflaufen. Die Ungarn haben den Heimvorteil nicht mehr, das hat sie beflügelt, gerade gegen Frankreich. Wir werden das Spiel beherrschen und deutlich gewinnen. Ich rechne mindestens mit einem 2:0, 3:1, 4:1. Dann werden wir als Gruppenzweiter ins Achtelfinale einziehen. Denn die Franzosen lassen sich den Sieg gegen Portugal nicht nehmen.

Ich traue Deutschland zu, ins Halbfinale zu kommen. Sie haben mich gegen Portugal mehr als überzeugt. Wir können stolz auf diese Mannschaft sein - und ein Lob an Jogi Löw, dass er an dieser Truppe festgehalten hat, obwohl wir unsere Zweifel hatten. Ab heute werde ich versuchen, den Bundestrainer nicht mehr zu kritisieren: Wir müssen Vertrauen haben, in sein System und in unsere Spieler - auch wenn das erste Spiel nicht gut gelaufen ist. Die Anspannung nach der Auftakt-Pleite war für den Bundestrainer und sein Team groß, doch sie haben es bravourös gelöst.

Protokoll mit Olaf Thon von Malte Schindel

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