Es gab viel Tamtam vor und nach dem Spiel, während der 90 Minuten aber zeigten sich Borussia Dortmund und der FC Liverpool auf überschaubarem Niveau - und auf Augenhöhe. Jürgen Klopps Mannschaft erwies sich als taktisch feiner justiert, dem BVB bleiben trotz des 1:1 aber noch alle Chancen.

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Am Ende gab es tatsächlich auch noch ein Fußballspiel. Zwei Mannschaften, 90 Minuten Zeit, das Übliche. Nach dem groß inszenierten Bohei um die Rückkehr des verlorenen Sohnes stand ja schon zu befürchten, dass der eigentliche Anlass der Zusammenkunft komplett unter den Tisch fallen könnte.

Das 1:1 (0:1) von Borussia Dortmund gegen den FC Liverpool war die Ouverture, in einer Woche im Rückspiel in Liverpool wird dann einer ausscheiden müssen. Sehr lange mutete alles an wie das Treffen alter Freunde, die sich lange nicht mehr gesehen hatten.

Als das Spiel dann endlich lief, war von der im Vorfeld festgelegten Rollenverteilung nicht mehr viel zu sehen. Borussia Dortmund galt nach 16 Pflichtspielen in Folge ohne Niederlage als Favorit, hatte aber enorme Probleme mit einem Gegner, der sich offenbar die Auftritte der Bundesligisten FC Ingolstadt und 1899 Hoffenheim gegen den BVB ganz genau angeschaut hatte.

Jürgen Klopps Angriffspressing bereitet Probleme

Liverpool attackierte früh und nachhaltig, mit drei Spielern wurde Dortmunds Aufbauspiel wirksam gestört. Borussias Innenverteidiger Sven Bender und Mats Hummels sahen sich immer wieder energischen Läufen von Liverpools Angreifern ausgesetzt, die die üblichen Abläufe in Dortmunds Spiel früh unterbanden.

Liverpool drängte den Gegner tief zurück und machte damit das, was sich in der Bundesliga nur die wenigsten Mannschaften trauen. Aber eben in jenen Partien gegen mutigere Gegner wie Ingolstadt oder Hoffenheim, hatte der BVB seine größten Probleme in einer ansonsten einwandfreien Rückrunde.

Klopp nutzte seinen originären Stil, stimmte das Pressing aber noch mehr auf den Gegner ab. Und dazu, das hätte man ahnen können, konnte er seiner Mannschaft in einem wichtigen Spiel mal wieder eine starke Leistung herauskitzeln. Es ist sicherlich kein Zufall, dass Liverpool unter Klopp in den Spielen gegen große Gegner auch Großes zu leisten im Stande ist.

FC Liverpool gut gegen große Gegner

Die Reds sind immer dann am besten, wenn es darauf ankommt. Das war gegen Manchester United und Manchester City so, oder gegen den FC Chelsea. Oder in den Pokalwettbewerben, in denen es Liverpool bereits einmal ins Finale schaffte und in der Europa League weiterhin ungeschlagen ist. Das Ziel, mit einem Triumph im Europapokal in der kommenden Saison in die Königsklasse zu rutschen, verleiht offenbar zusätzliche Energie.

Jedenfalls waren die sonst üblichen Wackelkandidaten Simon Mignolet und Mamadou Sakho plötzlich mit die Besten und Klopp bewies mit der Aufstellung von Divock Origi als zentralem Angreifer, dass er auch ein gutes Händchen für Personalentscheidungen hat.

So schaffte es seine Mannschaft, dem Gegner 90 Minuten lang auf die Nerven zu gehen. Von Dortmunds gefürchtetem Angriffstrio Mkhitaryan-Reus-Aubameyang war allenfalls Mkhitaryan ab und an zu sehen, Aubameyang und vor allen Dingen Reus blieben deutlich hinter den Erwartungen zurück. Nicht das erste Mal beim deutschen Nationalspieler, der in wichtigen Spielen gefühlt eine halbe Ewigkeit schon nicht mehr zeigt, was eigentlich in ihm steckt.

Und dann machte sich natürlich auch das Fehlen von Ilkay Gündogan schmerzhaft bemerkbar: Dortmund durfte in den ungefährlichen Zonen spielen und passen, aber weder Julian Weigl noch später der eingewechselte Nuri Sahin schafften es, kontrolliert in die gefährlichen Räume vor dem gegnerischen Tor zu kombinieren und durch eine höhere Position Gefahr auszustrahlen.

Borussia Dortmund spielt gehemmt

"Wir können insgesamt viel besser spielen. Wir hatten heute nicht das Vertrauen, die Form, die Präzision, das Durchsetzungsvermögen", sagte BVB-Trainer Thomas Tuchel und führte noch zwei weitere Gründe an: "Vielleicht haben wir den Spielern diesmal auch zu viele Infos reingegeben, das kann auch mal sein. Ich hätte mir gewünscht, wir spielen ein bisschen mehr mit einem Lächeln auf den Lippen."

Es war ein weiterer großer Verdient der Gäste, den BVB nicht Lächeln zu lassen. Liverpool spielte Dortmund-Fußball der kloppschen Prägung, womit der BVB so viele Probleme hatte und so unsicher wirkte, wie schon seit Wochen nicht mehr.

"Rund ums 1:0 haben wir brettstark gespielt, da haben wir gezeigt, was wir draufhaben", sagte Klopp denn auch. Allerdings ging dem Führungstreffer der Gäste auch ein individueller Schnitzer von Mats Hummels voraus, der im Übereifer seine Position als linker Innenverteidiger verlassen hatte, den Raum hinter sich preisgab und Origi von dort aus zum 0:1 einnetzte.

Hummels' Ausgleichstreffer kurz nach der Pause rückte die Verhältnisse schon relativ wieder zurecht, trotz ein paar Chancen auf beiden Seiten hatte man das Gefühl, dass sich beide Mannschaften darauf verständigt hatten, das Viertelfinalduell nicht schon in Dortmund zu entscheiden - sondern wie es sich für ein Duell auf Augenhöhe gehört erst im Rückspiel.

Jürgen Klopp: "Anfield wird brennen!"

"Es hätte schlimmer laufen können, im Großen und Ganzen war es gut", befand Klopp. Etwas mehr als nur gut hatte er seine Rückkehr ins Westfalenstadion empfunden. "Natürlich waren das sehr spezielle Momente für mich, ich habe mich ja nicht entliebt. Dieses Stadion ist ein großartiger Ort, um Fußball zu spielen."

Das ist ganz sicher auch die Anfield Road im Nordosten Liverpools. In einer Woche fällt dort die Entscheidung. Trotz dem wenig berauschenden Ergebnis ist für Borussia Dortmund noch lange nichts verloren. "Die Chancen stehen immer noch 50:50", sagt Liverpools Emre Can. Und Thomas Tuchel weiß, dass "meine Mannschaft in Liverpool in der Lage ist, zwei oder mehr Tore zu schießen."

Am kommenden Donnerstag lädt Jürgen Klopp seine alte Truppe in sein neues Zuhause ein. Dann mit weniger Herzschmerz als rund um das Hinspiel, aber nicht minder emotional. Auch wenn das große Ereignis im Hinspiel noch ausblieb, dürfen sich die Fans im zweiten Vergleich auf eine sehr spezielle Partie freuen.

Denn auch das Stadion in Liverpool sei ziemlich lässig, sagte Klopp. Und außerdem: "In einer Woche wird Anfield brennen!"

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