• Die Trainerteams im Profifußball werden immer größer und vielschichtiger.
  • Ein Co-Trainer ist mehr als ein "Hütchenaufsteller".
  • Loyalität ist die wohl wichtigste Eigenschaft.

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Die Liste der Trainer von Thomas Müller ist eine illustre. Jürgen Klinsmann steht drauf. Jupp Heynckes auch. Dazu Louis van Gaal, Pep Guardiola, Carlo Ancelotti. Und natürlich Hansi Flick. Keine Frage: Müller hat einige namhafte und erfolgreiche Trainer beim FC Bayern erlebt, echte Koryphäen, Legenden. Und sein Lieblingstrainer? Ist Hermann Gerland. Der "ewige" Co-Trainer der Münchner also, der nach rund 30 Jahren den Verein verlässt.

"Am meisten Spaß und Gaudi hatte ich auf die Jahre gesehen mit Hermann Gerland, weil der zu Beginn meiner Spielerkarriere noch ein sehr verbissener Amateurcoach war", sagte Müller einmal bei einer Veranstaltung des FCB: "In den letzten Jahren haben wir uns viele Sprüche gedrückt und viel Spaß gehabt auf dem Platz." Als Gerland nach dem Saisonfinale vom Rekordmeister in den sozialen Medien verabschiedet wurde, gab es von Müller warme Worte. "Tiger, auch wenn du das hier auf @Twitter sicher nicht lesen wirst: Du bist eine Legende und ich danke dir von ganzem Herzen für die vielen gemeinsamen Jahre beim @FCBayern", schrieb Müller.

Es ist eine Episode, die verdeutlicht, wie wichtig, wie essenziell Co-Trainer, also die Männer im Hintergrund, im Profifußball inzwischen sind. Dabei ist es schon längst nicht mehr so, dass es einen Chef und einen "Co" gibt – ein Trainerteam ist im Idealfall eine aus mehreren Trainern homogen zusammengestellte Gruppe, die sich in ihren Fähigkeiten, sowohl menschlich als auch fachlich, ergänzt.

Ein Auge für Talente

Gerland zum Beispiel hatte ein Auge für Talente wie Müller, die er zu den Profis hochbrachte. Er brillierte durch eine selten gewordene Art, die eine Portion Knorrigkeit mit ganz viel Menschlichkeit kombiniert. Der "Tiger" hat ein großes Herz und war für die Profis in vielen Fällen eine Art Vaterfigur. Ein wichtiger Faktor für die Kabine.

Ein anderer "Tiger" warnt den FC Bayern deshalb: Mit Gerland falle ein ganz wichtiger Faktor für eine gute Zusammenarbeit zwischen Trainer und Mannschaft weg, schrieb Ex-Bayern-Star Stefan Effenberg in seiner "t-online"-Kolumne. Als Spieler hat er Gerland erlebt "und weiß, welche Rolle er im Verein gespielt hat mit seinen menschlichen Qualitäten und der hohen Fachkompetenz. Dieser Abgang wird Bayern noch wehtun".

Neben Gerland gehörten noch Miroslav Klose und Danny Röhl als Assistenten von Chef Hansi Flick zum Trainerteam, dazu auch Torwarttrainer Toni Tapalovic und Professor Holger Broich als Leiter Fitness. Röhl, gerade einmal 32 Jahre alt, begann bei den Bayern 2019 als Videoanalyst, galt unter Flick zuletzt als stiller Macher im Hintergrund. Klose hört, wie Gerland, nach dem Wechsel von Flick zur deutschen Nationalmannschaft bei den Bayern auf, angeblich soll der DFB auch an Röhl und Broich baggern. Was auch zeigt: Heute ist ein Trainerteam ein großes Ganzes, das deshalb gerne als Komplettpaket gebucht wird.

Der Trainerstab muss funktionieren

Dabei agieren Co-Trainer vor allem in der zweiten Reihe, im Schatten des Chefs. Trotzdem sind sie oft mehr als nur ein Rädchen in den Trainerteams, deren Zusammensetzung einer ausgeklügelten Idee, einem Plan folgt. "Ich würde den Job (des Co-Trainers) ausdehnen auf das Trainerteam", sagte Michael Henke, der als Co von Ottmar Hitzfeld bei Borussia Dortmund und dem FC Bayern sehr erfolgreich war, Sport1. "Heute gibt es im Klub einen relativ großen Staff, wobei immer unterschätzt wird, dass dieser auch funktionieren muss. Er muss harmonisch sein", so Henke, heute Sportdirektor bei Zweitliga-Aufsteiger FC Ingolstadt, der dem Co-Trainer eine Schlüsselrolle für das Funktionieren innerhalb des Betreuer-Teams zuschreibt.

In Ingolstadt hatte Chefcoach Tomas Oral bis zur Trennung in dieser Woche zwei Co-Trainer, von denen einer auch Analyst ist. Daneben gibt es noch einen Fitnesstrainer und den Torwarttrainer. "Ich persönlich bin ein Fan von einem schmalen Trainerstab, weil es da einfacher ist, diese Harmonie herzustellen", sagte Henke. Die gilt es nun mit einem Nachfolger von Oral wieder neu herzustellen.

Bei Borussia Mönchengladbach ging es in den vergangenen beiden Jahren unter Trainer Marco Rose dynamisch zu, wie René Maric, mit 28 Jahren der jüngste Co der Liga, im Magazin "11 Freunde" verriet. Alle Entscheidungen wurden zusammen mit Rose diskutiert. "Jeder von uns hat aber Bereiche, die ihn beson­ders inter­es­sieren: Alex­ander Zickler das Angriffs­spiel und die Stan­dard­si­tua­tionen, Frank Gei­deck ist ins­ge­samt sehr ana­ly­tisch. Marco hat ein beson­deres Auge aufs Spiel gegen den Ball, wäh­rend es bei mir das Spiel mit Ball ist. Dazu hat Eugen Polanski als Talen­te­trainer sein Augen­merk auf die jungen Spieler", so Maric. Letzt­lich wurde das alles zusam­men­ge­führt. Alles auf Augenhöhe also.

Rose nimmt zwei Co-Trainer mit

Zusammengeführt werden Taktik, Analyse und tägliche Arbeit von Rose ab dem 1. Juli bei Borussia Dortmund, und es ist durchaus die Regel, dass ein Teil des Teams dem Cheftrainer folgt. Zickler und Maric gehen mit ihrem Boss zum BVB, wo der bisherige Interimstrainer Edin Terzic wieder in die zweite Reihe zurücktreten und wie zuvor als Co-Trainer arbeiten wird. Er hat dafür sogar ein Angebot als Cheftrainer von Eintracht Frankfurt ausgeschlagen. "Mit dem Knowhow als Cheftrainer hat Terzic vielleicht das Gefühl, dass er seinen Werkzeugkasten noch weiter auffüllen muss, um richtig fit zu sein für einen Cheftrainer-Job", spekuliert Henke.

Klar ist aber auch: Die Rolle des Assistenten ist wichtig und vielschichtig, viele Assistenten gehen darin auf, haben eine echte Berufung ohne Ambitionen auf den Chefposten gefunden. Denn ein Co ist weitaus mehr als der "Hütchenaufsteller". Er ist, je nach Typ, Macher im Hintergrund, das Hirn hinter den Trainingsformen, der Mann der Inhalte also, Vermittler zwischen Cheftrainer und Mannschaft, dabei aber natürlich auch die wichtigste Bezugsperson für den Cheftrainer. Der wiederum hält vor allem in der Öffentlichkeit den Kopf hin, ist der Mann für die Ansprache, für die Führung der Mannschaft verantwortlich. Er hat den Hut auf, trifft am Ende die Entscheidungen und steht dafür gerade.

Loyalität eine wichtige Eigenschaft

Loyalität ist dann auch eine wichtige Eigenschaft, die ein Co-Trainer haben muss. "Das muss auch beim BVB wieder gewährleistet sein, wenn da mit Marco Rose ein neuer Chef kommt", weiß Henke: "Früher galt für mich immer, dass ein Assistenzcoach das Gleiche können muss wie ein Cheftrainer, der das Ganze nach außen hin kommuniziert. Und das ist mit viel Aufwand und Stress verbunden. Sein Assi kann mehr im Verborgenen arbeiten, was auch seine Vorteile hat, um gewisse Entwicklungen und Ziele zu erreichen." Dazu gehört auch das Team-Buildung im gesamten Betreuerstab inklusive der medizinischen Abteilung. "Das muss der Co-Trainer im Sinne des Chef-Trainers sehr gut managen", so Henke.

In diesem Sinne kommt es beim BVB zu einer interessanten Konstellation mit Rose, der nach dem sportlichen Absturz in Gladbach zuletzt viel einstecken musste, und Terzic, der mit dem BVB den DFB-Pokal gewann und die Champions-League-Quali eintütete. "Es wird ganz wichtig sein, dass man sich vor Beginn der Zusammenarbeit genau abspricht und die Aufgabenbereiche festlegt. Dann sollten sich auch alle daran halten", so Henke: "Aber ganz klar, das ist eine spannende Situation, die nicht ganz unproblematisch ist." Die aber wiederum auch zeigen wird, wie wichtig Co-Trainer sind.

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