Kroatiens Torhüter Danijel Subasic hat einen großen Anteil daran, dass seine Mannschaft im Halbfinale der WM steht. Doch der 33-Jährige hat mit seiner Vergangenheit zu kämpfen: Seit zehn Jahren verfolgt ihn der Tod seines Jugendfreundes.
Danijel Subasic gilt als einer der Hoffnungsträger für den Finaleinzug der Kroaten im Halbfinale gegen England (20:00 Uhr, LIVE bei uns im Ticker und im ZDF). Der Torhüter konnte im laufenden Turnier bereits vier Elfmeter abwehren und stellte damit den WM-Rekord von Toni Schumacher ein.
Im Viertelfinale gegen Gastgeber Russland biss Subasic trotz einer Oberschenkelverletzung auf die Zähne, hielt sogar noch den versuchten Lupfer von Fjodor Smolow und damit Kroatien im Turnier.
Doch bei allem Erfolg und aller Freude über die bislang so erfolgreiche WM für Kroatien, den Torhüter vom AS Monaco umweht stets ein Hauch von Traurigkeit. Und das bereits seit zehn Jahren.
Die Katastrophe passierte vor zehn Jahren
Im Jahr 2008, Subasic spielte damals noch für den kroatischen Klub NK Zadar, passiert die Katastrophe, die den Torhüter bis heute verfolgt. Zadar spielt gegen HNK Cibalia. Ein Spiel wie jedes andere. Subasics Jugendfreund Hrvoje Custic kämpft mit einem Gegenspieler um den Ball, er stürzt und prallt gegen eine Betonmauer, die aus einem bis heute unerfindlichen Grund direkt neben dem Spielfeld steht.
Der Abschlag, der zu dem Zweikampf und folgenschweren Sturz führt, kommt von Subasic.
Custic wird schwer verletzt in die Klinik gebracht und in ein künstliches Koma versetzt. Zunächst gilt sein Zustand als stabil, dann löst eine Infektion einen Fieberschub aus. Vier Tage nach seinem Unfall wird Custic für hirntot erklärt. Er wird 24 Jahre alt.
Subasic fühlt sich bis heute verantwortlich für den Tod seines Freundes. "Ich denke für mich, was gewesen wäre, hätte ich den unglücklichen Ball nicht auf ihn geschossen, sondern auf die andere Seite ins Aus", zitiert ihn "Goal.com". "Vielleicht wäre er nicht verunglückt. Warum hat es das Schicksal gerade so gewollt? Schicksal, nichts weiter als ein Schicksal."
Dass diese tragische Geschichte nicht vergessen wird, dass sein Freund nicht vergessen wird, das hat Subasic seither zu seiner Aufgabe erklärt. Bei jedem Spiel trägt er unter seinem Trikot ein T-Shirt mit dem Konterfei seines Freundes.
So auch im Achtelfinale gegen Dänemark, als er im Elfmeterschießen dreimal hält und damit zum kroatischen Helden wird. Nach dem Spiel zieht er sein Trikot hoch und zeigt der ganzen Welt seinen Freund Custic. Über dem Bild des jungen Mannes prangt der Schriftzug "Forever".
Subasic weint in Pressekonferenz
In der Pressekonferenz nach dem Spiel, als das kroatische Team einfach nur feiern wollte, fragt dann ein Journalist nach dem T-Shirt. Ob er nicht noch einmal erklären könne, was es damit auf sich habe.
Und Subasic versucht es. Er versucht sich zu konzentrieren. Versucht in Worte zu fassen, was ihn seit zehn Jahren verfolgt. Und scheitert. Er kann die Tränen nicht zurückhalten. Später entschuldigt er sich bei den Journalisten für "diese verdammten Tränen und die verfluchten Emotionen".
Dabei gibt es eigentlich gar nichts zu entschuldigen. Lediglich die FIFA nimmt mal wieder alles zu genau und verwarnt den kroatischen Verband aufgrund des T-Shirts. "Persönliche Botschaften" sieht der Weltverband eben nicht gerne.
Sollte Kroatien jedoch tatsächlich gegen England ins Finale der WM einziehen, ist davon auszugehen, dass Subasic aller Warnungen zum Trotz wieder an Custic erinnern wird.
Serben instrumentalisieren Subasic
Der Ärger, der darauf folgen könnte, wäre ohnehin nur ein kleines Sahnehäubchen auf dem großen Haufen Mist, mit dem sich Subasic in den letzten Tagen herumschlagen muss. Denn ausgerechnet jetzt - so kurz vor dem bislang größten Spiel in der Karriere des 33-Jährigen - haben serbische Medien begonnen, ein perfides Spiel mit ihm zu spielen. Denn sie reklamieren Subasic, dessen Vater Serbe ist, für sich. Er verleugne seine Wurzeln, heißt es aus Serbien. Dass sie die Kroaten damit auf die Palme bringen, wissen die Serben. Nach dem Zerfall des ehemaligen Jugoslawiens ist der Frieden zwischen den beiden Ländern brüchig. Die Animositäten zwischen vielen Serben und Kroaten sind noch immer täglich zu spüren.
Der Torhüter ist zum Politikum geworden, dabei liegt ihm selbst jegliche nationalistische Streitigkeit fern. "Kroatien ist meine Heimat", hat er schon mehr als einmal betont. Und die Kroaten glauben es ihm. Sie lieben ihren Torhüter, der sie bis in das Halbfinale der Weltmeisterschaft gebracht hat - bei seinen bisherigen Heldentaten kein Wunder. Nun wartet England, und Subasic wird sich von etwaigen Störfeuern nicht davon abhalten lassen, alles für den Finaleinzug der Kroaten zu geben. Er tut es auch für seinen besten Freund: Hrvoje Custic.
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