Gareth Southgate hat England in einen Rausch versetzt. Schon jetzt fordern einige den Ritterschlag für den Nationaltrainer der "Three Lions". Verdient hat er den "Sir" in jedem Fall - schon allein deshalb, weil er wohl der netteste Mensch bei der ganzen WM ist.

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Es gibt Menschen, die muss man nicht persönlich kennen, um zu wissen, dass sie einfach nett sind. Von Grund auf gut. Herzlich. Auf dem Boden geblieben. Aufgeschlossen. Jemand, mit dem man gerne ein Bier trinken gehen möchte und dann die ganze Nacht über Gott und die Welt redet.

Gareth Southgate ist so ein Mensch. Und das behaupten wir nicht einfach so, denn es gibt durchaus Be- und Hinweise darauf, dass der Trainer der englischen Nationalmannschaft wohl der netteste Mensch bei der WM 2018 in Russland ist. Oder zumindest der sympathischste.

Darum trägt Southgate eine Anzugweste

Kommen wir zunächst mal zu den Äußerlichkeiten. Southgate trägt bei jedem Spiel eine perfekt sitzende Anzugweste zu Hemd und Krawatte. Und ist damit plötzlich zur absoluten Stilikone geworden. Die Weste ist inzwischen ein wahrer Verkaufsschlager in England. Schon vor dem Achtelfinale war der Umsatz des etwas altbackenen Kleidungsstücks um 35 Prozent gestiegen. Sollte England tatsächlich Weltmeister werden, ist das Ding wohl ausverkauft.

Das sich einer gut anziehen kann, macht ihn aber natürlich noch nicht speziell sympathisch. Viel netter ist doch der Grund für die Aufmachung. Denn Southgate soll mit der Weste an seinen verstorbenen Großvater Arthur Toll erinnern, der Mitglied der königlichen Marine und offenbar immer blendend angezogen war. Dem Großvater mit ordentlicher Kleidung Tribut zollen: sehr nett.

Southgate - einst Staatsfeind Nummer eins

Aber es geht noch netter. Wie den meisten Fußballfans bewusst sein dürfte, wird Gareth Southgate bei weitem nicht immer so hochgejubelt, wie das heute der Fall ist. Bei der EM 1996 kommt es im Halbfinale gegen Deutschland zum Elfmeterschießen. Alle treffen. Engländer wie Deutsche. Niemand gibt sich eine Blöße. Dann kommt Gareth Southgate.

"Ich war überrascht, als unser Coach mich nahm. Ich hatte Elfmeterschießen nie geübt, nur einmal zuvor in meinem Leben einen geschossen - und auch da schon nicht getroffen. Ich kann das nicht gut", erzählt Southgate in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" ein Jahr nach dem Ausscheiden. Sein Schuss ist weder kraftvoll noch gezielt. Andreas Köpke hält ihn locker und England scheidet aus der EM aus.

Grandiose Pizza-Werbung

Im Nachgang dieses einschneidenden Erlebnisses zeigt sich, wie Southgate tatsächlich gestrickt ist. Zu diesem Zeitpunkt ist er sowas wie der Staatsfeind Nummer eins in England. Da gehört eine ordentlich Portion Mut und vor allem Selbstironie dazu, folgenden Werbespot zu drehen:

Gareth Southgate lacht mit Pizza-Hut-Werbung über sich selbst

Der englische Nationaltrainer Gareth Southgate bewies schon als Spieler großartigen Humor, als er nach seinem verschossenen Elfmeter gegen Deutschland bei der EM 1996 dieses lustigen Werbespot drehte. © YouTube

Falls Sie sie nicht gleich erkannt haben, die anderen beiden (ohne Tüte über dem Kopf) sind Stuart Pearce und Chris Waddle, die beide sechs Jahre zuvor an Deutschland im Elfmeterschießen gescheitert waren.

Southgate schreibt Briefe an Fans

Und weil Gareth Southgate nicht nur lustig, sondern eben auch nett sein kann, machte sich der Mann sogar die Mühe viele der Fan-Briefe, die ihn in den Wochen nach dem verschossenen Elfmeter erreichten, nicht nur zu lesen, sondern teilweise sogar per Hand zu beantworten. Einige Twitter-Nutzer haben diese Briefe herausgekramt und sie mit der Menschheit geteilt. Und sie sind wirklich herzig.

In einem der Briefe entschuldigt sich Southgate dafür, erst so spät zu antworten: "Wie du dir wohl vorstellen kannst, war die letzte Zeit ziemlich hektisch."

Einer damals 12-Jährigen dankt er für ihren Brief und ihre netten Worte.

Und einem Lehrer schreibt er kurz vor dem wichtigsten Spiel des Jahres, um ihm viel Glück bei seinem neuen Job zu wünschen.

Sie sind immer noch nicht überzeugt, dass Gareth Southgate wahnsinnig nett ist? Dann haben Sie wahrscheinlich auch nicht gesehen, wie unfassbar herzlich Englands Trainer nach dem Achtelfinale Kolumbiens Mateus Uribe tröstete, nachdem der den entscheidenden Elfmeter verschossen und England so ins Viertelfinale befördert hatte.

Und dann wäre da noch die Tatsache, dass er nach jedem Sieg ausdrücklich Mannschaft und Team lobt. Dass er es überhaupt geschafft hat, in seiner unnachahmlich ruhigen und kompetenten Art wieder eine Mannschaft für England zu formen, die den Namen auch verdient hat.

Dass er bei aller Euphorie in seinem Heimatland noch absolut bescheiden bleibt: "Die Zufriedenheit und der Stolz nach dem Spiel müssen genug für uns sein", erklärte er nach dem Halbfinaleinzug seiner Mannschaft gegen Schweden.

Und dann wäre da noch ein fabulöser Hashtag bei Twitter, bei dem Menschen mehr oder weniger kreativ zusammenfassen, warum sie Gareth Southgate für den nettesten Menschen der Welt halten:

Gareth Southgate würde den Fußball erstmal höflich fragen, ob er nach Hause kommen möchte und dann die Eltern kontaktieren und fragen, ob es okay wäre.

Gareth Southgate würde Liam Neesons Tochter in "Taken" retten, ohne jemanden zu verletzen oder zu beleidigen.

Gareth Southgate würde alles für die Liebe tun. Sogar das.

Und dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.


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