Die Diskussionen um Mesut Özil nehmen einfach kein Ende. Nachdem Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff mit einer mehr als unbedachten Aussage erneut Öl ins Feuer gegossen hat, meldet sich nun Özils Vater Mustafa in der "Bild" zu Wort - und rät seinem Sohn zu einem drastischen Schritt.

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Mesut Özil gilt weiterhin vielen als der Sündenbock für das blamable Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft bei der WM 2018 in Russland. Auslöser für die schweren Anfeindungen, denen sich der deutsche Nationalspieler ausgesetzt sieht, war das Treffen Özils mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan, das für große Empörung gesorgt hatte.

Laut Özils Vater Mustafa wollte der 29-Jährige mit dem Treffen jedoch keineswegs ein politisches Statement setzen. "Ich würde sagen: Es war Höflichkeit", erklärt Mustafa Özil. "Sie müssen wissen: Mesut ist ein schüchterner Mensch, fast scheu. Wie hätte er dieses Foto ablehnen können, wenn ein Mann wie Erdogan ihn darum bittet? Das hätte Mesut als extrem unhöflich empfunden." Özil sei Sportler, er wolle Fußball spielen und habe mit Politik nichts am Hut. "Darum hat er sich bei dem Foto auch nichts gedacht."

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Vater kritisiert Krisenmanagement des DFB

Immer wieder wird Özil auch angekreidet, dass er sich bis heute nicht zu Erdogate geäußert hat. "Er ist geknickt, enttäuscht und gekränkt. Und ja: auch beleidigt", glaubt sein Vater. "Er hat viel geleistet für dieses Land. Es hieß immer: Wenn wir gewinnen, gewinnen wir zusammen. Aber wenn wir verlieren, verlieren wir wegen Özil?"

Vor allem das Krisenmanagement des DFB stößt Mustafa Özil, der bis vor wenigen Jahren auch Berater seines Sohnes war, sauer auf. Man hätte gemeinsam eine Lösung finden müssen. "So hat Oliver Bierhoff hier etwas gesagt und Joachim Löw dort etwas und der Präsident hat auch noch was gesagt."

Besonders sauer wird Özil jedoch, als er auf die kürzlich von Bierhoff getätigten Aussagen, man hätte überlegen müssen auf Özil bei der WM zu verzichten, angesprochen wird. "Diese Aussage ist eine Frechheit", echauffiert sich der 50-Jährige. "Sie dient meiner Meinung nach nur dazu, die eigene Haut zu retten."

Dass sein Sohn nun schon seit Wochen so heftig angegangen wird, geht dem Vater natürlich nahe. Er glaubt, dass dabei nicht nur eine fußballerische sondern vor allem auch eine politische Komponente eine große Rolle spielt: "Es gibt leider in der Bevölkerung immer noch Menschen, die Vorbehalte und Vorurteile gegenüber uns Türkischsstämmigen haben."

Özil als Vorbild in Sachen Integration

Dabei galt Mesut Özil lange Zeit als ein Musterbeispiel für Integration. Darauf sei er als Vater natürlich stolz gewesen, erzählt Mustafa, "denn das war mir ja wichtig, so habe ich ihn erzogen. Dass ihm nun all das - die Liebe zu Deutschland, sein Einsatz für dieses Land - abgesprochen wird, ist doch absurd. Er wird als Sündenbock hingestellt - das ist so ungerecht."

Özil habe sich zudem 2009 ganz bewusst dafür entschieden, für Deutschland zu spielen und nicht für die Türkei. Eine Entscheidung, die ihm offenbar recht leicht gefallen ist: "Wie hätte er sich für ein Land entscheiden können, das er nur aus dem Urlaub kennt? Dessen Mentalität ihm fast fremd ist? Er fühlt sich als Deutscher. Ich würde sagen: Er ist 80 Prozent deutsch, 20 Prozent türkisch", erklärt sein Vater.

Noch hat sich Özil selbst nicht zu seiner weiteren Zukunft im Nationalteam geäußert. Der "kicker" meldete kürzlich, dass er gerne zusammen mit Ilkay Gündogan und Jogi Löw den Neuanfang mitgestalten möchte. Sein Vater rät ihm jedoch etwas anderes: "Wenn ich an seiner Stelle wäre, würde ich sagen: Schönen Dank, aber das war es! Dafür ist die Kränkung dann doch zu groß. An Mesuts Stelle würde ich zurücktreten. Aber das ist nur meine ganz persönliche Meinung." (ska)



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