• Ein Bündnis aus Menschenrechts- und Nichtregierungsorganisationen hat eine Woche vor Beginn der Olympischen Winterspiele in Peking Regierungen zu einem diplomatischen Boykott der Spiele aufgefordert.
  • Das Bündnis prangert unter anderem Verstöße gegen Menschenrechte und die mangelnde Sicherheit für Sportlerinnen und Sportler vor Ort an.
  • Die deutsche Bundesregierung um Kanzler Olaf Scholz spielt jedoch weiter auf Zeit.

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Am 4. Februar beginnen die Olympischen Spiele in Peking. Schon seit Wochen werden Kritik und Befürchtungen immer lauter und lauter geäußert. Im Dezember kündigten unter anderem die USA unter dem Eindruck des Skandals um die verschwundene Tennisspielerin Peng Shuai einen diplomatischen Boykott der Spiele in China an. Viele Regierungen haben jedoch noch immer nicht entschieden, ob und wie sie Peking 2022 diplomatisch begleiten.

Ein Bündnis aus 243 Menschenrechts- und anderen Nichtregierungsorganisationen hat sich nun mit der deutlichen Forderung nach einem diplomatischen Boykott an noch unentschlossene Regierungen gewandt: "Die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking werden inmitten von Gräueltaten und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen durch die chinesische Regierung eröffnet", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung am Freitag.

Bündnis prangert Menschenrechtsverletzungen an

"Olympische Spiele können keine 'positive Kraft' entfalten, wie das Internationale Olympische Komitee behauptet, wenn die Regierung des Gastgeberlandes schwere Verbrechen begeht und gegen internationales Recht verstößt", sagte Sophie Richardson, China-Direktorin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.

Das Bündnis prangert dabei konkrete Menschenrechtsverletzungen an, die Chinas Regierung seit dem Zuschlag der Olympischen Spiele 2015 begangen hat: unter anderem die "willkürliche Inhaftierung, Folter und Zwangsarbeit von Millionen von Uigur*innen und anderer turkstämmiger Menschen in Xinjiang", die Nutzung von hochtechnologisierten Überwachungssystemen und die Verfolgung von Personen, "die das Recht auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigung im Namen schutzbedürftiger Bevölkerungsgruppen wahrnehmen".

"Auch spektakuläre Olympische Spiele können nicht über Völkermord hinwegtäuschen", wird Omer Kanat, Geschäftsführer des Uyghur Human Rights Project, deutlich.

Auch auf die Gefahren, denen sich die Sportlerinnen und Sportler vor Ort potenziell ausgesetzt sehen, weist das Bündnis hin. So sei die Meinungsfreiheit der Athletinnen und Athleten nicht zuletzt durch die "Bereitschaft der chinesischen Regierung, Menschen aus dem Ausland wegen friedlicher Kritik willkürlich zu inhaftieren", deutlich eingeschränkt. Zudem seien alle Beteiligte wahrscheinlich einer "umfassenen staatlichen Überwachung ausgesetzt". Eine Annahme, die auch der sportpolitische Sprecher des Athleten Deutschland e.V., Maximilian Klein, für realistisch hält: "Die Gefahr von Ausspähung, Überwachung und Datenschutzverletzung ist real und groß. Daher lautet die klare Empfehlung, entweder gar kein elektronisches Gerät mitzunehmen oder komplett neue oder leere Geräte einzupacken", erklärte Klein im Gespräch mit unserer Redaktion.

Was macht die deutsche Bundesregierung?

Trotz aller Kritik und Befürchtungen hat sich die deutsche Bundesregierung bislang nicht auf einen eigenen Weg festgelegt. Zwar hatte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bereits im Dezember erklärt, "definitiv" nicht zu den Olympischen Spielen nach Peking zu fahren. Das sei jedoch ihre persönliche Entscheidung. Auch Verteidigungsministerin Christine Lambrecht wird nicht nach China reisen, teilte sie laut "t-online.de" mit. Und auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser, in deren Aufgabengebiet auch der Sport fällt, wird Peking fern bleiben.

Doch Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich auch eine Woche vor den Olympischen Spielen noch nicht abschließend über den offiziellen Weg der Bundesregierung geäußert. "Es ist unverändert so, dass wir uns als deutsche Regierung in Abstimmung mit unseren europäischen Partnern befinden über die Frage, wie wir in Hinblick auf China agieren werden, was die Olympischen Spiele betrifft. Und dieser Prozess ist in jeder Hinsicht noch nicht abgeschlossen." So lautet "tagesschau.de" zufolge die letzte Äußerung aus dem Bundeskanzleramt zur Sache. Olaf Scholz spielt also weiter auf Zeit, auch wenn es keinerlei Hinweise darauf gibt, dass sich eine europäische Lösung tatsächlich abzeichnen könnte.

In den kommenden Tagen brechen die ersten Athletinnen und Athleten nach Peking auf. Nur wenige habe eine Vorstellung davon, was sie dort erwartet. Die Vorfreude ist bei den meisten in jedem Fall gedämpft. Viel Zeit bleibt der Bundesregierung nun nicht mehr, sich in der heiklen Frage nach einem Olympia-Boykott zu einer Entscheidung durchzuringen.

Quellen:
  • dpa
  • "hrw.org": Peking: Olympische Spiele in Zeiten grausamer Verbrechen
  • "t-online.de": Olaf Scholz und der Eiertanz um Olympia
  • "tagesschau.de": Bundesregierung und die Olympischen Spiele: Zeit für eine Entscheidung
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