Ein Wochenrückblick besteht in erster Linie aus einer Retrospektive auf die vergangene Woche – dieses Mal mit Stefan Raab, Annalena Baerbock und Nuri Sahin.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Marie von den Benken dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Eine ganz normale Woche im schönsten Deutschland aller Zeiten. Außenministerin Annalena Baerbock lädt antisemitische Aktivisten, die bestreiten, dass Hamas und Hizbullah Terror-Organisationen sind, zu geheimen Hinterzimmertreffen ein, um "im Gespräch zu bleiben mit denen, die in Teilen oder auch fundamental anderer Meinung sind". Diese Begründung denke ich mir nicht aus, auch wenn ich verstehe, dass es auf den ersten Blick auch wie Satire wirken könnte. Jedoch, weit gefehlt.

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Das ist tatsächlich die Begründung für dieses Treffen, hochoffiziell bekannt gegeben von Luise Amtsberg, die offenbar (hätten Sie es gewusst?) als Annalena Baerbocks Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe fungiert. Warum auch immer man sich mit Ex-Moderatorinnen treffen muss, die selbst dem eher israelkritischen ÖRR zu antisemitisch waren, um irgendwelche Erkenntnisse zu gewinnen, die unserem Land in diplomatischen Beziehungen hilfreich sein könnten, bleibt wohl für immer das Geheimnis dieser im Nahostkonflikt bedenklich bizarr vorgehenden Außenministerin.

Zum Dank für diesen geheimen Austausch – da war der Stolz, sich von der eigenen, hochantisemitischen Instagram-Bubble für seine politische Wichtigkeit abfeiern zu lassen, dann doch zu groß – veröffentlichten die geladenen Stargäste ihren Dinner-Auftritt bei der offenbar mit dem Begriff Staatsräson nicht vollumfänglich vertrauten Außenministerin trotz der eigentlich vereinbarten Vertraulichkeit umgehend auf Instagram.

Dadurch wurden zwei Dinge schmerzhaft offenbart: Annalena Baerbock gefällt sich nicht nur in der Rolle, Israel unablässig zu erklären, wie es sein Land und seine Bürger zu verteidigen hätte, sondern lässt sich dabei auch noch gerne von einigen der drakonischsten Israelfeinden beraten, die unser Land zu bieten hat. Und: Von der Dynamik der Aufmerksamkeitsökonomie im Zusammenhang mit Terror-Propaganda auf Social Media hat man im Außenministerium offenbar noch weniger Ahnung als die FDP von Wärmepumpen.

Das wird unser Untergang – und ich Sahin kommen

Ganz andere Probleme hat der Außenminister des Ballspielvereins Borussia Dortmund von 1909 e.V., landläufig auch als BVB bekannt. Nuri Şahin jedenfalls, der neue Trainer des BVB und ehemalige Hoffnungsträger einer erfolgreichen Post-Terzic-Ära, kassiert am vierten Spieltag eine amtliche 5:1 Klatsche beim VfB Stuttgart, obwohl seine sportliche Leitung um Lars Ricken, Sebastian Kehl und Sven Mislintat in der Sommerpause sicherheitshalber den halben VfB Stuttgart leergekauft hatte.

Das Fachmagazin "kicker" sprach von einem Klassenunterschied, der sogenannte Fußballexperte Sami Khedira (war mal mit Lena Gercke liiert) schwärmte in den höchsten Tönen und Ricken/Kehl/Mislintat, das Trio, das sich privat besser versteht als die drei Musketiere und die drei Fragezeichen zusammen, wird sich zeitnah wohl weniger mit potenziellen neuen Spielern, sondern eher mit potenziellen neuen Trainern beschäftigen müssen.

Und Nuri Şahin? Der steht staunend am Spielfeldrand und scheint immer ein wenig überwältigt davon zu sein, dass er wirklich der Cheftrainer beim BVB ist. Nachdem er auswärts bereits in Bremen ein schmeichelhaftes 0:0 erzittert hatte – ein Verein, der sein anschließendes Heimspiel gegen den FC Bayern München chancenlos und ohne Torschuss mit 0:5 vergeigte – erlebt er nun den gnadenlosen Absturz im Tagesgeschäft Fußball.

Gerade noch der legendäre, lang ersehnte, moderne Supertrainer mit Stallgeruch. Nach zwei komplett ernüchternden Bundesliga-Auswärtsspielen und einer ebenfalls erstaunlich uninspirierten Vorstellung in der Champions League ist er wenige Wochen später bereits der gnadenlos überschätzte und sich andauernd konzeptfrei vercoachende Erfolglos-Trainer, der mit seiner Cousine verheiratet ist. Ersteres ist eine recht substanzlose Feststellung nach erst vier Bundesligaspielen, letzteres ist hart rassistisch. Alles zusammen nennt man wohl Fußballkultur.

Back to the Raabs

Ein fast so blitzsauberes Comeback in der Entertainment-Branche wie Borussia Dortmund auf dem Parkett für Leistungsverweigerung legt diese Woche außerdem Stefan Raab hin. Die Älteren unter uns werden sich an Raab womöglich erinnern. Er revolutionierte das Late-Night-Geschäft mit einer "TV total" getauften Melange aus Altherrenwitz, Musik und einer Zahnleiste von der Breite einer handelsüblichen Ziehharmonika und verabschiedete sich dann überraschend auf dem Höhepunkt seiner Schaffensphase aus dem TV-Geschäft.

Flankiert von Fitness-Influencerin Pamela Reif kehrte er diese Woche aus der TV-Rente zurück und beschwört die Nation mit seiner heldenhaften Mission, die TV-Unterhaltung mal wieder retten zu müssen. Sein Comeback gerät inhaltlich mäßig, quotentechnisch aber wirksam. Pamela Reif war 1993, als Raab mit "Vivasionl" seine Karriere startete, noch gar nicht geboren, Ski Aggu, mit dem er seinen Comeback-Song "Pa aufs Maul" performt, ebenfalls nicht. Für eine Auffrischung der Humorfarbe sorgt dieser Generationswechsel allerdings nicht. Raab scheint die Zukunft der TV-Unterhaltung in Zoten und Witzchen zu vermuten, die spätestens mit seinem Abschied im Jahr 2015 eigentlich zurecht in die ewigen Jagdgründe der Gag-Historie verbannt worden waren.

Dennoch ist es keinesfalls ausgeschlossen, dass Raab mit seinem 1999er-Humor wieder Erfolge feiern wird. Vieles hat er dafür ausgetauscht. Sein jugendliches Aussehen gegen das eines knapp 60-Jährigen, seinen Haussender ProSieben gegen RTL. Den Machtkampf mit den neuen ProSieben-Galionsfiguren Joko und Klaas scheint er zu scheuen, dem eher etwas trägeren RTL-Publikum, das sich vornehmlich auf Reality-TV-Formate und GZSZ stützt, scheint er jedoch zumindest dahingehend zu vertrauen, als dass er sie für schmuddelwitzaffin genug hält, um einfach nahtlos an seinem 90er-Jahre-Humor anzuknüpfen. Und da stehen die Chancen nicht schlecht.

Aktuell leben wir immerhin in einer Zeit, in der noch viel ältere Konzepte wieder Hochkonjunktur haben. Politisch betrachtet mögen in einigen Bundesländern mehr als 30 Prozent der Wahlberechtigten ein Programm, das noch viel älter ist als Raabs Witze, nämlich annähernd 90 Jahre. In der Mode kommt ebenfalls alles wieder. Gerade sorgt beispielsweise mit Umut Tekin ein Reality-TV-Protagonist im ebenfalls von RTL ausgerichteten "Sommerhaus der Stars" für Furore, der die 1965 etablierte Minipli-Frisur von Tony Marshall aufträgt. Und mit Sahra Wagenknecht eilt eine Partei in den neuen Bundesländern von Erfolg zu Erfolg, die im Prinzip den Rückbau der Bundesrepublik Deutschland in eine Neo-DDR und eine sofortige Vereinigung mit Russland anstrebt.

TV ist eine Männer-Domäne

Als Stefan Raab 2015 seine letzte Sendung "TV total" moderierte, blickte er auf 16 Jahre mit diesem Format zurück. Die gesamte Generation X war mit Stefan Raab aufgewachsen und verlor 2015 einen Gagmentor, der schwer zu ersetzen war. Nicht ganz auf 16 Jahre, aber immerhin auf drei Tage kam die neue ARD-Talksendung "Amado, Belli, Biedermann", die diese Woche nach lediglich drei Folgen eingestellt wurde.

Eigentlich waren zunächst zehn Episoden produziert worden, um innerhalb von zwei Wochen der werktäglichen Ausstrahlung feststellen zu können, ob "Amado, Belli, Biedermann" das Potenzial hätte, ein neues "TV total" zu werden. Nicht inhaltlich, aber vom Relevanzfaktor. Viele Fans des generationsübergreifend ausgewählten Moderations-Trios Marijke Amado, Aminata Belli und Jeanette Biedermann drückten vor dem Start wochenlang die Daumen, die zwei Wochen Testphase würden erfolgreich verlaufen. Dann würde die Show nämlich in Serie gehen und könnte ebenfalls zu einem TV-Dauerbrenner werden.

Allerdings scheint es, dass die Fans zwar die Daumen gedrückt hatten, nicht aber den ARD-Knopf auf der Fernbedienung. Mit zuletzt nur noch 160.000 Zuschauern als Quotenfiasko abgestempelt, zog die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland bereits nach nur drei der mit zehn ohnehin als Testphase angedachten Episoden den Stecker. Weniger Zuschauer, das muss man leider so klar sagen, hätte die ARD vermutlich nicht mal, wenn sie live streamen würde, wie in Sitzungen der Programmdirektion diskutiert wird, wie man es schaffen könne, nur noch Jungmoderatoren und -moderatorinnen für den Sender zu rekrutieren, die divers sind und gendern.

Unabhängig davon ist es natürlich betrüblich, dass das Land für eine Talkshow, die von drei Frauen moderiert wird, die 44 Jahre (Biedermann), 32 Jahre (Belli) und 70 Jahre (Amado) alt sind, offenbar noch nicht bereit ist. Was insgesamt etwas betrüblich stimmt, da das Land auf der anderen Seite augenscheinlich mehr als bereit ist für Talk-Formate, die von Markus Lanz (55 Jahre) und Richard David Precht (59 Jahre) moderiert werden.

Nächste Woche, so viel scheint auch ohne DeLorean relativ eindeutig prognostizierbar, wird der Fokus wahrscheinlich auf dem Münchener Oktoberfest liegen. Ich werde persönlich vor Ort sein und den um die Wette trinkenden Promis die entscheidende Frage stellen: Wiesn die Stimmung hier? Bis dann!

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