CDU-Chef Merz hat nach der Messerattacke von Aschaffenburg Asylrechtsverschärfungen zur Koalitionsbedingung erklärt. Doch bei Grünen und SPD trifft der Vorstoß auf massive Zweifel.

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Deutlich mehr Abschiebungen und ein "faktisches Einreiseverbot" für alle Menschen ohne gültige Einreisedokumente: Das will Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) im Fall seiner Wahl zum Kanzler als Reaktion auf die tödliche Messerattacke von Aschaffenburg durchsetzen. In der Politik hat er mit dem Vorstoß massive Diskussionen ausgelöst.

Grünen-Co-Chef Felix Banaszak forderte im ZDF-"Morgenmagazin" eine Klarstellung von Merz. Koalitionsbedingungen "so en passant" zu formulieren, werde der Lage nicht gerecht, sagte Banaszak. "Ich glaube, es braucht eine Klarstellung von Herrn Merz an dieser Stelle."

Merz hatte zuvor zu dem Vorstoß gesagt: "Mir ist es völlig gleichgültig, wer diesen Weg politisch mitgeht. Ich sage nur, ich gehe keinen anderen." Er betonte zudem, dass Kompromisse bei "diesen Themen nicht mehr möglich" seien.

Banaszak betonte nun, Merz könne nicht auf der einen Seite sagen, es werde keine Zusammenarbeit mit der AfD geben – das habe der CDU-Chef kürzlich in seinen Augen sehr glaubwürdig wiederholt – "und dann an der Stelle sagen, 'aber jetzt ist mir egal, mit welchen Mehrheiten'".

SPD-Ministerpräsidentin warnt vor Alleingang

Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, kritisierte den Vorstoß von Merz derweil als "weder zielführend noch rechtlich umsetzbar". "Darauf wurde vielfach hingewiesen, leider weder verfassungs- noch europarechtskonform", fuhr der Grünen-Innenexperte fort.

Es brauche "Vorschläge, die in der Realität auch umsetzbar sind und die innere Sicherheit unseres Landes tatsächlich erhöhen", forderte von Notz. Unter anderem müssten überfällige Investitionen in eine gute personelle wie technische Ausstattung der Behörden getätigt werden. "Wir müssen dafür sorgen, dass diese im föderalen Sicherheitsgefüge bestmöglich zusammenarbeiten können. Denn hier hat es nach jetzigem Erkenntnisstand auch in diesem Fall erneut massiv gehakt", sagte der Grünen-Politiker.

Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) warnte Merz davor, einen nationalen "Alleingang" in der Migrationspolitik anzustreben. "Wir brauchen eine gemeinsame europäische Asylpolitik", sagte die SPD-Politikerin dem Magazin "Stern". Es müssten anwendbare Lösungen im Rahmen des europäischen Asylsystems gefunden und die europäischen Außengrenzen gemeinsam besser geschützt werden.

Rehlinger warnte Merz davor, "jetzt innerhalb des Schengen-Raums Forderungen zu stellen, die die Errungenschaften eines Europas ohne Binnengrenzen zunichtemachen könnten". Es dürfe keinen Alleingang Deutschlands geben, "der ausschließlich auf Abschottung und Abschiebung setzt".

Lindner: Migrationspolitik Bedingung für jede Regierungsbeteiligung

Zustimmung erhielt Merz hingegen von FDP-Chef Christian Lindner. "Merz kündigt einen radikalen Kurswechsel an. Diese Abkehr von der Merkel-Politik fordere ich seit Jahren", sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Für die FDP ist eine neue Migrationspolitik die Bedingung für jede Regierungsbeteiligung", so Lindner.

Zugleich betonte er, dass Merz sein Vorhaben mit SPD oder Grünen nicht werde umsetzen können. Die FDP liegt in Umfragen derzeit allerdings unter der Fünf-Prozent-Hürde und könnten den Einzug in den Bundestag verpassen. Selbst wenn sie es wieder ins Parlament schaffen würde, hätte eine schwarz-gelbe Koalition den aktuellen Umfragen zufolge vermutlich keine Mehrheit.

Weidel macht Merz Angebot

Alice Weidel, Chefin und Kanzlerkandidatin der AfD, hatte Merz am Mittwoch in einem offenen Brief eine Zusammenarbeit in der Migrationspolitik angeboten. Darin bewertet Weidel den Vorschlag des CDU-Politikers nach weitreichenden Asylrechtsverschärfungen als "gutes Zeichen". "Die Mehrheiten dafür sind vorhanden", schrieb sie weiter. Allerdings drängte Weidel darauf, noch vor der Wahl aktiv zu werden.

"Die Einleitung der überfälligen Migrationswende" dürfe nicht bis nach der Bundestagswahl hinausgeschoben werden. "Die kommende Sitzungswoche im Deutschen Bundestag bietet dafür eine Gelegenheit, die nicht ungenutzt verstreichen darf", heißt es in dem Brief.

Eine Zusammenarbeit mit der AfD hatte Merz allerdings jüngst erneut kategorisch ausgeschlossen. "Ich wiederhole es hier zum Mitschreiben. Eine Zusammenarbeit unter meiner Führung wird es mit der CDU in Deutschland nicht geben", sagte er in den ARD-"Tagesthemen". Merz betonte, dass er dieses Versprechen halte und sein "Schicksal als Parteivorsitzender der CDU an diese Antwort" knüpfe.

Die Gewalttat von Aschaffenburg hatte in der Bundespolitik eine Debatte über Migration ausgelöst. Ein mutmaßlich psychisch kranker 28-jähriger Afghane hatte bei der Messerattacke auf eine Kindergartengruppe in einem Park im bayerischen Aschaffenburg am Mittwoch zwei Menschen getötet, einen zweijährigen Jungen und einen 41-jährigen Passanten. Mehrere weitere Menschen wurden verletzt. (dpa/afp/bearbeitet von thp)

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