Bei Maischberger stand am Dienstagabend (26.) erneut die Asylpolitik der Ampel-Regierung im Fokus und damit verbunden die Frage: Kippt die Stimmung in der Gesellschaft, zerbricht vielleicht sogar die Ampel? Die Gäste im Studio schlugen alarmierte Töne an. "Ganz Europa hat eine Zeitenwende in der Migrationspolitik eingeleitet, nur wir noch nicht!", kritisierte beispielsweise Journalist Michael Bröcker. Das Rededuell des Abends drehte sich dann allerdings um eine ganz andere Frage.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Marie Illner dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

25 Prozent der Menschen, die in der Europäischen Union einen Antrag auf Asyl stellen, kommen nach Deutschland. Warum sind wir so attraktiv für viele Menschen? Eine der vielen Fragen, die in der Sendung von Sandra Maischberger thematisiert wurde.

Mehr aktuelle News

Das ist das Thema bei "Maischberger"

Es gab zwei Hauptthemen am Dienstagabend (26.): Ukraine- und Asylpolitik. Dafür rollte Maischberger eine bereits in der Vergangenheit gestellte Frage unter aktuellen Gesichtspunkten wieder auf: Können weitere Waffenlieferungen der Ukraine zum Sieg verhelfen oder muss Deutschlands auf Verhandlungen mit Russland drängen? Ebenso ging es um die Überlastung der Kommunen angesichts der gestiegenen Asylbewerberzahlen. Dreh- und Angelpunkt waren die Fragen: Droht die Stimmung in der Gesellschaft zu kippen und welches Handeln der Politik ist geboten?

Das sind die Gäste

  • Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP): "Im Kampf um die Freiheit muss Deutschland nun auch endlich Taurus liefern", forderte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses. Das Friedenschaffen mit Waffen in der Ukraine habe bislang insofern funktioniert, als dass die Ukraine überlebt hat. Putin führe einen hybriden Krieg, wenn er beispielsweise Getreidefelder vermine und Getreidelieferungen nicht in den Häfen auslaufen lasse.
  • Harald Welzer: Der Sozialpsychologe und Autor meinte: "Gewaltprozesse stoppt man nicht, wenn man den Mitteleinsatz steigert." Man könne an keiner Stelle sagen: "Diese Form von Lieferung hat diese Wirkung gehabt", meinte Welzer. Der Abnutzungskrieg werde fortdauern, es könne immer eine Eskalationsproblematik geben. Man könne ihn nur gewinnen, wenn man mehr Waffen und Menschen zuführe.
  • Richard Arnold (CDU): Der Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd sagte: "Ich erwarte, dass man auf Bundesebene ganz offen darüber diskutiert, dass es eine Begrenzung gibt. " Dieses Thema habe die Kraft, das Land zu spalten. "Die meisten wollen nach Deutschland", beobachtete er. Die Wirklichkeit im Regierungsviertel scheine eine ganz andere zu sein "als bei uns, vor Ort, in den Kommunen." Die Aufgaben würden von oben durchgereicht. Mit Blick auf 2015 sagte er: "Wer hierhergekommen ist, hat bekommen, ohne zu geben."
  • Christian Rach: Corona, die gescheiterten Heizungsgesetz, die Inflation, das Nachwirken von 2015 – all das säße den Menschen noch in den Knochen, beschrieb der Spitzenkoch und Tv-Moderator. "Und dann sieht man, da kommt eine Gruppe, die kriegt es ohne weiteres serviert", so Rach. Das sei eine Meinung innerhalb des Volkes. Viele fühlten sich abgehängt und nicht mehr gewürdigt. In dieser Gemengelage sei die Aufnahme weiterer Flüchtlinge für viele Menschen zu viel. "Die gesamte Regierung hat die Brisanz zu spät erkannt", war er sich sicher.
  • Julie Kurz: Die Korrespondentin im ARD-Hauptstadtstudio meinte über die Asyldebatte: "Ich glaube schon, dass man lange Zeit unterschätzt hat, welchen Sprengstoff dieses Thema hat." Für die Grünen gehe es in dieser Frage "ans Eingemachte" und um die "DNA". Humane Asylpolitik treffe das Herz der Grünen. Die Parteiführung versuche die Basis mitzuziehen. "Die Frage ist, bis wohin sie mitgehen", sagte Kurz.
  • Michael Bröcker: "Wir hätten gerne ein bisschen Realismus", sagte der Chefredakteur von "The Pioneer" über die Asyldebatte. Wenn Zweidrittel der Menschen sagen würden, dass die Migration begrenzt werden muss: "Dann hätte ich jetzt ganz gerne mal eine Lösung dafür, wie sie begrenzt werden kann", so Bröcker. Entweder müsse man das Fluchtland Deutschland unattraktiver machen, oder unliebsame Entscheidungen auf dem Meer oder an den Außengrenzen treffen. "Das wird dann richtig schmutzig", warnte er.

Das ist der Moment des Abends bei "Maischberger"

"Ich wundere mich, dass ausgerechnet der SPD-Kanzler Olaf Scholz diese soziale Frage des 21. Jahrhunderts so spät für sich entdeckt hat. Er hat es nie zur Chefsache gemacht", kritisierte Journalist Bröcker den Kanzler in der Asyldebatte. Dabei sei die Kern-Klientel der SPD besonders von Verteilungskämpfen betroffen.

"Wir können nicht sechs Jahre lang die Humanität an erste Stelle stellen und die Ordnung versprechen, aber sie nie liefern", sagte er scharf. Das überfordere die Menschen, das Gefühl sei derzeit präsent. Dazu, dass die AfD in Niedersachsen bei 14 Prozent steht, sagte er: "Das sind ja nicht alles plötzlich Rechtsextreme, das sind ganz klare Protestwähler", Sie seien unzufrieden damit, wie die Ampel das Thema angehe. "Wir brauchen sehr schnell, sehr konstruktive Lösungen", drängte er. Kurz darauf sagte er: "Ganz Europa hat eine Zeitenwende in der Migrationspolitik eingeleitet, nur wir noch nicht!"

Das ist das Rede-Duell des Abends

Welzer sagte: "Wir haben diese Patt-Situation in diesem Kriegsgeschehen." Es sei eine schwierige Frage, an welcher Stelle man eine Grenze überschreite und das Ganze noch weiter einfüttere. In den 19 Monaten hätte man viele Änderungsprozesse erlebt – außenpolitisch und im Krieg selbst. Der Krieg habe sich dennoch festgefahren. "Wenn man so eine Entwicklung hat, muss man schon fragen, ob das Mantra des 'Immer Mehr' tatsächlich etwas ist, das der Ukraine am Ende nützt."

Strack-Zimmermann war anderer Meinung. "Es ist keine Patt-Situation", stellte sie klar. Man hätte Marschflugkörper längst liefern müssen und hätte wichtige Monate verloren. "In diesem Moment werden Frauen vergewaltigt und damit sie sich nicht wehren, werden ihnen die Hände gebrochen. Es sind 20.000 Kinder verschwunden, es sind Folterkammern gefunden worden, wo auch Kinder gefoltert werden." In Russland werde weitergelebt, als ob nichts passiere. Es sei in unserem Interesse die Ukraine zu unterstützen – humanitär, wirtschaftlich und militärisch.

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Eine durchschnittliche Moderationsleistung von Maischberger, die an mehreren Stellen den roten Faden verlor oder sich so ausdrückte, dass die Gäste die Fragen nicht verstanden. Ein Glück, dass die Debatte auch ohne viel Zutun gut in Schwung kam. Interessant war sicherlich ihr aufmerksames Nachspüren der Frage: "Was ist heute anders als 2015?" beim Thema Asylpolitik und die sauber herausgearbeiteten Vor- und Nachteile vin "Frieden schaffen mit und ohne Waffen" in der Ukraine.

Das ist das Ergebnis bei "Maischberger"

Am eindrücklichsten und erkenntnisreichsten war das Gespräch von Maischberger mit dem CDU-Bürgermeister aus Schwäbisch Gmünd. Er beschrieb, wie Anreize falsch gesetzt wurden und die Stimmung sich gedreht hatte. Man sei immer mit dem Prinzip "Fördern und Fordern" gut gefahren – dieses Prinzip sei durch bevorzugte Behandlung von syrischen und ukrainschen Flüchtlingen gebrochen worden.

Wer hierherkomme, müsse zu seinem Lebensunterhalt beitragen – denn die Akzeptanz in der Bürgerschaft bröckele bereits. Man könne auch ehrenamtliche Tätigkeiten übernehmen. Wenn man bekomme, ohne zu geben und der Staat nichts einfordere einzufordern, gelte: "Das ist Gift für den Zusammenhalt."

Verwendete Quellen:

  • ARD: Sendung "Maischberger" vom 26.09.2023
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.