Sandra Maischberger diskutierte mit ihren Gästen die Themen der Woche. Dabei sagte ein Journalist mit Verweis auf die CDU-Spitze, dass es Ende September Neuwahlen geben könnte. Und mit Peer Steinbrück bewies ein weiterer SPD-Politiker, warum die Partei bei jungen Leuten aktuell so schlecht ankommt.

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In Berlin geht es derzeit heiß her. Die Grünen liegen in Umfragen erstmals auf Platz eins, CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ringt um ihre Führungsrolle in der CDU, die SPD versinkt im Chaos und der "Spiegel" schreibt Kevin Kühnert schon zum nächsten SPD-Vorsitzenden hoch.

Was ist das Thema?

Statt eines Themas diskutiert Sandra Maischberger in den Ausgaben vor der Sommerpause die "Themen der Woche". Dieses Mal waren das das politische Durcheinander in Berlin und Clankriminalität, wobei die wirklich spannenden Aussagen eindeutig zum Themenkomplex GroKo-Krise/Höhenflug der Grünen fielen.

Wer sind die Gäste?

Peer Steinbrück: Dem ehemalige Bundesfinanzminister und Kanzlerkandidaten der SPD eilt der Ruf voraus, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Das bewies er auch bei Maischberger. Er nannte die Fixierung auf Andrea Nahles als Ursache für die aktuellen Probleme der SPD für "völlig falsch". Vielmehr fehle es seiner Partei an einer überzeugenden politischen Botschaft im 21. Jahrhundert.
Dann bewies Steinbrück selbst, warum die SPD bei jungen Wählern nur noch einstellige Ergebnisse einfährt.

Juso-Chef Kevin Kühnert (29), der von manchen als neuer SPD-Vorsitzender ins Gespräch gebracht wird, sprach er vor allem aufgrund seines Alters die Professionalität und Eignung für das Amt ab. Das wirkte etwas überheblich und oberlehrerhaft.

Man denke nur an den ungleich älteren Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz aus Österreich. Und schließlich warf er Kühnert vor, "eine Art Voodoo-Sozialismus" zu vertreten, nur weil er über Enteignungen gesprochen habe. Immerhin: "Es kann sein, dass er mit 40 Parteivorsitzender ist", so Steinbrück.

Bettina Gaus: Die Journalistin der TAZ hat große Zweifel, dass Annegret Kramp-Karrenbauer Kanzlerkandidatin der Union werden wird. Der Grund: Sie habe null Macht und könne sich im Grunde nur aussuchen, in welche Talkshows sie geht. Den Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck wollte die linke Journalistin noch nicht vorzeitig zum Kanzler küren. Auch deswegen, weil sie aktuell eine "beunruhigende Sehnsucht nach Erlösergestalten" feststellt.

Gabor Steingart: Auch der Publizist teilte gegen Kramp-Karrenbauer aus. Ihre Wahl zur Parteichefin war in seinen Augen "vielleicht schon der Höhepunkt ihrer Karriere". Ihre innerparteilichen Kritiker wie Jens Spahn oder Friedrich Merz seien jedoch gar nicht auf den CDU-Vorsitz aus.

"Die beteiligen Herren greifen nach der richtigen Krone, nach dem Bundeskanzleramt." Die Gewinnerin der Woche sah Steingart in Kanzlerin Angela Merkel (CDU), weil sie mit dem ganzen politischen Chaos in Berlin im Grunde nichts zu tun hatte.

Micky Beisenherz: Der Fernsehmoderator kommentierte das Geschehen mit feiner Ironie. Gewinner der Woche ist in seinen Augen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). "Der hat eine Woche nichts Dummes gemacht". Über FDP-Chef Christian Lindner sagte Beisenherz vor dem Hintergrund der hohen Umfragewerte der Grünen, er fürchte "ein Dinkel-Kalifat mit Schnitzelverboten".

Hildegard Jagodschinski (terrorisierte Berliner Mieterin), Herbert Reul (CDU-Innenminister von Nordrhein-Westfalen) und Söngül Çetinkaya (Neuköllner Sozialarbeiterin) diskutierten zum Schluss der Sendung über Clan-Kriminalität. Eine direkt Betroffene, ein "Law and order"-Mann und eine Frau mit ganz viel Verständnis: Mehr gibt es über das letzte Viertel von Maischberger nicht zu sagen. Hier fehlte ein wenig die Tiefe.

Was war die Überraschung des Abends?

Gabor Steingart sagte mit Blick auf die Zukunft der GroKo, Leute aus der CDU-Spitze hätten ihm den 27. September als Datum für Neuwahlen genannt. Dafür gebe es "konkrete Planungen". "Ernsthaft?" wollte Maischberger wissen. Steingart bejahte die Frage. In den Augen von Bettina Gauss spricht gegen dieses Gerücht, dass viele Leute in den "früheren Volksparteien" wegen der miesen Umfragewerte Angst um ihre Mandate haben.

Was war der Moment des Abends?

Hat Peer Steinbrück tatsächlich keine Ambitionen mehr, ein Amt in der SPD zu übernehmen? Er habe mit Erschrecken festgestellt, dass unter den stellvertretenden Parteivorsitzenden niemand für den SPD-Vorsitz und damit als Kanzlerkandidat antreten wolle.

"Tja, dann muss ich 2025 wohl noch mal antreten!", entfuhr es dem 72-Jährigen, der sich aus der Politik zurückgezogen hat, und stellte die Aussage gleich danach als Scherz dar. Aber es heißt ja bekanntlich: In jedem Witz steckt auch ein Fünkchen Wahrheit. Oder man deutet Steinbrücks Einlassung so: Auch in die Jahre gekommene Alpha-Männchen halten sich noch für wichtig.

Wie hat sich Sandra Maischberger geschlagen?

Die Gastgeberin hatte sichtlich Spaß am aufgelockerten Format, das sogar Zuschauer-Statements zuließ. Besonders glänzte Maischberger, als sie Peer Steinbrück zum Einzelgespräch bat.

Der SPD-Mann gab – eher untypisch – auch eigene Fehler zu und gestand, er habe Anfang der 2000er Jahre zu sehr auf Deregulierung, zu sehr auf die Kräfte der Märkte gesetzt und sei leider dem vorherrschenden Zeitgeist gefolgt.

Was ist das Ergebnis?

Die Große Koalition ist am Ende. Das ist eine Schlussfolgerung des Abends. Publizist Gabor Steingart hält ihre innere Substanz für aufgebraucht, Peer Steinbrück glaubt, dass die Groko Weihnachten nicht erreichen wird. Bei der Frage ans Publikum geben die Befürworter von Neuwahlen etwas mehr Applaus als die GroKo-Anhänger.

Ob die Grünen dauerhaft so stark bleiben können? Für Bettina Gaus hängt es davon ab, ob Klimaschutz das wichtigste Thema in der öffentlichen Debatte bleibt und nicht irgendwann ein großer Terroranschlag in Deutschland oder die internationale Finanzkrise die Agenda der Parteien bestimmt.

Steingart machte die mögliche Kanzlerkandidatur des Grünen-Vorsitzenden Habeck sogar vom Wetter abhängig. Dürre, Hitzerekorde, Naturkatastrophen: Kommt es bis den Wahlen beständig zu solchen Phänomenen, "dann haben sie eine Chance".
Und die Zukunft der SPD? Peer Steinbrück ist alarmiert, weil nur noch zwei Prozent sagen, die SPD sei die politische Kraft, die die besten Antworten auf die Fragen der Zukunft hat. Steinbrücks überzogen wirkendes Runterputzen von Kevin Kühnert, dem einzig wahrnehmbaren frischen Gesicht der Sozialdemokraten, dürfte das Ansehen der SPD bei jungen Leuten vermutlich nicht gesteigert haben.

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