Stuttgart - Sie wollen helfen und für Sicherheit sorgen, werden dafür aber immer wieder geschlagen, bespuckt und beleidigt: Die Zahl der Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten wächst.
Bei den Fallzahlen zeichnet sich im Jahresverlauf 2024 im Vergleich zum Vorjahr ein neuer Höchstwert ab, wie das Innenministerium berichtet.
In Baden-Württemberg seien Gewalttaten gegen Polizeibeamte in den vergangenen zehn Jahren um 57,5 Prozent auf 5.932 Fälle allein im Jahr 2023 angestiegen, teilte das Ministerium mit. Die Zahl der verletzten Polizisten im Land habe im gleichen Zeitraum um mehr als 68,3 Prozent auf 3.002 im vergangenen Jahr zugenommen. In fast jedem zweiten Fall handelt es sich laut Ministerium um tätliche Angriffe. Die tödliche Messerattacke auf den Polizisten Rouven Laur im Mai in Mannheim sei der "jüngste traurige Tiefpunkt im Themenfeld von Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte".
Strobl fordert höhere Strafen
"Die Gewalt gegen Menschen in Uniform verurteile ich scharf", sagte Innenminister Thomas Strobl. Das Land habe bereits viel getan für den Schutz der Einsatzkräfte, etwa mit der flächendeckenden Einführung der Bodycam oder mit einer optimierten Aus- und Fortbildung, mit der Übernahme von Schmerzensgeldansprüchen für Beamte und einer erhöhten Unfallentschädigung, so der CDU-Politiker.
Die weiterhin steigenden Zahlen zeigten aber, dass das nicht genug sei, sagte Strobl. "Wir brauchen höhere Strafen für den hohen Unrechtsgehalt dieser Taten", so der Minister. "Denn solche Taten wiegen schwer und sind auch immer ein Angriff auf unsere Demokratie." Die Einsatzkräfte verdienten Respekt, Dank und Anerkennung, nicht Hass und Gewalt. Die besondere Verwerflichkeit dieser Angriffe müsse auch im Strafmaß abgebildet werden.
Gewerkschaft: Politik ist konzeptionslos
"Wir wären schon froh, wenn die Täter überhaupt bestraft werden", erklärte der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer. "Die Gewaltspirale beginnt bei Beleidigungen." Polizistinnen und Polizisten hätten es aber schwer, Schmerzensgeld dafür zu bekommen.
Auch ende die Gewalt nicht mit dem Dienst. Erst vor wenigen Wochen sei ein Kollege in seiner Freizeit auf einem Straßenfest als Polizist erkannt und krankenhausreif geschlagen worden, teilte die Gewerkschaft mit. Eine Kollegin sei zusammengeschlagen und nach mehreren Monaten Genesung erneut im Dienst angegriffen worden, erklärte Kusterer. "Ich glaube die Politikerinnen und Politiker haben kaum eine Ahnung, was Gewalt gegen Polizeibeamte bedeutet."
Der Politik sei es nicht gelungen, wirksame Maßnahmen umzusetzen. Solange das nicht geschehe, bleibe die Politik "konzeptionslos".
Etwas weniger Gewalt gegen Retter
Gewalttaten gegen Rettungskräfte haben sich nach Angaben des Ministeriums von 2014 an auf 236 Fälle im Jahr 2023 mehr als verdoppelt. Die Zahl der verletzten Retter ist in dem Zeitraum um gut 60 Prozent auf 111 Verletzte im Jahr 2023 gestiegen. Beide Werte seien zwar Höchststände, allerdings deute sich im bisherigen Jahresverlauf 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (Januar bis November) eine leicht rückläufige Tendenz bei den Fallzahlen an - aber auf weiterhin hohem Niveau. © Deutsche Presse-Agentur
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