Stuttgart - Mitte April hatten Hunderte Ermittler aus Deutschland und anderen Ländern ein riesiges Netzwerk von Telefonbetrügern zerschlagen.
Die Ermittlungen in dem Fall schreiten voran: Nun ist der Leiter eines Callcenters im Kosovo nach Auskunft des Landeskriminalamtes nach Deutschland ausgeliefert worden. Er wurde bei der Einreise in die Republik Nordmazedonien gefasst und sitzt in deutscher Untersuchungshaft.
Der Mann soll von Juni 2023 an bis zur Durchsuchung im Rahmen der Operation "Pandora" am 18. April ein betrügerisches Callcenter mit mindestens drei weiteren Tätern im Kosovo betrieben haben. Dabei soll den Opfern im deutschsprachigen Raum am Telefon vorgespiegelt worden sein, sie würden von ihrer Hausbank angerufen. Die Menschen sollten so dazu zu bewegt werden, Geld auf ein von den Betrügern kontrolliertes Konto zu überweisen. In einigen Fällen waren die Zugangsdaten der Geschädigten zum Online-Banking zuvor mit einer gefälschten Bankwebseite ausgespäht worden.
Betrügerring aufgeflogen
Der 32 Jahre alte kosovarische Staatsangehörige soll der Leiter des Callcenters gewesen sein. Seine Aufgabe sei es gewesen, Räumlichkeiten anzumieten und Rufnummern und Bankverbindungen der Geschädigten zu beschaffen. Außerdem soll er neue Mitarbeiter rekrutiert haben.
Die weiteren Tatverdächtigen sollen als Telefonistin, Programmierer für Phishing-Webseiten und Anwerber von sogenannten Finanzagenten für das Callcenter tätig gewesen sein.
Schaden von 30.000 Euro
Aus der von dem 32-Jährigen betriebenen Telefon-Zentrale sollen im Zeitraum von Oktober 2023 bis Februar 2024 in mindestens neun Fällen Opfer in Deutschland und Österreich angerufen worden sein. In zwei Fällen entstand ein Schaden von rund 30.000 Euro. In sieben weiteren Fällen scheiterten die Versuche der Tatverdächtigen, da die Geschädigten entweder nicht auf die Täuschung eingingen oder die Banken die Überweisungen nicht ausführten.
Eine weitere 44-jährige Tatverdächtige, die als Telefonistin in dem Callcenter des 32-Jährigen tätig gewesen sein soll, wurde bereits am 17. Juli aus dem Kosovo nach Deutschland ausgeliefert.
Bei den großangelegten Durchsuchungen Mitte April gemeinsam mit Europol und dem Bundeskriminalamt waren in fünf Ländern, vor allem im Westbalkan, 12 Callcenter zerschlagen und 21 Personen festgenommen worden. 16 kamen im Ausland in Untersuchungshaft. Neun Beschuldigte sollen Callcenter-Betreiber sein.
Umsichtiger Bankangestellter war entscheidend
Die Ermittlungen ins Rollen gebracht hatte ein umsichtiger Bankangestellter. Ein Betrüger hatte im vergangenen Jahr als angeblicher Polizist eine 76-jährige Frau aus Freiburg angerufen, um an ihr Geld zu kommen. Als die Dame 120.000 Euro von ihrem Girokonto abheben wollte, habe der Bankberater die Polizei informiert.
Die internetbasierte Nummer des Betrügers stellte sich für die Ermittler als Goldgrube heraus, sie führte zu einem riesigen Callcenter-Netzwerk. Das LKA Baden-Württemberg richtete eine Ermittlungsgruppe mit dem Namen "Pandora" ein, in die auch die Polizei aus Bayern, Sachsen und Berlin eingebunden war.
Die Ermittlungen werden vom Cybercrime-Zentrum in Karlsruhe geführt. Das Zentrum hatte zum 1. Januar 2024 seine Arbeit an der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe aufgenommen. Es ist landesweit zuständig für ermittlungstechnisch besonders anspruchsvolle Verfahren des Cybercrime - also für Straftaten, die sich gegen informationstechnische Systeme richten oder mit Computer- und Informationstechnik durchgeführt werden. © Deutsche Presse-Agentur
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.