Potsdam - Nach monatelangen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den Potsdamer Oberbürgermeister wegen der Annahme kostenloser Sport- und Kultur-Tickets eingestellt.
Der SPD-Politiker Mike Schubert muss Geldauflagen von 20.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung und 14.046 Euro an die Landeskasse zahlen, wie die Staatsanwaltschaft Neuruppin mitteilte.
Ein Gerichtsverfahren wird es somit nicht geben. Oberbürgermeister Schubert ist nicht vorbestraft. Seit April ermittelte die Korruptionsabteilung wegen des Verdachts der Vorteilsannahme gegen Schubert, der Jahre lang kostenlose VIP-Tickets vor allem von Sportvereinen erhielt.
OB: Zustimmung zur Verfahrenseinstellung nicht leicht gefallen
Der Rathauschef akzeptierte die Einstellung des Ermittlungsverfahrens. Allerdings sei ihm die Zustimmung nicht leicht gefallen, teilte Schubert mit. Er wolle aber seine Familie, Freunde und viele in seiner Partei nicht durch einen öffentlichen Prozess weiter belasten. Er wolle auch verhindern, dass der Potsdamer Sport und die Kultur Schaden nähmen, so Schubert. Es hätte aber viel dafür gesprochen, die aufgeworfenen Rechtsfragen - etwa bezüglich der Repräsentationsaufgaben - in einer öffentlichen Hauptverhandlung klären zu lassen.
Staatsanwaltschaft: Keine schwerwiegende Schuld
Die Staatsanwaltschaft teilte zur Begründung der Verfahrenseinstellung mit, dass zwar ein hinreichender Tatverdacht wegen Vorteilsannahme in 67 Fällen bestehe, die Schuld im Falle einer Verurteilung aber als "noch nicht schwerwiegend" zu bewerten sei.
Der Rathauschef bestritt stets, korrupt zu sein, räumte aber ein, sich angreifbar gemacht zu haben. Der SPD-Politiker ist seit 2018 Potsdams Oberbürgermeister.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er seit 2019 immer wieder auf Einladung Heimspiele vor allem von drei Potsdamer Sportvereinen kostenlos in den VIP-Bereichen besuchte und dabei häufig von seiner Ehefrau begleitet wurde. Er habe Spiele ohne konkrete repräsentative Aufgaben unentgeltlich besucht.
64 Besuche bei Sportvereinen und drei Theater-Premieren
Als strafbar wegen Vorteilsannahme seien 64 Spielbesuche von Sportvereinen im Zeitraum von fünf Jahren - von 2019 bis 2024 - bewertet worden, so die Staatsanwaltschaft. Der Wert dafür beträgt demnach 13.946 Euro. Zudem bestand wegen drei Premieren-Besuchen im Hans-Otto-Theater in Potsdam der Verdacht der Vorteilsannahme. Es ging hier laut Staatsanwaltschaft um insgesamt rund 100 Euro.
"Die großzügige Einladungspraxis der Vereine dürfte auf deren Willen zurückzuführen gewesen sein, das Wohlwollen der Verwaltungsspitze der Landeshauptstadt Potsdam zu bekommen (...), da die Vereine von Fördermitteln und der Bereitstellung von Spielstätten durch die Stadt abhängig waren", hieß es von der Staatsanwaltschaft. Ermittlungen gegen Verantwortliche von einladenden Sportvereinen dauern noch an.
Staatsanwaltschaft: Schubert wirkte aktiv an Aufklärung mit
Die Behörde sieht es als schuldmindernd an, dass Schubert in außergewöhnlichem Maße aktiv an der Aufklärung mitgewirkt habe. Er habe auch nicht versucht, den Umgang mit Einladungen zu verschleiern.
Als Folge der Ticket-Affäre will Schubert nun schärfere Regeln für Einladungen einführen und diese stets von der Stadtverordnetenversammlung genehmigen lassen. Bis zur Entscheidung über neue Regeln, die frühestens in der Sitzung des Stadtparlaments am 22. Januar erfolgen kann, will er keine Repräsentationstermine mehr wahrnehmen, wie die Stadt kürzlich ankündigte.
Schubert entschuldigt sich für "mangelnde Sensibilität"
Schubert bedauerte, dass er bei seinem Amtsantritt 2018 die - Jahrzehnte übliche - Praxis im Umgang mit Einladungen nicht kritisch hinterfragt habe. Er habe von 2019 bis 2023 versucht, so viele Termine wie möglich zu absolvieren, um Veranstaltern und Vereinen die Wertschätzung der Stadt für ihr Engagement zu zeigen. Schubert entschuldigte sich bei "denen, die durch meine mangelnde Sensibilität in Mitleidenschaft gezogen wurden". © Deutsche Presse-Agentur
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