Lieferengpässe: Die Nachfrage nach Brennholz übersteigt mancherorts im Taunus das Angebot. Förster warnen vor einer Überforderung der Wälder.
Die hohe Nachfrage nach Brennholz übersteigt in Teilen des Rheingau-Taunus-Kreises das Angebot und führt zu Lieferengpässen. Die Stadt Taunusstein hat massive Probleme, den Bestellungen ihrer Bürger nachzukommen, und kauft daher bei anderen Städten im Landkreis ein. In Heidenrod, der waldreichsten Gemeinde in Hessen, liegen die Bestellungen an der Kapazitätsgrenze, und Förster warnen vor einer Überforderung des Waldes, der noch immer unter den Dürrejahren leidet.
"Wir sind bei der Bestellmenge absolut an der Kapazitätsgrenze", sagt der Heidenroder Bürgermeister Volker Diefenbach (SPD) und berichtet, dass die Nachfrage höher sei als das Angebot. Es gelinge der Gemeinde nur noch gerade so, das bestellte Holz zu liefern. Im Gespräch sagt Diefenbach weiter, dass Brennholz zwar ein nachwachsender Rohstoff sei, aber: "Uns muss klar sein, wir können nicht alle mit Holz heizen."
In diesem Jahr wurden in der kleinen Gemeinde rund 3500 Festmeter bestellt. Der Bürgermeister moniert, dass die Industrie zu wenig Holz erhalte. Zudem sei der Marktpreis höher als der politisch festgelegte Preis für Brennholz, den die Bürger im Rheingau-Taunus-Kreis bezahlen müssen.
"Aufpassen, dass wir unsere Wälder nicht überlasten"
In Taunusstein, der größten Stadt des Kreises, hat die hohe Nachfrage nach Brennholz zu massiver Verärgerung zahlreicher Bürger geführt. Etwa ein Jahr nachdem die Taunussteiner ihr Holz bestellt hatten, bekamen sie von der Stadt die Nachricht, dass es in diesem Jahr "aufgrund der Trockenheit und vieler Schadholzereignisse" nicht gelingen werde, "Brennholz in der bestellten Menge in Gänze bereitzustellen". Albert Breitsch, der bei der Stadt für den Stadtwald zuständig ist, bestätigt auf Anfrage: "Wir haben in Taunusstein in diesem Jahr mit 2200 Festmetern eine ungeheuer große Bestellmenge für Brennholz."
Auf die Frage, warum es etwa ein Jahr gedauert hat, bis die Situation deutlich wurde, antwortet Breitsch: "Wir werden momentan von unseren Förstern ein bisschen schleppend beliefert." Zudem weist er auf Beschlüsse der Taunussteiner Politik hin, wonach der Einschlag etwa für die Buche reduziert worden sei. "Das ist einer der Gründe, weshalb wir weniger Buche anbieten können", sagt Breitsch und verdeutlicht: "Eigentlich liegt es daran, dass wir viel zu große Bestellmengen haben."
In den Jahren vor 2023 wurden in Taunusstein im Schnitt knapp 1000 Festmeter Holz bestellt, im vergangenen Jahr waren es aufgrund der gestiegenen Energiepreise etwa 3500 Festmeter. "Wir müssen aufpassen, dass wir unsere Wälder nicht überlasten", warnt Breitsch und geht davon aus, dass die bestellte Holzmenge nicht aus den Taunussteiner Wäldern gedeckt werden kann. Um die Nachfrage möglichst zu decken, hat die Stadt aus Oestrich-Winkel Buche zugekauft. Zudem hat Taunusstein die zulässige Bestellmenge pro Haushalt von 15 auf zehn Festmeter reduziert.
Der Forst- und Holzkontor Rheingau-Taunus übernimmt die Vermarktung des Brennholzes für die meisten Kommunen im Rheingau-Taunus-Kreis. In der Folge rufen verunsicherte Brennholzbesteller bei den Mitarbeitern des Kontors an, um nach ihrem Holz zu fragen, wie Geschäftsführer Sebastian Ochs bestätigt. "Wir können nur das Holz abgeben, das wir selbst zuvor geliefert bekommen haben", erläutert Ochs und verweist auf die Forstämter Rüdesheim, Bad Schwalbach und Chausseehaus, die wiederum als Dienstleister für die Kommunen fungieren.
Die eigentliche Aufgabe des Holzkontors sei die Vermarktung von Holz für die Industrie, gibt Ochs zu bedenken. Es sei zudem eine politische Frage, ob und wie viel Brennholz an die Bürger zum Heizen verkauft werde oder ob die Industrie Vorrang genieße.
In den vergangenen Jahren zu viele Bäume gefällt
Für den Wald der Städte Taunusstein, Idstein, Niedernhausen und der Gemeinde Waldems ist das Forstamt Wiesbaden-Chausseehaus zuständig. Leiter Jannik Altpeter stellt klar: "Wir schlagen nur so viel ein, wie nachhaltig nutzbar ist. Das, was in den vergangenen Jahren im Wald geschehen ist, hat natürlich dazu geführt, dass diese nachhaltige Nutzungsmenge zurückgeht."
In Anbetracht der Waldschäden sei in den vergangenen Jahren zu viel Holz eingeschlagen worden. "Das gleichen wir derzeit aus, indem wir weniger Holz aus dem Wald holen", berichtet er und fügt an: "Wir werden den Wald nicht plündern, um den Brennholzbedarf zu erfüllen, sondern wir werden nur so viel Holz den Leuten anbieten können, wie unser Wald nachhaltig liefert."
Altpeter geht davon aus, dass es Jahrzehnte dauern wird, den Wald wieder so aufzuforsten, wie er noch vor fünf Jahren ausgesehen hat. Daher sei es derzeit nicht möglich, die konstant hohe Nachfrage so zu bedienen, wie das Sägewerke, Brennholzkäufer und andere Holznutzer in vergangenen Jahren gewohnt gewesen seien.
Das bestätigt auch Jan Stetter, Leiter des Forstamtes Rüdesheim, das für den Rheingau zuständig ist. "Wir haben in den vergangenen Jahren mehr eingeschlagen, als nachgewachsen ist", sagt er und weist darauf hin, dass viele Kommunen daher die Hiebsätze in ihren Wäldern reduziert haben.
Grundsätzlich befürworte er, Holz als nachwachsenden Rohstoff regional zur Verfügung zu stellen. Gleichwohl müsse die Holznutzung dem Waldzustand angepasst werden. "Wir müssen schauen, was wir nachhaltig und ohne Schäden anzurichten, entnehmen können. Pauschal zu sagen, wir nutzen gar nichts mehr, das ist zu flach", sagt Stetter.
Er geht zwar davon aus, dass das Forstamt Rüdesheim auch zukünftig die durchschnittliche Brennholzmenge der vergangenen Jahre dauerhaft liefern könne, schränkt jedoch ein: "Wenn jetzt aber jeder zehn Raummeter Brennholz kaufen möchte, dann laufen wir gegen die Grenze. Das wird nicht gehen."
Die Stadt Taunusstein will ihr Holzproblem jetzt angehen und nächstes Jahr im Frühjahr einen Runden Tisch zum Thema Wald ins Leben rufen. Bei den Gesprächen soll es unter anderem darum gehen, in welchem Umfang künftig Holz aus dem Stadtwald eingeschlagen wird. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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