Kein zurück nach Wiesbaden: Seit 2021 ist Sabine Groß Bürgermeisterin von Offenbach. Die Grünen-Frau hat einiges bewegt und noch viel vor. Zurück in die Landespolitik will sie nicht – in Offenbach ist sie den Menschen näher.

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Dass sich in der Offenbacher Stadtverordnetenversammlung keine Mehrheit für die seit einem Jahr testweise eingerichtete Radspur auf der viel befahrenen Waldstraße gefunden hat, kann Sabine Groß nicht freuen. Augenscheinlich bleibt die Mobilitätsdezernentin von den Grünen aber gelassen, wenn man die Fahrradspur anspricht, die wieder verschwindet. Sie weiß, dass die Verkehrswende wie die Kommunalpolitik überhaupt viel Geduld braucht und Rückschläge nicht ausbleiben.

Das wusste Groß auch schon vor sechs Jahren, als die in Offenbach geborene Juristin einen ungewöhnlichen Weg wählte und eine Spitzenposition im hessischen Wirtschaftsministerium aufgab, um Sozialdezernentin in Offenbach zu werden. Drei Jahre darauf wurde sie auch Bürgermeisterin, löste den Christdemokraten Peter Freier ab, der wiederum diesen Posten von Peter Schneider (Die Grünen) übernommen hatte.

Kinder und Eltern in Brennpunkt unterstützen

Quasi zur Halbzeit als Bürgermeisterin und Vertreterin von Oberbürgermeister Felix Schwenke (SPD) zeichnen sich bei den Grünen im Landtag Veränderungen ab, die auch die Phantasie von Groß anregen könnten. Wenn etwa ihr früherer Chef, Parteifreund und ehemaliger hessischer Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir tatsächlich aus dem Landtag in den Bundestag wechselte, stünden die Chancen für eine Frau aus Offenbach womöglich nicht schlecht. Noch dazu für eine Juristin, die als Dezernentin und ehemalige Abteilungsleiterin für Bundesratsangelegenheiten und EU-Koordination im Wirtschaftsministerium über erhebliche Sachkunde verfügt. Danach gefragt, lächelt Groß und antwortet knapp: "Nein, ich bleibe lieber hier."

Sie habe sich so entschieden, um wieder näher an den Menschen zu arbeiten. Dazu passt, dass sie auf die Frage nach dem, was sie in der Stadt an Wichtigem erreicht hat, das Kinder-, Jugend- und Familienzentrum in Lauterborn nennt, das die Stadt zehn Millionen Euro gekostet hat. Der Stadtteil im Südwesten Offenbachs gilt als Brennpunkt, der Anteil der Bürgergeldbezieher ist höher als anderswo, der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund auch. Um so wichtiger sei es, Kinder und Eltern zu unterstützen, sagt Groß.

Spracherwerb ist entscheidend, deshalb ist die Stadt auch eingesprungen, als der Bund sich aus der Sprachförderung in Kitas verabschiedet hat, wie Groß ausführt, die nicht nur für Mobilität und Umwelt zuständig ist, sondern auch für die städtischen Kitas. Inzwischen finanziere das Land die Sprachförderung. Um den Kindern zu helfen, müsse man aber immer auch Eltern im Blick haben, denn diese müssten wissen, wo sie welche Hilfe bekommen, sagt Groß.

Offenbach wirbt intensiv um Kita-Kräfte

Im Grunde sind in Offenbach die Voraussetzungen geschaffen, um rechnerisch 8200 Betreuungsplätze für Kita-Kinder anzubieten, sagte unlängst Jugendamtsleiter Roberto Priore, der auch Betriebsleiter der städtischen Kitas ist. Vergeben waren zuletzt aber nur rund 6700. Auch hier sei der Fachkräftemangel das eigentliche Hindernis, sagt Groß. Daher werbe die Stadt intensiv um Kita-Kräfte. Untersuchungen zeigten, dass Offenbach als schnell wachsende Stadt ein großes Potential habe. Zu heben sei das aber nur, wenn es gelinge, auch die Kinder aus armen Familien zu fördern.

Obwohl die Haushaltslage Offenbachs den Ausbau der Elektrobusflotte und des Nahverkehrs insgesamt zeitweise gebremst hat, ist die Mobilitätsdezernentin mit dem aktuellen Angebot zufrieden. Ein klimafreundlicher Nahverkehr ist für sie Teil der großen Aufgabe, vor der auch Offenbach stehe: Der CO2-Ausstoß müsse weiter sinken, mit Begrünung und Entsiegelung müsse man dafür sorgen, dass sich die Stadt im Sommer nicht immer stärker aufheize.

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Es geht Groß darum, die Stadt auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten. Dazu gehöre auch, das Schwammstadt-Prinzip zu realisieren. Was etwa bedeutet, Niederschläge aufzufangen und zur Bewässerung zu nutzen anstatt das Lebensmittel Trinkwasser.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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