Grüne in Hessen: Die Grünen in Hessen wollen nun alle Kraft in den bevorstehenden Wahlkampf lenken. Die Affäre um Auslandsreisen stört dabei, selbst die Parteibasis will darüber auf dem Parteitag in Marburg nicht mehr diskutieren.

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In der Affäre um die umstrittenen Auslandsreisen des noch amtierenden Ko-Vorsitzenden der hessischen Grünen, Andreas Ewald, haben die Mitglieder der Partei vorerst kaum Redebedarf. Auf ihrem Parteitag an diesem Wochenende in Marburg stand das Thema zwar auf der Tagesordnung, aber es wurde deutlich, dass sich die Mehrheit jetzt auf die Bundestagswahl konzentrieren möchte.

Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Vorwürfen, bei denen es sich um illegale Parteispenden handeln könnte, fand nur am Rande statt. Stattdessen beschworen zahlreiche Redner die Partei, sich wenige Wochen vor den Wahlen nicht spalten zu lassen. Ein Antrag, der Aufklärung, aber auch Ruhe zum Thema verspricht, wurde mit großer Mehrheit angenommen.

Die Grünen hatten am Samstag bereits stundenlang ihre Landesliste für Wahl zusammengewählt, als die zuvor gekürte Spitzenkandidatin Anna Lührmann gegen 20 Uhr am Abend den Antrag einbrachte. Von den zuvor etwa 1100 anwesenden Mitgliedern waren da noch rund 250 im Marburger Lokschuppen, zu denen Lührmann sagte: "Die Debatte ist nicht gut gelaufen und hat auch nach mehrfacher Klärung mit der Bundestagsverwaltung Spuren hinterlassen."

Kein Wort zur Sache

Der Landesvorstand sei zurückgetreten, um Schaden vom Landesverband abzuwenden. "Es ist klar, wir wollen nicht zwei Mal mit demselben Kopf gegen die selbe Wand laufen", sagte Lührmann. Nun stehe jedoch der Bundestagswahlkampf im Fokus und es sei wichtig, dass die Grünen sich nicht "selbst ein Bein stellen". Zur Sache selbst äußerte sie sich nicht.

Der Antrag fordert, dass der Parteivorstand in den kommenden Wochen für Gespräche bereitsteht, um "Transparenz" zu schaffen. Zudem sollen sich der Landesfinanzrat und der Bundesfinanzrat mit der Sachlage beschäftigen und darüber beraten, ob und welche neuen Regeln sich die Grünen für die Teilnahme an Einladungsreisen ins Ausland geben müssen.

In der anschließenden Diskussion war kaum Kritik am Landesvorstand oder an Ewald zu hören. Dabei geht es bei den Vorwürfen darum, dass Ewald auf Einladung einer israelischen Lobby-Organisation und der US-Regierung an von diesen finanzierten Reisen teilgenommen und diese als Privatreisen deklariert hat. Damit, so der im Raum stehende Verdacht, könnten die hessischen Grünen die Bundestagsverwaltung als Prüfinstanz für Parteispenden, getäuscht haben.

Aus Ärger über die Vorgänge und die Reaktion ihrer Partei ist die Ko-Vorsitzende der Grünen, Kathrin Anders, überraschend zurückgetreten, wenig später hat der gesamte Landesvorstand, also auch Ewald, seinen Rückzug erklärt, er soll aber erst nach der Bundestagswahl vollzogen werden.

Manche sehen eine Kampagne gegen die Grünen

Die Vorsitzende der Grünen Jugend in Hessen, Senem Bozdag, lobte, der Landesvorstand öffne mit dem Antrag den Weg für einen Neuanfang. Es sei aber feige, anonyme Schreiben zu verfassen, fügte sie an, ohne das weiter zu erläutern. Pilar Butte erklärte, der Landesvorstand habe sich bereits größte Mühe gegeben, für Transparenz in der Sache zu sorgen. Es gebe gleichwohl noch offene Fragen.

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Christoph Sippel beschwor die Gemeinsamkeit der Partei und Hildegard Förster-Heldmann forderte: "Wir dürfen uns nicht von Kampagnen entzweien lassen, die gegen uns geführt werden." Ein Neumitglied der Partei, Regina Wiegand, sah das anders. Sie erst seit Anfang Dezember dabei, aber "das, was letzte Woche passiert ist, hat mich fast dazu bewegt, aus der Partei wieder auszutreten."  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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