Deutsche Bank: Wenn die Deutsche Bank ihre Filiale am Frankfurter Roßmarkt schließt, geht eine Ära zu Ende. Das Gebäude war einst Hauptsitz des Unternehmens.
Sogar die Beschäftigten legten Hand an, als das Bankgebäude am Roßmarkt 18 in Frankfurt nach dem Krieg wieder aufgebaut werden musste. Als alles fertig war, so schrieb es die F.A.Z. im August 1950, seien die Angestellten stolz auf das gewesen, was sie geleistet hatten. Schließlich war das Haus im Krieg "aufs Schwerste getroffen und bis in die Kellerräume zerstört worden", sodass der Wiederaufbau beinahe einem Neubau glich. Aber die Arbeit sollte sich gelohnt haben, schließlich war das prunkvolle Gebäude am Frankfurter Roßmarkt in den folgenden Jahren zwischenzeitlich der Hauptsitz der Deutschen Bank.
In wenigen Tagen geht die Geschichte der Deutschen Bank am Roßmarkt nach 120 Jahren zu Ende: Wie der Dax-Konzern am Montag mitteilte, wird der Standort, der eine Filiale und Geschäftsräume beherbergt, in Kürze geschlossen und aufgegeben. Künftig werden die Kunden direkt in den Zwillingstürmen der Deutschen Bank an der Taunusanlage betreut. Dort wird eine neue Filiale eingerichtet, geöffnet ist sie bereits, bis Ende Januar soll die Neugestaltung abgeschlossen sein.
Im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört
Die Geschichte des Standorts Roßmarkt 18 ist eng mit der Entwicklung der Deutschen Bank verbunden und spiegelt eine bewegte Historie wider, die auch in früheren Artikeln der F.A.Z. nachzulesen ist. 1904 wurde das Gebäude für 1,6 Millionen Mark für die Disconto-Gesellschaft errichtet, die damals als größter Wettbewerber der Deutschen Bank galt. Weil die Disconto-Gesellschaft aber 1929 in der Wirtschaftskrise in Schwierigkeiten geriet, übernahm die Deutsche Bank das Unternehmen und damit auch den großzügigen Bau am Roßmarkt 18, der 1944 im Zweiten Weltkrieg bei einem Bombeneinschlag allerdings zu 90 Prozent zerstört wurde – nur die Tresoranlage soll intakt geblieben sein.
Nach dem Wiederaufbau, der schon 1947 begann, war das Gebäude die Zentrale der "Hessischen Bank". Die Deutsche Bank war von den Alliierten nach Kriegsende nämlich in zehn kleinere Institute aufgeteilt worden, die "Hessische Bank" war eines davon. 1952 schrumpfte die Zahl dieser Institute auf drei, die unter anderem für Hessen zuständige Süddeutsche Bank residierte ebenfalls am Roßmarkt. Erst 1957 schlossen sich die drei Unternehmen wieder zur Deutschen Bank zusammen, die nun ihren juristischen Sitz in Frankfurt hatte.
Ort wegweisender Entscheidungen
Der Roßmarkt 18 war seinerzeit die Zentrale des Unternehmens und damit Keimzelle der Entwicklung der Deutschen Bank in Frankfurt. In diese Zeit fielen wegweisende Entscheidungen, etwa jene, in das "Geschäft für jedermann" einzusteigen und Kleinkredite zu vergeben. In den folgenden Jahren breitete sich die Zentrale der wachsenden Bank in mehreren Etappen in Richtung Junghofstraße und Große Gallusstraße aus, 1962 löste die Junghofstraße das Haus am Roßmarkt als offizielle Zentrale ab. Mitte der Achtzigerjahre entstanden die Zwillingstürme an der Taunusanlage, der heutige Hauptsitz.
Als Standort einer Filiale aber wurde der Roßmarkt weiterbetrieben, bis heute, zudem war es viele Jahre auch Sitz der regionalen Geschäftsleitung. Allerdings entschied die Deutsche Bank 2015, sich von dem historischen Gebäude zu trennen, der Konzern verkaufte das Haus mit seinen 18.500 Quadratmeter Fläche, wie es hieß, für einen zweistelligen Millionenbetrag, an die ABG Real Estate Group. Zugleich mietete sie das Haus wieder zurück, der Mietvertrag endet 2025. Derzeit sind noch 70 Mitarbeiter des Unternehmens dort tätig.
Frankfurter Saal und Präsidentenzimmer
Seinen besonderen Charme hat das Bankhaus in all den Jahren behalten, die Gäste gelangen über ein breites Treppenhaus in die oberen Stockwerke, und der Frankfurter Saal wie auch das Präsidentenzimmer sind bis heute so etwas wie der repräsentative Mittelpunkt des Gebäudes geblieben: mit historischen Holzvertäfelungen und mächtigen Sesseln, die den Geist der früheren Bankjahre atmen.
Hermann Josef Abs, einer der legendären Bankiers des Unternehmens in der Nachkriegszeit, verrichtete im Präsidentenzimmer einige Jahre seinen Dienst, auch der Vorstand der Deutschen Bank tagte dort. Die Vertreter der großen Filialen, so ist es im Archiv der F.A.Z. beschrieben, hätten seinerzeit bevorzugte Plätze an dem langen Tisch gehabt, die der kleineren Filialen mussten sich mit den Stühlen in der zweiten Reihe zufriedengeben.
Die Kunden der Bank müssen künftig in die neue Filiale in den Zwillingstürmen gehen, die sich im linken Gebäude über drei Etagen erstrecken soll, wie die Deutsche Bank wirbt. Dort wird es auch eine Schließfachanlage geben. Geplant ist, die Bankfiliale am Roßmarkt am 24. Januar endgültig zu schließen. Die Deutsche Bank wird dann nur noch über fünf Filialen in Frankfurt verfügen, die Postbank als Tochter betreibt in der Stadt noch sechs Standorte.
Die ABG Real Estate Group will von 2026 an das denkmalgeschützte Gebäude am Roßmarkt komplett erneuern, der Umbau soll bis 2029 abgeschlossen sein, heißt es. Die Fassade also wird von den Veränderungen ausgenommen sein. Gut so. Schon 1950 schrieb die F.A.Z., das Haus Nummer 18 verleihe dem Roßmarkt seine charakteristische Note. Daran hat sich bis heute nichts verändert. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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