Videoüberwachung mit KI: Hessen will künftig Videoüberwachung mit Künstlicher Intelligenz einsetzen. Damit könnte das Bundesland Maßstäbe setzen, denen vor allem der Bund nun folgen muss.

Mehr News aus Hessen finden Sie hier

In "unsicheren" Zeiten hat es Konjunktur, wenn nach stärkeren Überwachungsinstrumenten gerufen wird. Mehr Videoüberwachung, Vorratsdatenspeicherung, die Möglichkeit einer Analysesoftware, die innerhalb kürzester Zeit anzeigen kann, welcher Verdächtige sich an welchem Ort aufgehalten hat und mit wem. Datenschützer schlagen schon seit Jahren Alarm und fragen, wo diese Entwicklung noch hinführen soll. Doch auch sie müssen einsehen, dass sich die Zeiten geändert haben und dass es nichts mit Willkür zu tun hat, wenn die Sicherheitsbehörden nach stärkeren Befugnissen rufen. Wer, wenn nicht sie, hat vor Augen, wie groß inzwischen die Gefahr von terroristischen Anschlägen ist, von denen es inzwischen auch in Deutschland einige gegeben hat. Ebenso besorgniserregend sind die Gewalttaten, die zunehmend im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität bestehen, oder auch von internationalen Banden ausgehen.

In der Diskussion, die seit Jahren zwischen Verfechtern der beiden Güter Datenschutz auf der einen Seite und Gefahrenabwehr auf der anderen Seite geführt wird, darf nicht vergessen werden, dass sich die Freiheit einer Gesellschaft immer schon auch daran festgemacht hat, wie hoch der Schutz ist, den der Staat den Menschen gewährt. Jemand, der ein schweres Gewaltverbrechen miterlebt, wird sich womöglich nie wieder "frei" fühlen in dem Sinne, dass er unbeschwert am Leben teilnehmen kann. Nicht umsonst stellen Opfer und Angehörige solcher Straftaten immer die gleiche Frage: Warum hat der Staat sie nicht schützen können?

Die Antwort kann keine Polizei geben. Sie muss politisch herbeigeführt werden. Insofern ist die Initiative, über eine Novellierung des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung nun auch die Videoüberwachung durch KI-basierte Elemente und eine automatisierte Gesichtserkennung auszuweiten, ein wichtiger Schritt. Andere Staaten nutzen intelligente Kamerasysteme schon seit Langem. Deutschland, das sich unter der alten Ampelregierung wider besseres Wissen nicht einmal zur Vorratsdatenspeicherung in moderatem Maße durchringen konnte, hinkt auch bei diesem Thema weit hinterher.

Interessieren Sie die Artikel der F.A.Z.?
Uneingeschränkter Zugriff auf diesen und alle weiteren zahlungspflichtigen F+ Inhalte auf FAZ.NET. Jetzt Abo abschließen.

Insofern könnte Hessen nun zum Vorreiter werden. Die Rolle stünde dem Bundesland gut an, nachdem es auch schon mit anderen Instrumentarien vorgelegt hat. So ist es etwa mit seiner eigenen Analyseplattform für die Ermittlung schwerer Straftaten an dem Standard, den der Bund zu bieten hat, vorbeigezogen. Man würde sich wünschen, dass das einer neuen Bundesregierung zu denken gibt.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.