Interwhisky in Wiesbaden: Kostproben gibt es auf der Messe Interwhisky im Wiesbadener Kurhaus reichlich.

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Bei den neuen deutschen Sorten spielt die Schlussreifung in speziellen Fässern die entscheidende Rolle.

Als die beiden Freunde sich durch das Whisky-Regal in der Stammkneipe getrunken hatten, ist ihnen die Idee gekommen: Warum nicht einfach selbst Whisky herstellen? Naheliegend war das nicht, denn die Heimatstadt der beiden Freunde, Dresden, kann nicht auf eine Tradition der Whiskyherstellung zurückblicken. Dennoch fingen die beiden Gründer Frank Leichsenring und Thomas Michalski an, mit dem Brand zu experimentieren.

So zumindest erzählt es ihr Mitarbeiter Rainer Kern, der die Flaschen der "Dresdner Whisky Manufaktur" auf der Messe Interwhisky im Wiesbadener Kurhaus präsentiert. Dort sind am Wochenende Hersteller und Händler zusammengekommen, um den Gerstenbrand zu präsentieren.

Bevor die beiden Dresdner selbst destilliert haben, bezogen sie "Rohwhisky" aus Schottland, der dort schon fünf Jahre in ehemaligen Bourbon-Fässern verbracht hatte. Was die beiden Freunde diesem als eigenen Beitrag zugaben, war die weitere Reifung in Fässern. Dafür wählten sie Holz aus, in dem vorher Sherry oder Portwein sein Aroma hinterlassen hatte.

Dresdner Whisky aus dem Weinfass

Wegen des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union und der Corona-Pandemie war der Nachschub aus Schottland auf einmal schwierig zu beschaffen – und die beiden Dresdner entschlossen sich, unter der Marke "Hellinger 42" nun auch selbst zu brennen.

Dafür schafften sie zwei je 5000 Liter fassende Brennblasen an. Den Whisky, der darin entstand, gibt es im Kurhaus aber nicht zu kosten, er muss erst reifen, bevor er im nächsten Jahr abgefüllt wird. Trotzdem gibt es am Stand viele verschiedene Sorten zu probieren, zum Beispiel in Weinfässern gelagerten Brand. Dieser Whisky schmeckt schlank und gradlinig, das Weinaroma macht sich im Nachgeschmack bemerkbar.

Auf der Messe in drei Sälen des Kurhauses sind Hersteller aus aller Welt präsent. Neben dem alten Adel der Whiskywelt, den großen Namen aus Schottland, haben Flaschen aus Japan, Irland und Kanada ihren Platz. Viele neue, kleine deutsche Marken sind vertreten, etwa aus dem Schwarzwald und von der Ostseeinsel Rügen. Für die deutschen Hersteller ist der schottische Whisky aus Gerstenmalz zwar ein wichtiges Vorbild, aber keineswegs das Maß aller Dinge.

In Amerika gebrannt, in Bayern unter Gewölbe gereift

Bei Penninger, einer Hausbrennerei im Bayerischen Wald, unterscheidet man sehr genau zwischen "Whisky" und "Whiskey". Schreibt sich die Spirituose nur mit "y", ist es ein Brand aus gemälzter Gerste, in Bayern im Stil des schottischen Klassikers hergestellt. Steht der Name aber mit "ey" auf dem Etikett, handelt es sich um eine Mischung aus Gerste, Mais und Roggen, die von bayerischen Auswanderern im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten vergoren, destilliert und in Eichenfässern gelagert wird – daher die amerikanische Schreibweise.

Im Bayerischen Wald bei Penninger erhält der importierte Brand dann noch seine Schlussreifung, zum Beispiel in Sherryfässern. Für die Abfüllung mit dem Namen "Kirchham Cask" lagert der Whiskey drei Jahre lang in Holzfässern in einem Gewölbekeller, in dem früher Kartoffeln aufbewahrt wurden. Das spezielle Kellerklima gibt dem Brand ein eigentümliches, würziges Aroma mit.

Mehr Freiheit auf dem Kontinent

Auch in der Schweiz experimentiert man mit allerlei Fässern für die Schlussreifung, etwa bei der Appenzeller Brauerei Locher. Vom Brauen ist es nur ein kleiner Schritt zur Produktion von Whisky, schließlich besteht auch Bier aus gemälzter Gerste und muss nur noch destilliert werden.

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Und alte Bierfässer gibt es in einer Brauerei genug, darin lagert der Whisky, wie Timo Lambrecht beim Tasting erläutert. Ansonsten werden Fässer von Rum und Pflaumenbrand verwendet. Solche Experimente wären in Schottland nach den dortigen Regeln nicht erlaubt. Beim Whiskymachen hat der Kontinent mehr Freiheit.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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