Alltag im Gerichtssaal: Im Gerichtssaal geht es um bedrückende Aussagen und abscheuliche Verbrechen. Gerade deshalb sind manche Juristen zu Späßen aufgelegt.

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Der Richter ist richtig fürsorglich. Als alle im Gerichtssaal am Beginn der Verhandlung aufstehen, wie es der Respekt vor der Rechtssprechung verlangt, warnt der Darmstädter Vorsitzende die Zuhörer. Die Stühle im Neubau des Landgerichts sind nämlich Klappsitze, die beim Aufstehen hochklappen. Und erfahrungsgemäß passiert es in jedem Prozess mindestens einmal, wie der Richter sagt, dass einer der Zuhörer beim Hinsetzen nicht mehr daran denkt, den Sitz herunterzuklappen – und hinfällt. Als sich Heiterkeit im Gerichtssaal ausbreitet, lächelt der Jurist milde.

So hat die einfache Menschlichkeit ihren Platz gerade dort, wo Menschen angespannt den Wortbeiträgen der Ankläger und Anwälte folgen, wo es um ernste Straftaten geht, wo die Angeklagten bangen müssen und die Opfer von Straftaten nur hoffen können, dass ihnen Gerechtigkeit widerfährt.

Ironische Bemerkungen als Selbstschutz

Sehr menschlich geht es im Gerichtssaal öfter zu, als man erwartet. Gerade die langjährigen Schwurrichter, die viele Jahre damit verbracht haben, Urteile über abscheuliche Taten zu sprechen, sind bisweilen zu Späßen aufgelegt. Das lockert die Stimmung in den stundenlangen Verhandlungen auf, denn die Zeugenbefragungen ziehen sich oft hin, wenn es für die Zuhörer schon lange nicht mehr spannend ist.

Dabei dient der Humor weniger der Unterhaltung der Zuhörer und mehr dem Selbstschutz der Juristen. Eine Hanauer Landrichterin sagte einmal, im Gerichtssaal mache man Witze, obwohl das, worüber gesprochen wird, so schlimm sei – nein, eigentlich gerade weil das alles so schlimm sei. Anders, das deutete die erfahrene Strafrichterin an, lasse sich das auf die Dauer nicht aushalten.

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Doch nicht nur im Humor hat im Gerichtssaal Menschlichkeit ihren Platz, sondern auch in der Empathie für die Opfer von Straftaten. So zeigt eine Hanauer Schwurgerichtskammer auf dem Bildschirm im Gerichtssaal das Passfoto einer getöteten Frau, bevor die blutigen Aufnahmen ihrer Leiche aus der Rechtsmedizin als Beweismittel präsentiert werden. Die Getötete soll noch einmal als Lebende wahrgenommen werden. So bekommt das Opfer ein Gesicht.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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