Historisches Museum Frankfurt: Von der Postkutsche zur Autostadt: Eine Ausstellung im Historischen Museum in Frankfurt zeigt, wie Verkehrsmittel und -wege die Städte verändern – und was zeitgenössischen Künstlern dazu einfällt.

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Ganz am Anfang der Ausstellung steht eine Laufmaschine: Karl von Drais hat diesen Vorläufer des Fahrrads erfunden, der noch ohne Pedale auskam. 1818 meldete der Erfinder auf seine "Draisine" ein Patent an, mit dem Verkauf von Bauanleitungen für das neuartige Gefährt verdiente er gutes Geld. 15 Kilometer pro Stunde konnte man mit der Laufmaschine von Drais zurücklegen, das war damals ein kaum vorstellbares Tempo, ein Rausch.

Zu gefährlich, viel zu rasant: So urteilten viele Zeitgenossen über die Erfindung. Andere waren fasziniert. Im Frankfurter Historischen Museum ist man heute stolz darauf, eines der wenigen noch existierenden Exemplare der "Draisine" in der Sammlung zu haben. Wie sie dorthin gelangte und wer sie damals erworben hatte, weiß allerdings niemand mehr.

"Bewegung! Frankfurt und die Mobilität" heißt die Schau, in der die Laufmaschine von Drais nun ihren großen Auftritt hat. Sie zeigt am Beispiel der Entwicklung in Frankfurt, wie die Geschwindigkeit, in der wir uns fortbewegen, im Lauf der Zeit immer mehr zugenommen hat. Aus der "Draisine" wurde das Rennrad, aus der Pferdetrambahn die elektrische Straßenbahn und später ein ICE.

Zur Mobilität zählen heute aber natürlich auch die Flugzeuge, die einen in die weite Welt bringen – in einem Tempo, gegen das die 15 Kilometer pro Stunde der Laufmaschine uns schon lange wie ein Witz erscheinen. Doch diese Beschleunigung, auch davon erzählt die Ausstellung, hat den Menschen keine Atempause verschafft. Im Gegenteil: Je schneller die Menschen sich bewegten, umso hektischer wurde auch ihr Alltag.

Solche Entwicklungen zu hinterfragen ist den Kuratoren von "Bewegung! Frankfurt und die Mobilität" gelungen. Im Ausstellungsraum haben sie "Inseln" platziert, die zum Nachdenken anregen: Wie viel Stillstand gibt es in der hypermobilen Welt? Wie nehmen Pendler ihre Wege wahr? Wie sind Mobilität und Klimaschutz besser zu vereinbaren? Wie bewegt sich ein junger, wie ein alter Mensch durch die Stadt? Die Stationen, die zur Reflexion über solche Fragen einladen, sind dabei nie belehrend, sondern lassen mehrere Antworten und Sichtweisen zu.

An einer langen, in einem satten Rotton gestrichenen Wand entlang wird eine Frankfurter Verkehrsgeschichte erzählt. Eine der wichtigsten Rollen bei der Entwicklung der städtischen Mobilität, aber auch weit darüber hinaus, spielte das Aufkommen der Post. Bis heute sind die allermeisten Routen und Wege im Land noch immer von den Strecken geprägt, die die Kaiserliche Reichspost der Familie Thurn und Taxis am Ende des Mittelalters festlegte. Eine Zeit lang hatte das Unternehmen seinen Sitz in Frankfurt.

Berichtet wird in der Schau auch davon, wie das Flanieren in Mode kam – und welchen Einfluss darauf das Entstehen von Parks hatte. Erinnert wird auch an den Bau des Frankfurter Hauptbahnhofs, der 1888 eingeweiht wurde. Und an die Stadtplaner des "Neuen Frankfurts", die von 1925 an nicht nur ein umfangreiches Wohnungsbauprojekt umsetzten, sondern auch den dazugehörigen Nahverkehr konzipierten.

Immer wieder stößt man in der Ausstellung auf Kunst. Vom Städelmuseum konnten die Kuratoren Max Beckmanns bekanntes Gemälde des Frankfurter Hauptbahnhofs ausleihen. Der Maler liebte den wuseligen Bahnhof, vertrieb sich dort die Zeit, seine expressionistische Darstellung entstand aber erst nach seiner Flucht aus Nazi-Deutschland. Im Amsterdamer Exil malte Beckmann 1942 aus dem Gedächtnis die Ansicht des ihn faszinierenden Ortes.

Auch viele zeitgenössische Künstler wurden zu der Ausstellung eingeladen. Von Meike Fischer stammen Dokumentarfotografien eines Protestcamps im Fechenheimer Wald, mit dem gegen ein Autobahnprojekt protestiert wurde.

Die Zeichnerin Katharina "Kamü" Müller befragte Frankfurter dazu, wie sie sich durch ihre Heimatstadt bewegen, und hielt ihre Antworten in einfachen Strichzeichnungen fest. Leif-Erik Schmitt widmet sich einer meist versteckten Form von Mobilität: den Datenströmen. Er fotografiert Orte, an denen digitale Daten gesammelt oder weitergeleitet werden: Rechenzentren oder die Fassade der deutschen Facebook-Zentrale etwa.

Der Hamburger Künstler Jan Kamensky, der sich selbst als "visuellen Utopisten" bezeichnet, schafft Videoanimationen von Städten ohne Autoverkehr. Er hat sich für die Ausstellung mit dem Eschenheimer Tor in der Frankfurter Innenstadt beschäftigt.

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Kamenskys Video zeigt, wie dieser Unort zum dauerverstopften Verkehrsknotenpunkt geworden ist – und wie man ihn aus seiner Sicht umgestalten sollte. Autos und Asphalt sollten weichen, stattdessen wünscht sich der Künstler mehr Grün und Raum für die Menschen. Das mag man kitschig, träumerisch oder aktivistisch nennen – ein wichtiger Denkanstoß bleibt es trotzdem.

Die Ausstellung "Bewegung! Frankfurt und die Mobilität" ist bis zum 14. September 2025 im Historischen Museum Frankfurt zu sehen.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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