Theaterstück "High": Es ist ihre Geschichte: Susanne und Jonathan Schyns spielen im Theaterhaus Frankfurt ein Duett über jugendliche Drogensucht, die Zerreißprobe einer Familie und eine Rettung.

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In unserer Familie passiert doch so etwas nicht. Die Erwachsenen werden sich ertappt fühlen bei diesem Satz. Wenig später wird man nicht anders können als mitzufühlen. Den Schmerz, die Angst, ein Kind für immer zu verlieren, die Fremdheit, obwohl es doch erst ein paar Jahre her ist, dass das Kind mit den Eltern gekuschelt hat. Das böse Erwachen, wenn klar wird: Man hat gedacht, der Sohn geht zum Eislaufen – aber da hat er schon am Mainufer Drogen konsumiert. Irgendwann schreit es aus der Mutter heraus: "Du bist ein Junkie!"

Das ist die eine Seite. Die andere, die man fühlen kann, gehört zu einem ganz normalen Jugendlichen aus einer glücklichen Familie. Mit 13 kommt er bekifft nach Hause, bald kommen Ecstasy und Ketamin dazu, dann Benzos und alles andere. Der Rausch wird zum Normalzustand. Für jede Lage das richtige Mittel, zum Lustigsein, zum endlos Feiern, zum Runterkommen.

Innen ist der Raum psychedelisch bunt

Es war toll, es war schwerelos, das sagt er auch heute. Große Gefühle, irre Phantasien hat er erlebt – und dass man Angst, Depressionen einfach wegbeamen konnte. An vieles, das zwischen seinem 17. und 19. Lebensjahr passiert ist, kann sich Jonathan, heute 21, aber nicht mehr erinnern.

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Das, was er noch weiß, hat er aufgeschrieben, und es ist ein zweites Mal durch seinen Körper gegangen – bewusst. Wahrscheinlich könnte man "High", eine wahre Geschichte, auch durch andere spielen lassen. Doch im Frankfurter Theaterhaus spielen der echte Jonathan und seine echte Mutter. Die Geschichte ist ihre Geschichte. Sie haben sich dafür entschieden, sie zu Theater werden zu lassen. Auch um über gängige Drogen und deren Wirkung aufzuklären. Aber ein dröges Präventionsstück, wie es so viele gibt, ist "High" überhaupt nicht.

Susanne Schyns, langjähriges Ensemblemitglied im Theaterhaus Ensemble, und ihr Sohn transzendieren ihr persönliches Erleben in ein mitreißendes, todtrauriges, hartes und sanftes Duett, das die beiden sprechen, singen und vor allem auch tanzen. Denn durch die Körperarbeit (Leo Kees) und inszeniert von Rob Vriens, der lange Hausregisseur am Theaterhaus gewesen ist, findet die Erzählung buchstäblich zu Körper und Raum, in einem kleinen Bühnenbau, der Schutz, Gefängnis oder die Hotbox sein kann, von der Jonathan, im Ton jugendlicher Heldentaten, berichtet. Schließlich hat er bis zuletzt nicht geglaubt, dass er süchtig ist. Innen ist der Raum psychedelisch bunt wie die Rauschphantasien. Außen ist rohes Holz. Erst als Jonathan beschlossen hat, nicht mehr so sein zu wollen, wie er damals war, ist er wieder bei sich angekommen.

High, Theaterhaus Frankfurt, nächste Vorstellungen 17. bis 19. September um 10 Uhr. Von 13 Jahren an.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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