Frankfurt: Die Schillerschule in Frankfurt hat einen neuen Schulleiter. Michael Haas will das Gymnasium weiterentwickeln. Erste Pläne hat er schon.
Über dem Büro von Michael Haas rumort es im Klassenzimmer. Stühle rücken, Füße trampeln, Dinge fallen zu Boden. Es ist Pause in der Schillerschule. Auf die Geräusche angesprochen, lächelt Haas und sagt: "Ich höre das gar nicht mehr." Ein Schulleiter braucht eben gute Nerven. Wer schon so lange im Schuldienst ist wie er, der hat gelernt, sich auch bei hohem Geräuschpegel zu konzentrieren und Nebensächliches auszublenden.
Seit wenigen Tagen erst leitet Haas das traditionsreiche Gymnasium in Sachsenhausen. 1908 als erstes Frankfurter Mädchengymnasium gegründet, blickt die Schule, in der 1968 mit der Aufnahme des ersten Jungen das Zeitalter der Koedukation anbrach, auf eine stolze Tradition zurück. Haas will sie weiterführen. Seine letzte Station war das neu gegründete Gymnasium Nord, dessen erfolgreichen Aufbau er neun Jahre lang maßgeblich geprägt hat. Als seine Vorgängerin Claudia Wolff vor einem Jahr die Schillerschule verließ und als Amtsleiterin ins Staatliche Schulamt nach Wiesbaden wechselte, reizte es Haas jedoch, noch einmal etwas Neues zu probieren.
Städel und andere Museen als Partner
Der Wechsel war dabei weniger eine Bewegung von etwas fort als vielmehr zu etwas hin: Er sei jeden Tag gerne ins Gymnasium Nord gegangen, sagt Haas. "Es gab keinen Grund, wegzugehen." Aber es gab umgekehrt viele Gründe, die für die Schillerschule sprachen. Das Gymnasium in Sachsenhausen steht in seinen Augen für einen hohen Bildungsanspruch, eine Vielfalt der Schwerpunkte und eine große Offenheit. Die Schule sei sehr vielseitig: Es gebe in allen Fachbereichen Vertiefungsmöglichkeiten, die Schillerschule sei nicht nur auf wenige Schwerpunkte festgelegt. Das Kollegium sei ebenso wie die gesamte Schulgemeinde sehr agil und entwicklungsfreudig: "Es gibt eine hohe Bereitschaft, sich als moderne Schule weiterzuentwickeln."
Die Schillerschule hat in Sachsenhausen viele Partner. Als Profilschule für Bildende Kunst arbeitet sie mit dem Städel und anderen Museen zusammen. Auch der Rudersport auf dem Main wird in Ehren gehalten, insbesondere durch die Kooperation mit dem Ruderverein Germania. Außerdem gibt es ein besonderes naturwissenschaftliches Konzept, das Haas ausbauen und als "MINT-freundliche Schule" zertifizieren möchte. An der Schillerschule wurde das Fach "digitale Welt" eingeführt. In den Gesellschaftswissenschaften werden immer wieder Podiumsdiskussionen und Zeitzeugengespräche organisiert. Und die Fremdsprachen werden durch Austauschprogramme und Auslandsfahrten gefördert.
"Teil einer besonderen Gemeinschaft" sein
Haas hält diese Vielfalt für enorm wichtig, weil viele Schüler erst im Laufe ihres Bildungsweges ihre Talente erkennen und entfalten würden. Weil die Schillerschule nicht nur einen oder zwei, sondern viele Schwerpunkte habe, komme ihnen das vielseitige Angebot zugute. Damit die Schule in der Oberstufe noch weitere Leistungskurse anbieten kann, will Haas die Zahl von derzeit 1200 Schülern vom nächsten Schuljahr 2025/2026 an erhöhen. Statt wie bisher vierzügig zu sein, soll die Schillerschule künftig fünf Klassen je Jahrgangsstufe haben. Für die Eltern bedeutet dies, dass bei der Schulplatzvergabe voraussichtlich mehr Kinder zum Zuge kommen können.
Aber nicht nur das Bildungsangebot an der Schillerschule sei außergewöhnlich. "Man hat das Gefühl, Teil einer besonderen Gemeinschaft zu sein." Wenn Haas sein Büro in der Schillerschule verlässt, blickt er in die Räume der Schulbibliothek. Auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges sieht man hinter großen Fensterscheiben Schüler, die nach Büchern suchen und in Heften stöbern. An der Infotheke schauen zwei Frauen gemeinsam auf den Bildschirm. Es sind Mütter von Schülern, denn an der Schillerschule kümmern sich Eltern um die Schulbibliothek. An dem Gymnasium muss man nach engagierten Eltern nicht lange suchen. Der Förderverein ist sehr aktiv. Es werden sogar zwei Weihnachtskonzerte ausgerichtet, weil die Aula nicht für alle Zuhörer reicht. "Es ist ein sehr schönes Miteinander", sagt Haas.
Turnhalle mit begehbarem Dach
Was wäre das Büro des Schulleiters der Schillerschule ohne ein Porträt des Dichters an der Wand? Wenn Haas vom Schreibtisch aufblickt, schaut er auf ein Schiller-Bildnis, das neben Fotos seiner Kinder hängt. Das ist keine Koketterie, denn Schiller hat ihn durch das Studium begleitet. Als Lehrer für Deutsch, Mathe und Musik sei er auch ein "großer Schiller-Fan". Dessen Schrift "Über die ästhetische Erziehung des Menschen" habe ihn durch die Studientage begleitet.
Aber auch der Sport ist ihm wichtig. Fast jeden Morgen legt er die weite Strecke aus Höchst bis nach Sachsenhausen mit dem Fahrrad zurück. Anders als viele andere Schulen plagen die Schillerschule auch keine baulichen Sorgen. Erst vor wenigen Jahren hat die Schule eine neue, mit golden schimmernden Blechen verkleidete Turnhalle bekommen, deren Dach begehbar ist. Haas findet es besonders, "in einem historischen Schulgebäude mit einzigartigem Flair zu arbeiten, das bereits saniert wurde und so von größeren Renovierungen verschont bleibt". © Frankfurter Allgemeine Zeitung
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.