Länder müssen reagieren: Die Gießener Landrätin hat im Juli einen Beschluss zur möglichen Waffenverbotszone in der Stadt angekündigt. Nun aber steht das Verfahren still. Grund ist eine neue Rechtslage.
Kommt die von der Polizei und der CDU in der Stadt mit Nachdruck geforderte Waffenverbotszone in Teilen Gießens? Landrätin Anita Schneider hatte im Juli im Gespräch mit der F.A.Z. einen Beschluss der Waffenbehörde des Landkreises bis Jahresende in Aussicht gestellt. Seinerzeit lag die Zuständigkeit in dieser Angelegenheit klar beim Landkreis. Doch mittlerweile lässt Schneider offen, ob sie bis Silvester die Frage beantworten kann. Die Frage der Zuständigkeit stelle sich unvermittelt neu.
Der Grund: Weil der Bund für sein Ende Oktober verabschiedetes Sicherheitspaket Teile des Waffenrechts neu gefasst habe, seien ihr die Hände gebunden, sagt die Landrätin. Zuvor habe das Land es den Landkreisen und den kreisfreien Städten mit einer Rechtsverordnung überlassen, über Waffenverbotszonen zu befinden. Seit Ende Oktober fehle eine solche Grundlage. Sie habe sich deshalb an das Innenministerium gewandt und erhoffe sich Klarheit für die Zukunft.
"Niemand muss mit einem Messer durch die Stadt laufen"
Die streitige Diskussion um ein "Für und Wider Waffenverbot" ist nach einer Reihe von Straftaten in Gang gekommen, bei denen Messer zum Einsatz kamen und Menschen schwer verletzt wurden. Immer wieder berichtet die Polizei in der Universitätsstadt an der Lahn über solche Vorfälle. Um ihnen zu begegnen, haben Ordnungspolizisten im September mehrfach Männer und Frauen in der Innenstadt kontrolliert.
Sie fanden bei ihnen – außer Drogen in einer den erlaubten Eigenbedarf übersteigenden Menge – auch sechs Messer und zogen sie ein. Das klingt nicht nach viel. Aber wie sagt der Gießener Polizeichef Torsten Krückemeier: "Niemand muss mit einem Messer durch die Stadt laufen." Und sein Wiesbadener Amtskollege Felix Paschek meint: "Jedes Messer weniger auf der Straße ist ein Stück mehr Sicherheit für uns alle."
In Wiesbaden gibt es schon eine von der Gießener Kriminologieprofessorin Britta Bannenberg auf ihre Wirksamkeit hin untersuchte Waffenverbotszone. Die Forscherin sprach sich dafür aus, die Zone beizubehalten – sie wirke.
Zehn-Punkte-Plan für mehr Sicherheit
Mittlerweile gibt es auch am Bahnhof von Limburg ein Waffenverbot, das anders als im Fall der Weihnachtsmärkte nicht zeitlich begrenzt ist. Es sei leider notwendig geworden, heißt es in der Stadt. Die Waffenverbotszone gehört zum Zehn-Punkte-Plan für mehr Sicherheit im und am Bahnhof und ein besseres Sicherheitsgefühl unter den Menschen in Limburg. Verfügt hat sie der Landkreis aufgrund der alten Rechtslage. Auf derselben Grundlage hat der Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) die ausgeweitete Zone im Bahnhofsviertel angekündigt.
Seinerzeit hatte das Land dies den Landräten und Oberbürgermeistern der kreisfreien Städte in ihren staatlichen Funktionen als Ordnungsbehörden ermöglicht. Und auch künftig soll dies der Fall sein, wie das Innenministerium auf Anfrage mitteilte. Zuvor müssen aber zwei Verordnungen geändert werden, wie es heißt. Zum einen handele es sich um die Delegationsverordnung.
Mit ihr übertrage die Landesregierung die Sache an das Innenministerium. Das Ministerium wiederum überarbeite die auf das Waffengesetz bezogene Durchführungsverordnung. Und zwar mit dem Ziel, die Landräte und die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte wieder zu ermächtigen, Waffenverbotszonen einzurichten.
Dieses Verfahren laufe, und das Innenministerium arbeite mit Hochdruck daran, hob ein Sprecher hervor. Es solle in wenigen Tagen abgeschlossen sein. Ob die neue Regel rechtzeitig im Gießener Kreishaus eintreffen wird, um noch einen Beschluss bis Jahresende zu ermöglichen, steht dahin. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.