Leerstehendes Schulungszentrum: Die Sparkassenakademie in Vockenhausen steht leer, doch die Zukunft des Gebäudes sorgt für Diskussionen. Stadtverordnete und Bürger sind gegen die dichten Bebauungspläne der GWH.
Still thront die Sparkassenakademie über Vockenhausen. Sie ist ein eigenwilliges Gebäude, im Jahr 1979 errichtet, weitläufige Foyers, sechseckige Pavillons, rote Tonfliesen und Kunst am Bau. Bis Ende 2021 diente sie als Schulungszentrum des Sparkassenverbandes Hessen-Thüringen, wurde gut gepflegt, dann sehr plötzlich verlassen. Nun steht sie leer. Das Gelände gehört der GWH Wohnungsgesellschaft Hessen, sie kann mit dem Gebäude wenig anfangen. Das Areal ist für sie vor allem ein wertvoller Bauplatz, auf dem zahlreiche Wohnungen errichtet werden könnten.
Zugegeben, leicht ist die Sparkassenakademie einer neuen Nutzung auch nicht zuzuführen, dazu energetisch schwierig zu sanieren und von schwieriger Raumaufteilung. Doch gegen eine dichte Bebauung oben am Waldrand spricht die verkehrliche Situation im Ortskern von Vockenhausen mit ihren vielen Engstellen, die nicht ganz leicht beseitigt werden können. Und, so hofft mancher in Eppstein, das Gebäude müsste sich einmal ein Fachmann anschauen, denn auch das ist bisher noch nicht geschehen.
Stadtverordnete gegen GWH-Bebauungspläne
Nun haben die Stadtverordneten aller Fraktionen kurz vor Weihnachten in debattenfreier Harmonie eine gemeinsame Erklärung zum Areal der ehemaligen Sparkassenakademie in Vockenhausen beschlossen und sich damit auch gegen die Pläne der GWH ausgesprochen. Man sei sich einig, "dass eine zukünftige Entwicklung des Gebiets einen Mehrwert für Eppstein" erzielen müsse. Die Einbindung der Eppsteiner Bürger sei dabei ein wesentlicher Erfolgsfaktor, weshalb diese städtebauliche Aufgabe in einem Beteiligungsprozess gemeinsam angegangen werden müsse.
"Die Stadtverordnetenversammlung lehnt eine Bebauung des Areals der ehemaligen Sparkassenakademie, wie sie der derzeitige Entwurf der GWH vorsieht, ab", heißt es in der Erklärung weiter. Eine singuläre Nutzung zu Wohnzwecken diene nicht der gesamten Stadt. "Überdies würde der vorgeschlagene Umfang den Charakter des Geländes massiv verändern." Stattdessen setzt sich auch die Stadt für eine Erhaltung des Bestandsgebäudes ein. "Eine mögliche weitere Bebauung sollte sich nach Art und Umfang in die Umgebungsbebauung einfügen."
Von einer reinen Wohnbebauung ist auch bei der GWH schon keine Rede mehr, längst sind Kita, Nahversorger, Praxen, Seniorenwohnen und grünes Klassenzimmer in den Plan eingearbeitet. Aber die Bebauung ist tatsächlich recht dicht. Dazu gibt es die Überlegung, Senioren nicht am steilen Berg unterzubringen, sondern lieber im Ortskern.
Mainzer Architekturstudenten wollen "Anstoß geben"
Das könnte möglich werden, wenn das alte Rathausgebäude abgerissen würde und als modernes Verwaltungszentrum an den Berg zieht – eine Idee, die auch einige der Mainzer Architekturstudenten aufgriffen, die sich derzeit mit der Situation beschäftigen und im Januar weiter beschäftigen werden. "Wir wollen den Anstoß geben, dass es ohne eine Raumplanung nicht geht", sagt Susanne Reiß, Professorin für Städtebau, die die Seminare leitet.
Ob das Gebäude der alten Akademie am Hang für ein Rathaus überhaupt geeignet ist oder auch dafür stark umgebaut und teilweise abgerissen werden muss, ist auch noch nicht klar. Momentan jedenfalls sieht der Flächennutzungsplan ein Sondergebiet für Bildung vor – und keine dichte Wohnbebauung. "Für eine Änderung des bestehenden Bebauungsplans gibt es derzeit keinen Anlass", steht etwas lapidar in der Eppsteiner Erklärung – und wirft einige Fragen auf.
Klarer hingegen wird das Schriftstück, wenn es darum geht, die Verkehrsbelastung mit zu berücksichtigen. Es müssten klare Belastungsgrenzen für die Bevölkerung definiert werden, heißt es, dafür müsse ein Arbeitsformat entwickelt werden, dem Fachleute aus der Verwaltung, Ortsbeiräte, Bürger und unabhängige Experten angehörten. Einen ersten Aufschlag zur Verkehrssituation werden im Januar bereits einige Masterstudenten aus Mainz machen.
Inwieweit die GWH in die Arbeitsgruppen eingebunden werden soll, darüber steht ebenfalls nichts in dem Papier, doch einige Hausaufgaben geben die Stadtverordneten der Wohnungsbaugesellschaft noch mit auf den Weg. Sie habe "mit dem Kauf des Geländes und der Gebäude, der in voller Kenntnis der bestehenden Nutzungsmöglichkeiten erfolgte, nicht nur Eigentum daran erworben, sondern auch Verantwortung übernommen", heißt es. "Sie wird daher aufgefordert, für das Gebäude und das Gelände alle notwendigen Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen zu ergreifen, damit keine negativen Einwirkungen auf das unmittelbare Umfeld erfolgen." Was das genau bedeutet, wäre noch im Detail zu klären. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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