Ein grüner Schwarm lauter Vögel fliegt knapp über den Köpfen von Passanten hinweg – die Halsbandsittiche kehren an ihren Schlafplatz am Maritim-Hotel zurück.

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Etwa 2000 Tiere leben laut Biologe Michael Braun derzeit in Köln; die Population sei im Moment etwas geringer als in den vergangenen Jahren. Die grünen, etwa 40 Zentimeter großen Vögel stammen von entflohenen Käfigtieren ab und haben sich seit Ende der 1960er-Jahre als freilebende Tiere in Deutschland etabliert. Nicht nur in Köln leben sie, sondern den ganzen Rhein entlang. Ursprünglich kommt die Art aus Asien.

Optimales Klima für die exotischen Vögel

Obwohl sie aus deutlich wärmeren Gebieten stammen, haben die Vögel mit dem deutschen Winter kein Problem. "Der Halsbandsittich ist sehr robust und anpassungsfähig", sagt Ornithologe Matthias Overmann. "In den Anfangsjahren wurde noch beobachtet, wie manche Tiere Frostschäden erlitten." Allerdings gebe es am Rhein wenig Frosttage, und die Winter würden immer wärmer. Zudem gebe es Hinweise darauf, dass der Körper und vor allem der Schädel der Vögel größer werde, was den Tieren helfe, sich warmzuhalten. Ein "Winterfell" bekommen sie dagegen nicht.

Doch nicht nur wegen der Wärme leben die Vögel gerne in Großstädten wie Köln – sie sind sogenannte "Kulturfolger": Sie folgen dem Menschen und suchen Ballungsräume auf, denn da gibt es ein gutes Nahrungsangebot. Sie ernähren sich von Samen, Knospen und Baumrinden, aber auch von Meisenknödel, die Menschen aufhängen.

Schutz vor Feinden

Halsbandsittiche halten sich tagsüber in Gruppen von etwa 20 Tieren an Brut- und Nahrungsplätzen auf, abends sammeln sich alle Gruppen an einem Schlafplatz. Sie fliegen hierbei ziemlich tief, um sich vor Fressfeinden zu schützen. Seit einigen Jahren liegt ihr Schlafplatz an der Rheinuferstraße zwischen dem Maritim und dem Schokoladenmuseum. Laut Overmann biete sich dieser Ort für die Tiere an, weil es dort hell und durch den Verkehr warm ist. Das Schlafen in der großen Gruppe sei ein "Urinstinkt" der Tiere; so fühlen sie sich sicher.

Fressfeinde sind der Habicht und der Wanderfalke. Ein anderer "Feind" ist der Alexandersittich, der ebenfalls von Käfigvögeln abstammt. Für Laien sieht er aus wie der Halsbandsittich, ist jedoch größer und hat einen roten Fleck auf der Schulter. Beide Vogelarten konkurrieren um wenige Brutplätze. Laut Michael Braun leben etwa 1000 Alexandersittiche in Köln, doch sie würden mehr und verdrängten den Halsbandsittich zunehmend. "Die Platanen werden vom Alexandersittich übernommen, und der Halsbandsittich zieht sich in Wohngebiete zurück."

Keine Bedrohung für heimische Arten

Der Halsbandsittich ist ein "Neozoen" – eine Tierart, die mithilfe des Menschen in ein Gebiet gewandert ist, in dem sie vorher nicht heimisch war. Allerdings gelten der Halsband- und auch der Alexandersittich nicht als "invasiv". Laut Overmann sei kein negativer Einfluss auf die deutsche Umwelt durch den Halsbandsittich nachweisbar. "Sie verdrängen weder unsere Spechte noch Spatzen. Das sind Behauptungen ohne Datengrundlage", so auch Braun. "Eigentlich arrangieren sie sich sehr gut mit anderen Tierarten."

Verscheuchen löst das Problem nicht

Trotzdem gibt es Probleme beim Zusammenleben mit den Kölnern: Anwohner beschweren sich über Lärm und Dreck, zudem brüten die Vögel immer häufiger in Hausfassaden. Overmann betont, dass die Löcher meistens von Buntspechten in die Fassaden gehauen werden und die Sittiche bloß die leerstehenden Höhlen nutzen. Bewohner eines betroffenen Hauses sollten sich an den Nabu Köln wenden – die Höhlen sollten keinesfalls eigenmächtig verschlossen werden.

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Die Biologen können die Beschwerden der Anwohner verstehen, aber halten wenig vom "Vergrämen", also dem Vertreiben der Vögel. "Wir nehmen den Tieren sowieso schon viel Lebensraum", sagt Overmann. "Wenn wir sie verscheuchen, suchen sich die Halsbandsittiche bloß neue Orte in Köln. Und das ist schwer zu steuern, weil sie ihre Plätze instinktiv wählen." Braun sagt: "Bloß weil die Vögel ein paar Töne von sich geben, muss man sie nicht vergrämen. Die Halsbandsittiche werden schon vom Alexandersittich verdrängt. Es gibt also kein Problem."  © Kölner Stadt-Anzeiger

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