Eine Situation, die die Leiterin des Leichlinger Sozialamts, Romana Arendes, im Ausschuss für Sozial am Montagabend beschreibt, stellt die Herausforderungen der Stadt Leichlingen bei der Unterbringung von Geflüchteten gut dar. "Da stand die Familie dann zu neunt und wir hatten nur ein Zimmer."

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Gemeint ist die Familie eines inzwischen anerkannten Geflüchteten, der in einer städtischen Containerunterkunft lebt. Als Anerkannter habe er das Recht, seine Familie nach Deutschland zu holen. Das habe er getan, aber das Sozialamt wusste nichts davon. Und jetzt teilt sich die Familie zu neunt ein Zimmer in einer Unterkunft.

Und die Stadt bekommt darüber, ob jemand seine oder ihre Familie nachholt, keine Auskunft. Das laufe über die Botschaft, so Romana Arendes. Und um das mit den Geflüchteten selbst zu klären und auf dem Laufenden zu bleiben, fehlten die personellen Kapazitäten, sagt sie auf Nachfrage aus dem Ausschuss.

Leichlingen: Stadt muss mehr Geflüchtete aufnehmen

Die Unterbringung von Geflüchteten bereitet der Stadt große Probleme, es fehlt an Unterkünften. Für den Januar hatte die Bezirksregierung der Stadt einen Aufnahmestopp genehmigt, der läuft jetzt aber aus. Und eine Verlängerung ist laut Arendes nicht möglich. 512 Personen seien derzeit in städtischen Unterkünften untergebracht, so Arendes. Nach dem Verteilungsschlüssel des Landes fehlen noch 118 Personen, die Leichlingen aufnehmen muss. Nicht mitgezählt sind Ukrainerinnen und Ukrainer, das seien noch mal rund 350 Menschen. Und ebenfalls nicht zum Verteilungsschlüssel hinzugerechnet werden Familienmitglieder, die nachgeholt werden – wie in dem Fall des Geflüchteten, seiner Frau und ihrer sieben Kinder.

Der Stadt gehen die Plätze aus, in der Oberschmitte wurde die Unterkunft mit einer weiteren Containeranlage erweitert, so finden weitere 44 Menschen Platz. Reichen wird das nicht. 61 der 118 Personen, die laut Verteilungsschlüssel noch untergebracht werden müssen, seien sogenannte "12a-Fälle". Der Name bezieht sich auf Paragraf 12a des Aufenthaltsgesetzes, in dem es um die "Wohnsitzregelung" geht. Diese Menschen haben eine Wohnsitzauflage von drei Jahren. Das heißt: Sie müssen drei Jahre in ihrer jeweiligen Kommune wohnen, während sie ein Anerkennungsverfahren durchlaufen.

Die Geflüchteten haben keine Chance auf dem Wohnungsmarkt.

Romana Arendes

Das Problem: "Die Geflüchteten haben keine Chance auf dem Wohnungsmarkt", so Arendes. Denn der sei bekanntlich ohnehin knapp. Also müssten sie in den Unterkünften bleiben, obwohl sie rechtlich eigenen Wohnraum beziehen dürften. "Und so schaukeln wir uns von Jahr zu Jahr höher", sagt Arendes. Man könne keinen Raum mehr für die Menschen bieten, in dem sie sich mal zurückziehen können. Vor allem für lernende Kinder oder traumatisierte Menschen sei das problematisch.

Wichtig bei ihren Ausführungen ist Arendes, dass man es "mit Menschen zu tun" habe. Außerdem bot sie an, die Container in der Oberschmitte einmal besichtigen zu lassen. Von verhältnismäßig vielen Straftaten, die Geflüchtete begehen, wie es in der öffentlichen Debatte häufig zu hören sei, könne sie in Leichlingen nichts berichten. "Bei uns läuft alles sehr, sehr ruhig", sagt sie. Und das, obwohl die Menschen kaum noch Privatsphäre hätten. Aktenkundig und damit tatsächlich messbar seien höchstens ausländerrechtliche Verstöße, also zum Beispiel, wenn jemand vergessen habe, rechtzeitig bei der Ausländerbehörde vorzusprechen.

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Eine weitere Unterkunft ist auf dem städtischen Parkplatz vor dem Gelände der Naturfreunde Leichlingen Am Block geplant. Die Gebäudewirtschaft sei in Planung oder Prüfung dazu, hieß es am Montag im Ausschuss. Unmittelbar bevorstehe die Errichtung der Unterkunft allerdings nicht. In Teilen der Bevölkerung erhebt sich Widerstand gegen die geplante Unterkunft. Eine Onlinepetition mit dem Titel "Kein Containerdorf für Flüchtlinge Am Block", die von einem Stefan Müller initiiert worden ist, haben 711 Menschen unterschrieben. Bürgermeister Frank Steffes erwartet, die bald vorgelegt zu bekommen. "Dann muss der Rat sich damit befassen", kündigt er an.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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