Bei Pflegearbeiten im Rahmen des Hochwasserschutzes am Kyllufer in Kronenburgerhütte wurde möglicherweise übers Ziel hinausgeschossen: Kahlschlag statt behutsamer Rückschnitt. Jetzt gibt es Ärger, ob dabei gegen einen Gemeinderatsbeschluss verstoßen wurde.
Es sieht kahl aus. Anders kann man das, was man am Kyllufer zwischen der Brücke Neuer Weg und der historischen Nepomukbrücke unweit der kleinen Brigidakapelle sieht, nicht beschreiben. Wo bis zum 25. Februar schöne hohe Weiden und Haselsträucher standen, steht seitdem bis auf Stümpfe: nichts.
Bei Kronenburg wurden auch Erlen und Weiden gefällt
Dass dies nicht das Ergebnis turnusmäßiger Rückschnittarbeiten ist, die an diesem Tag stattfanden, davon ist Ulrich Böttger, Ratsherr aus Kronenburg für Bündnis 90/Die Grünen, überzeugt. Auch er hatte in der Gemeinderatssitzung am 21. März 2024 den Pflegearbeiten zugestimmt – aber darauf hingewiesen, dass dabei mit Bedacht vorzugehen sei. "Nicht alle großen Bäume sollen entfernt werden", so steht es in der Niederschrift der Aussprache zum Tagesordnungspunkt und dem Beschluss, der einstimmig erfolgte. Erlen und Weiden etwa sollten verschont bleiben. Das Gegenteil ist nun der Fall.
Denn am 25. Februar dieses Jahres geschah offenbar Folgendes: Ein mit dem Rückschnitt beauftragter Lohnunternehmer aus Ormont im benachbarten Rheinland-Pfalz schuf vollendete Tatsachen und entfernte nicht nur das, was zuvor bei einer Ortsbegehung im Beisein des Baumsachverständigen der Gemeinde Dahlem und nach Rücksprache mit der Unteren Wasserbehörde und der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises abgesprochen und markiert worden war.
So hatte die Behörde, wie sie in einem der Redaktion vorliegenden Schreiben feststellte, angeordnet, dass "zwei Weiden mit Elefantenfuß und Hasel- und Weidenbäume am Ufer einen Verjüngungsschnitt erhalten". Tatsächlich wurden die Weiden stattdessen schlicht gefällt.
Zudem sollten die Pflegearbeiten im Beisein des erwähnten sachkundigen Mitarbeiters des gemeindlichen Bauhofs erfolgen, was aber offenbar unterblieb. So hat es zumindest Anwohnerin Verena Brandenburg, SPD-Ratsfrau im Gemeinderat, beobachtet. Sie fiel am Morgen des 25. Februar aus allen Wolken, denn die Arbeiten unweit ihres Wohnhauses begannen, ohne dass die Gemeindeverwaltung die Kyllanlieger in Kronenburgerhütte darüber zuvor informiert hätte. Vor zwei Jahren hatten einige der Anlieger den damals vorgesehenen, turnusmäßigen Pflanzenrückschnitt verhindert. Sie untersagten das Betreten ihrer Grundstücke.
Doch die Kritik an der Radikalkur teilt nicht jeder. Die Markierung der Bäume entspreche durchaus dem Gemeinderatsbeschluss, so CDU-Ratsherr Mathias Brandenburg. Der erfolgte Kahlschlag sei historisch gesehen nichts Ungewöhnliches. Im Familienarchiv hat er Fotos gefunden, die die Postkartenansicht von Brigidakapelle, Kyll und Nepomukbrücke zeigen: ohne Weiden oder anderen Baumbestand am Ufer.
An der alten Brücke über die Kyll sind Stickungen entstanden
Dass die erfolgte Markierung vor dem Radikalschnitt jedenfalls ihre Ordnung gehabt habe, das sieht auch Kronenburgs Ortsbürgermeister Johannes Fahling so: "Das entsprach alles dem Gemeinderatsbeschluss."
Dabei ist der Rückschnitt in Kronenburgerhütte eigentlich nur das kleinere Problem. Dahinter steht ein größeres: Auslöser des Ganzen waren ja die nach dem verheerenden Hochwasser vom 14. zum 15. Juli 2021 nötigen Überarbeitungen des Hochwasserschutzes. Damals war die Kyll sogar über die doppelbögige Nepomukbrücke an der Kapelle geschwappt.
In der Folge bildeten sich unter den beiden Brückenbögen durch Rückstau von Schwemmmaterial erhebliche Stickungen, die seitdem dort den Durchfluss behindern. Zwischen dem Tosbecken der Kyll unterhalb der Staumauer des Kronenburger Sees und der Brücke ist der Eifelbach eben aus Hochwasserschutzgründen ausgebaut, um einen schnelleren Durchfluss des Wassers in der Ortslage Kronenburgerhütte zu ermöglichen. Im Bereich der alten Nepomukbrücke wurden unter den Brückenbögen seitlich des Mittelpfeilers flache Steine verlegt. Die Stickungen müssten abgebaggert werden, um die Hochwasserschutzfunktion des Brückenuntergrunds wiederherzustellen.
Das könnte Teil des Grünpflegekonzeptes der Gemeinde Dahlem sein, dessen Fertigstellung noch auf sich warten lässt.

Unterdessen hofft Grünen-Ratsherr Ulrich Böttger, "dass sich dieser Radikalschnitt nicht weiter bis zum Tosbecken hin wiederholt". Denn auch kyllaufwärts wurden bereits Sträucher und Bäume am Ufer markiert. © Kölner Stadt-Anzeiger