Die schwächelnde Konjunktur ist definitiv auch im Wirtschaftsraum Bonn/Rhein-Sieg angekommen. Das geht aus der Jahresbilanz der Arbeitsagentur Bonn/Rhein-Sieg für das Jahr 2024 hervor, die am Freitag veröffentlicht wurde.
Demnach ist die Arbeitslosigkeit im Rhein-Sieg-Kreis und in der Bundesstadt Bonn im vorigen Jahr im Jahresdurchschnitt deutlich angestiegen.
"Die Krisen der Welt und am Wirtschaftsstandort Deutschland führen auch in Bonn/Rhein-Sieg zu einer Eintrübung auf dem Arbeitsmarkt", sagt Stefan Krause, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur. "Im Vergleich zum Vorjahr mussten sich 4,7 Prozent mehr Menschen arbeitslos melden."
Im Rhein-Sieg-Kreis stieg die Zahl der Arbeitslosen 2024 deutlicher an als in Bonn
Der offiziellen Statistik zufolge waren 2024 bei der Arbeitsagentur und den Jobcentern durchschnittlich 31.466 Menschen gleichzeitig arbeitslos gemeldet - 1420 mehr als im Jahresmittel 2023. Die Arbeitslosenquote lag in der Region im Jahresdurchschnitt bei 6,1 Prozent, das sind 0,2 Prozentpunkte mehr als 2023.
Fast 91 Prozent der Arbeitslosen hierzulande (10.806 Personen) wird dabei von den Jobcentern betreut und erhält Zahlungen aus der Grundsicherung. Nur 9,3 Prozent der arbeitslos Gemeldeten ist Kundin oder Kunde der Arbeitsagentur und erhält Zahlungen aus der beitragsfinanzierten Arbeitslosenversicherung.
In den Städten und Gemeinden des Rhein-Sieg-Kreises fiel der Anstieg der Arbeitslosigkeit im vergangenen Jahr deutlicher aus, als in Bonn. Während der Zuwachs in der Bundesstadt bei 4,2 Prozent lag, betrug er im Kreisgebiet immerhin 5,1 Prozent. Zurückzuführen ist das nach Angaben von Agenturchef Krause auf strukturelle Unterschiede der Wirtschaft in den beiden Teilregionen.
So sei der Bonner Arbeitsmarkt von der Dienstleistungsbranche geprägt, bei der sich die Wirtschaftsflaute bislang weniger stark auswirke. Der Arbeitsmarkt in Bonn entwickele sich deshalb in "normalen Zeiten eher konjunkturunabhängig", so Krause. Im Wirtschaftsraum Rhein-Sieg dominiere dagegen der gewerbliche Sektor, bei dem die konjunkturelle Entwicklung deutlichere Spuren hinterlasse.
Ein großes Problem für den Arbeitsmarkt in der Region bleibt die große Differenz zwischen dem Ausbildungsniveau der arbeitslos gemeldeten Männer und Frauen und den Anforderungen der Unternehmen und Behörden, die freie Stellen anbieten.
Während sich einerseits 53 Prozent der bei der Arbeitsagentur gemeldeten offenen Stellen an Fachkräfte richten, verfügen andererseits nur 28 Prozent der Arbeitslosen über eine abgeschlossene schulische oder berufliche Ausbildung. Und während 58 Prozent der arbeitslos gemeldeten Männer und Frauen ohne abgeschlossenen Berufsausbildung sind, sind nur 18 Prozent der angebotenen freien Stellen für Helferinnen und Helfer ohne Ausbildung geeignet.
Beschäftigtenzahl in Bonn/Rhein-Sieg auf Rekordniveau
Der negativen Entwicklung bei der Arbeitslosigkeit zum Trotz, kann die Arbeitsagentur allerdings auch positive Zahlen präsentieren. Demnach ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der gesamten Region mit rund 367.000 Personen (Stand März 2024) auf Rekordniveau. Bemerkenswert ist dabei, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit ausländischen Wurzeln gegenüber 2023 mit einem Plus von 5,8 Prozent besonders stark angestiegen ist. Ihr Anteil an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegt in Bonn/Rhein-Sieg mittlerweile bei mehr als 15 Prozent.
Zugenommen hat auch der Anteil der Menschen, die hierzulande in Teilzeit arbeiten. Ihre Zahl lag 2024 bei 120.440, das sind 3,1 Prozent mehr als in 2023. Rund ein Drittel der Beschäftigten arbeitet in der Region damit in Teilzeit. Fast 93700 Menschen gehen in der Region einer geringfügigen Beschäftigung nach, sind also sogenannte Minijobber. Ihre Zahl hat sich im vergangenen Jahr damit um 1,5 Prozent erhöht.
Für 2025 erwartet der Chef der Arbeitsagentur Bonn/Rhein-Sieg für die Region weiter steigende Arbeitslosenzahlen. Für den Rhein-Sieg-Kreis etwa, so Krause, gehe er davon aus, dass es durch die Probleme der deutschen Automobilindustrie ebenfalls Probleme im Bereich Automotive geben werde, also etwa bei den Zulieferern.
Um negativen Folgen für den Arbeitsmarkt zu mildern, hofft Krause "auf die Flexibilität aller handelnden Personen und Institutionen". Arbeitssuchende müssten bereit sein, auch Stellen anzunehmen, "wo ich nicht mit dem Rad in zehn Minuten bin". Unternehmen sollten sich auch Menschen eine berufliche Chance geben, deren Qualifikation nicht zu 100 Prozent den Anforderungen der offenen Stelle entspreche. Die Arbeitsagentur sei bestrebt, in solchen Fällen die Qualifizierung der Bewerber finanziell zu fördern. In 2024 habe sie dafür in Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis immerhin rund 22 Millionen Euro investiert.
Mehr Arbeitslose in Bonn/Rhein-Sieg im Dezember
Der Arbeitsmarkt in der Region Bonn/Rhein-Sieg hat sich auch zum Abschluss des Jahres 2024 negativ entwickelt. Laut Arbeitsmarktbericht für Dezember waren im Kreis und der Bundesstadt insgesamt 31.741 Personen arbeitslos gemeldet - 358 mehr als im November und 2240 mehr als im Dezember 2023. Die Arbeitslosenquote liegt aktuell bei 6,2 Prozent.
Im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis sind derzeit 14.748 Menschen arbeitslos. Das sind 211 mehr als im Dezember 2024 und 1001 mehr als im Vorjahresmonat. "Dennoch verzeichnen wir im Vergleich zum Vorjahr einen Zuwachs an Stellen", sagt Arbeitsagentur-Chef Stefan Krause. "Entsprechend lohnt sich der Blick in die Stellenbörse der Agentur für Arbeit weiterhin." © Kölner Stadt-Anzeiger
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