Wenn es um das Thema Medizin in Deutschland geht, findet man nur schwerlich was zu lachen. Es sei denn im Bereich des schwarzen Humors.

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Genau den brachten Melanie Haupt und Judith Jakob im Kulturhaus Theater 1 auf die Bühne. Begleitet vom Gitarristen Jonathan Bratoëff sangen und schauspielerten die beiden sich ins Thema, bis eine vor bitterem Lachen am Boden lag. Mit dem Titel "La Pharmiglia" deuteten die beiden Künstlerinnen, die sich schon seit ihrem Studium an der Folkwang-Universität der Künste in Essen kennen, an, dass im Bereich der Medizin viel gemauschelt wird.

Inhaltlich ging es vor allem um die Ökonomisierung des Gesundheitswesens und deren Folgen. Wenn es nur ums Geld geht, bleibt der Mensch gewöhnlich auf der Strecke. So nahmen die beiden Themen wie die Nöte der Krankenhausmitarbeiter, den unnötigen Einsatz von Medizingeräten, die Verquickung von Pharmalobby und Politik, das wenig sinnvolle Abrechnungswesen der Krankenkassen und die künstliche Erschaffung von Krankheitsbildern unter die Lupe.

Antidepressivum aus Ersatzantriebsstoff für V2-Raketen

Auch Geschichtliches kam im Kulturhaus auf die Bühne. Der Hippokratische Eid wurde dem teilweise rücksichtslosen Verhalten der Medizinindustrie gegenübergestellt. Auch die Entdeckung des Heroins durch die Firma Bayer in Elberfeld wurde nacherzählt. Was als Erfolgsstory im Bereich der Schmerzbekämpfung begann, wurde zum Suchtdesaster für Patienten. Lange verschwieg man das, um weiter verkaufen zu können. Und wer hätte gewusst, dass das erste Antidepressivum aus einem Ersatzantriebsstoff für V2-Raketen in Japan hergestellt wurde.

Dass es heute immer noch in der Medizin vorwiegend um Geld geht und nicht unbedingt um die Hilfe für Betroffene breiten Haupt und Jakob genüsslich an zahlreichen Beispielen aus. In herrlich schmissige Songs oder als Slapstick verpackt, scheuen sie sich nicht, verantwortliche Politiker oder die WHO (Weltgesundheitsorganisation) und ihre zweifelhafte Finanzierung anzusprechen.

Kabarettisten finden: Medizinische Zustände in Deutschland sind traurig

"Bei der Arbeit an diesem Thema haben wir schon zwischendurch gedacht, dass über so etwas doch kein Mensch lachen kann", gesteht Jakob im Nachgespräch. Sie hätten sich dennoch entschlossen, weiterzumachen, weil ihnen die Problematik so wichtig sei. Wie Recht sie mit ihrem Zweifel hatte, wird am Abend durch einen spontanen Kommentar aus den Zuschauerreihen deutlich: "Das ist doch eigentlich viel zu traurig, um darüber zu lachen."

Auch die Bürgermeisterin von Bad Münstereifel, Sabine Preiser-Marian und der Landrat des Kreises Euskirchen, Markus Ramers, sind zu Gast und müssen sich die harte Pille der traurigen medizinischen Zustände in Deutschland unterhaltsam in den Hals schieben lassen.

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Das Kulturhaus hat mit diesem hochkarätigen Abend wieder einmal bewiesen, dass die Bühne und die Lebenswirklichkeit der Menschen zusammengehören. Gute Unterhaltung muss kritische Themen nicht scheuen. Haupt und Jakob sind schon am nächsten Thema dran: KI und Kommunikation. Hoffentlich wird dieses Programm dann auch in Bad Münstereifel zu sehen sein.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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