2900 Stellen sollen bei Ford in Köln gestrichen werden, teilte das Unternehmen mit. Einer der Kölner Mitarbeiter ist Rolf, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte.
Aufgebracht verlässt er am Dienstagnachmittag das Werk: "Der CEO soll sich mal an die eigene, amerikanische Nase packen!", meint er.
Die Kommunikation des Unternehmens sei dürftig, niemand blicke mehr durch. Zudem kritisiert er die Preisgestaltung der in Köln produzierten Autos: "Haben Sie 55.000 Euro übrig? Das ist am deutschen Markt vorbei gedacht!"
Noch fünf Jahre durchhalten
Auch Senon Cicek sieht die Entwicklungen kritisch. Der 50-Jährige, der seit 2013 bei Ford arbeitet, ärgert sich über die Entscheidung, den beliebten Fiesta aus dem Programm zu nehmen: "Den hätten wir weiterbauen sollen!" Der gelernte Wasserinstallateur hat bereits mehrere Stellenabbau-Runden erlebt und beobachtet nun, wie sechs seiner acht Teamkollegen in Kurzarbeit geschickt wurden, während die anderen Überstunden abbauen.
Früher habe ein Job bei Ford noch für Sicherheit und Stabilität gestanden, erzählt Cicek: "Ich bin zur Bank gegangen und habe ohne Probleme einen Kredit bekommen. Heute sieht das anders aus."
Er macht auch die Gewerkschaften mitverantwortlich: "Die wollten sieben Prozent mehr Lohn pro Jahr. Was haben sie geschafft? Fünf Prozent für zwei Jahre! Das hilft mir in der Kurzarbeit auch nicht weiter."
Auch andere Teile seiner Familie seien von der schlechten Lage der Autoindustrie betroffen. Sein Cousin arbeitet in Olpe und stellt Sicherheitsgurte her. Er sei nun auch in Kurzarbeit: "Die verkaufen auch nichts, wenn weniger Autos produziert werden."
Ford am Esstisch
Für Sophia Braun, 19 Jahre alt und duale Studentin bei Ford, ist das Unternehmen ein ständiges Thema in der Familie am Esstisch. Ihr Vater arbeitet ebenfalls am Standort Köln. Momentan arbeitet sie viel in der Personalabteilung und nimmt die Stimmung dort gelassener wahr: "Es ist ein Auf und Ab. Mit der Kurzarbeit gibt es viel zu tun, aber die Stimmung ist noch okay."
Es dauere noch etwas mit den Kürzungen. Bis dahin könne sich noch etwas ändern, so der Grundtenor.
Mit Produkt verbunden
Sabine, die seit fast 20 Jahren bei Ford arbeitet, ist Ingenieurin in der Planungsabteilung. Für sie war das Unternehmen lange ein sicherer Hafen. Zwar macht sie sich persönlich keine großen Sorgen um ihre berufliche Zukunft – "Ich bin jung genug, um eine andere Stelle zu finden" – doch die Situation belastet sie: "Es wäre natürlich traurig, die Kollegen und die gewohnte Umgebung zu verlassen. Man identifiziert sich mit dem Produkt."
Senon Cicek sieht einen Jobwechsel für sich als keine Option: "Ich habe ein Kind und einen Kredit. Von heute auf morgen kann ich meinen Job nicht wechseln." Mit 55 Jahren könne er in Rente gehen. Fünf Jahre müsse Ford durchhalten – ob das realistisch ist, bezweifelt er. "Vielleicht müssen wir auf die Straße gehen", überlegt er. © Kölner Stadt-Anzeiger
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