Ostland liegt auf einer ostfriesischen Insel. Es handelt sich um eine Ortsbezeichnung von Borkum. Dass dies auch einige Kölner und Kölnerinnen wissen kam im Rahmen einer Bürgerbeteiligung zur Umbenennung der Ostlandstraße heraus.

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Insgesamt förderte dieses allerlei Überlegungen zur Herkunft ihres Namens zutage, die sich allerdings nicht mit dem Ergebnis des Gutachtens des Historischen Beirats der Stadt Köln decken: Es führte die Namen auf das "Reichskommissariat Ostland" der Nazi-Diktatur zurück und hatte daher vorgeschlagen, die Straßen in Weiden umzubenennen.

Die Bezirksvertretung Lindenthal folgte diesem Vorschlag nicht, sondern beschloss in ihrer vergangenen Sitzung einstimmig, den Straßennamen beizubehalten und dem Straßenschild ein weiteres mit einer genaueren Erklärung des Begriffes hinzuzufügen. Denn die Befragung der Anwohner und Anwohnerinnen und die Bürgerbeteiligung hatten ergeben, dass 83 Prozent die Umbenennung ablehnen. Ihre Gründe führt die Stadtverwaltung in einer Auswertung auf: In 49 Stellungnahmen würde darauf hingewiesen, dass ein Zusammenhang mit der NS-Zeit nicht ersichtlich sei.

Straßennamen erinnern schlicht an die alte Heimat im Osten

Das Reichskommissariat sei vielen schlicht nicht bekannt. Einige Anwohner und Anwohnerinnen hätten Kritik an dem Gutachten geäußert und der Bezirkspolitik Gegendarstellungen übermittelt. Sie hätten beispielsweise dargelegt, dass die Straßennamen 1949 für die aus dem Osten geflüchteten Menschen gewählt wurden, die sich in Weiden-Süd ansiedelten. Sie seien als Erinnerung an die alte Heimat gedacht gewesen. So wären auch die umliegenden Straßen nach Städten aus dem Osten benannt, wie die Leipziger, die Bunzlauer und die Breslauer Straße.

Die Lindenthaler Politiker schlossen sich der Bewertung der Bürger an und folgten der Empfehlung des Historische Beirats ebenfalls nicht. "Es gibt auch andere Gutachten", betonte Stefan Horn (Grüne) "In der Gemeinde Espelkamp wurde gleichfalls über die Umbenennung der Ostlandstraße diskutiert." Dort hätten Historiker befunden, dass der Begriff Ostland nicht erst von den Nazis eingeführt wurde, sondern, dass es sich um einen historischen Begriff aus dem 12. Jahrhundert handele, der einfach das Land im Osten bezeichne. Er sei immer wieder aufgegriffen und dann später von den Nazis missbraucht worden.

Die Gemeinde Lövenich habe sich nach dem Krieg mit der Benennung der Ostlandstraße auch nicht auf das Reichskommissariat bezogen. "Wenn man sich die Akten anschaut", so Horn, "ist ersichtlich, dass diese besagte Straße zunächst als Oststraße bezeichnet wurde. Es ging einfach darum, dass man Straßen nach den Herkunftsorten der damaligen Flüchtlinge benannt hat, und die kamen aus den deutschen Ostgebieten des damaligen deutschen Territoriums in den Grenzen von 1937. Es gibt deswegen eine Königsberger Straße". In Lövenich habe man dann befunden, dass der Begriff Oststraße verwirrend sei, weil sie eigentlich im Süden liegt. "Deswegen wurde entschieden, sie Ostlandstraße zu nennen", schildert Horn.

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So sehen es auch die Anwohner Ulrich Gorch, und Michael Spohr sowie Anwohnerin Ingrid Hodeige. "Die Ortsbezeichnung Ostland wird hier völlig anders interpretiert als das Gutachten es tut", sagt Gorch. "Hier gibt es die Breslauer, die Potsdamer, die Stettiner und die Danziger Straße. Natürlich gehen alle Besucher davon aus, dass sich Ostland schlicht auf Länder im Osten bezieht." Die Umbenennung sei daher nicht nötig und der Aufwand, den sie verursache, nicht gerechtfertigt. "Wir Anwohner und Anwohnerinnen müssten unseren Pass, unseren Führerschein, unsere Krankenversicherung und unsere Autozulassung ändern lassen, jedem Arzt, allen Freunden und Bekannten Bescheid sagen", gibt seine Frau Ingrid Hodeige zu bedenken. Das träfe die vielen älteren Menschen, die an der Ostlandstraße zuhause sind. Sie seien weniger mobil und mit den Behördengängen überfordert. Die drei freuen sich somit sehr über den Beschluss der Bezirkspolitik.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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