Albert Struchhold geht frühmorgens in seinen Schrebergarten, wenn er sich um seine Tomaten, Bohnen, Zucchini und Stauden kümmern will.

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"Später am Tag komme ich nicht mehr dazu. Dann kommen Pächter mit Fragen oder Anliegen", erzählt der 79-Jährige. Er ist Vorsitzender im "Kleingartenverein Hoffnung" in Nippes und das seit fast 20 Jahren. Ein anspruchsvolles Ehrenamt mit vielen Aufgaben. "Zum Glück mache ich das nicht alleine, sondern mit dem ganzen Vorstand – ein tolles Team", sagt Struchhold.

Der Vorstand eines Gartenvereins kümmert sich um Finanzen des Vereins, die Verwaltung, organisiert Feste, Gemeinschaftsarbeit und achtet darauf, dass die Regeln eingehalten werden. Die gibt das Bundeskleingartengesetz (BKG) vor: Heckenhöhe, wie viel Obst und Gemüse angebaut werden muss, Schuppen- und Laubengröße, wie die Wege instand zu halten sind – alles ist vorgeschrieben. Dass die Regeln eingehalten werden, verlangt die Stadt als Eigentümerin der Gartengrundstücke.

Kleingärten in Köln: Kontrollen mit Augenmaß

"Es kommt vor, dass der eine oder andere seinen Garten verwildern lässt", erzählt Struchhold. Auch das Thema Obst und Gemüse – laut BKG muss ein Drittel des Kleingartens mit essbaren Pflanzen bestückt sein – sorgt oft für Diskussionen.

Bei regelmäßigen Begehungen werde der Zustand der Gärten begutachtet. "Wir machen das mit Augenmaß und gehen nicht mit dem Zollstock herum", sagt der Vorsitzende. Gibt es etwas zu beanstanden, bekomme der Pächter die Auflage, den Zustand zu verbessern. "Man muss freundlich, aber auch durchsetzungsfähig sein und immer am Ball bleiben", weiß Struchhold.

"Manchmal sind sich Gartennachbarn untereinander nicht grün. Es kommt vor, dass sie sich über Unkraut beschweren, das vom Nachbargarten herüberwächst oder über Kinderlärm", berichtet er. Struchhold spreche mit den Pächtern und kann in der Regel den Zwist lösen.

Kündigung der Pächter wird nur selten ausgesprochen

Mit 95 Prozent der Pächter laufe es sehr gut, sagt er. In den 20 Jahren, in denen er den Vorsitz macht, habe er erst einmal eine Kündigung erwirken müssen. Wie viele Stunden er für das Ehrenamt aufbringt, kann Struchhold nicht sagen. "Es ist schon aufwändig. Aber es ist schön, wenn man etwas bewirken kann. Bei uns gilt: Wir sind für die Pächter da und nicht umgekehrt", so Struchhold.

Von verwilderten Gärten, Zwist unter Nachbarpächtern und zu wenig Gemüse kann auch Wolfgang Reibel ein Lied singen. Seit 2017 ist er Vorsitzender des Kleingartenvereins Deutz. "Mein Gemüse kaufe ich bei Aldi", höre ich oft, wenn wir auf zu wenig Nutzfläche hinweisen", sagt er. Auch er setze bei den Begehungen auf Augenmaß. "Wir schauen auf den Allgemeinzustand des Gartens", sagt er.

Immer wieder seien wuchernde Hecken oder zu viel Unkraut auf den Wegen Thema. Ebenso würden ungenehmigte Bauten für Ärger sorgen. Es dürfen laut BKG nur 24 Quadratmeter der Gartenflächen bebaut sein mit Laube, Schuppen und überdachtem Sitzplatz. "Wenn noch ein Schuppen dazu kommt oder die Laube unzulässig vergrößert wird, muss das wieder zurückgebaut werden", erklärt Reibel.

"Zu kontrollieren, ob die Auflagen erfüllt sind, ist nicht immer angenehm", berichtet der 69-Jährige. Wenn Pächter ganz uneinsichtig seien, bekämen sie eine Abmahnung. Sollte auch das nicht helfen, könne der Verein die Kündigung beim Kreisverband beantragen.

Neupächter unterschätzen oft die Arbeit

Viel Mühe gibt Reibel sich bei Neuverpachtungen. "Im Gespräch versuche ich abzuklopfen, wie die Interessenten ticken. Wenn die Leute sagen, sie wollen einen Garten vor allem zum Chillen und Grillen, passt es nicht", erzählt er. Ein Garten mache nun einmal eine Menge Arbeit, das unterschätzten viele.

"Aber es macht Freude zu sehen, wie die Gärten sich entwickelten, wenn Neupächter starten. Schön ist auch, wenn man sein Wissen weitergeben kann", sagt Reibel.

"Wir wollen die Gemeinschaft fördern", sagt Damir Vuković. Der 53-Jährige engagiert sich seit 2021 als Vorsitzender des Kleingartenvereins "Am Sonnenhang" in Rodenkirchen. Er ist erst seit 2018 Kleingärtner, und als er sich in den Vorstand wählen ließ, strebte er den Vorsitz nicht an. Schließlich arbeite er noch Vollzeit und hat drei Kinder und somit fraglos genug zu tun. Aber als der erste Vorsitzende zurücktrat, rückte Vuković nach. "Es ist schon viel Arbeit, aber bereut habe ich es nicht, dieses Ehrenamt übernommen zu haben. Wir haben ein tolles Vorstandsteam", berichtet er.

Die Gemeinschaft will er durch verschiedene Aktionen fördern. So belebten er und seine Vorstandskollegen den sonntäglichen Frühschoppen wieder, der durch Corona eingeschlafen war. "Den besuchen die älteren Pächter gerne. Als Ergänzung haben wir ein ‚After gardening‘ an jedem zweiten Freitag neu eingeführt", sagt er. Das werde sehr gut angenommen, freut er sich.

Pacht abgeben im Alter

Ums Regeln- und Vorgaben-Kontrollieren kommt auch Vuković nicht herum. "Wir sind hier keine BuGa, aber wenn es zu sehr wuchert, muss radikal zurückgeschnitten werden. Und natürlich muss Obst und Gemüse angebaut werden", schildert er. Sein Credo: Der Ton macht die Musik. "Wenn jemand den Garten arg zuwachsen lässt, frage ich auch, woran es liegt. Manchmal hat jemand eine schwierige Zeit", so Vukovic. Sollte alles nicht fruchten, müsse er schon mal resoluter werden.

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Ein schwieriges Thema für ihn ist, wenn ältere Pächter sich nicht mehr richtig um ihren Garten kümmern können. "Da hängt ja das Herz dran. Aber wenn der Pächter gar nicht mehr kann, ist es besser, dass er den Garten abgibt – auch wenn es weh tut. Denn auf der anderen Seite warten viele auf eine Parzelle", sagt der 53-Jährige.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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