Eine Schaufel in der linken, einen Bagger in der rechten Hand, die Füße tief im ... Salz? "Babybeach" ist seit Mitte Juni nicht nur das einzige Eltern-Kind-Café Leverkusens, sondern auch ein Salzinhalatorium.

Mehr News aus Nordrhein-Westfalen finden Sie hier

Betrieben wird es von zwei Schwestern, die zwei in der Theorie geniale Ideen vereinen möchten: Kranke Kinder sollen spielen und dabei gesund werden, während Eltern in Ruhe Kaffee und Kuchen genießen können. Doch es gibt Zweifel an dem Konzept.

Zwei Schwestern betreiben Babybeach Leverkusen

Babybeach Leverkusen in der Birkenbergstraße 88 ist gewissenermaßen ein Familienunternehmen. Die beiden Schwestern Jacqueline Bessau (34) und Chelsea Gensow (31) stellten erst kürzlich ihre Mutter ein, ihr Vater verantwortete die Bauarbeiten vor der Eröffnung. Beide kommen sie aus Opladen, wohnen dort, ihre Söhne kamen mit nur sechs Wochen Abstand auf die Welt.

Das Babybeach-Projekt stand laut den beiden schon kurz vor der Pleite – noch vor der Eröffnung. Viele Auflagen der Stadt Leverkusen zum Umbau in ein Ladenlokal – zuvor war ein Fotostudio in den Räumlichkeiten – hätten die Schwestern dazu gezwungen, "alle Reserven zu opfern", wie sie heute sagen. Die Eröffnung im Juni 2024 fand mehr als ein halbes Jahr später als geplant statt.

"Es ist ein Wintergeschäft", lässt Gensow wissen. "Im Herbst und im Winter sind die Menschen häufiger erkältet und nutzen den Salzraum." Diese Monate seien "entscheidend, um im Sommer finanziell zu überleben". "Man wird da nicht reich von", meint Bessau, sie hätten aber schon lange mit dem Gedanken gespielt, ein Café dieser besonderen Art zu eröffnen.

Dieses Konzept steht hinter dem Salz-Spielplatz in Leverkusen

Salz-Spielplatz, moderne Salzgrotte, Salzinhalatorium oder auch Strand –für das Spielzimmer gibt es viele Bezeichnungen. Eltern mieten den Raum für 45 Minuten, zahlen dafür 17 Euro für einen Erwachsenen samt Kind.

Der gesamte Boden ist von Salz überzogen, eine Vielzahl an Spielgeräten stattet das Zimmer aus. Im Hintergrund arbeitet eine Art Sole-Nebelmaschine, die Kinder inhalieren 14-prozentiges Salz-Aerosol während des Spielens. Dieses Aerosol soll tief in die Atemwege eindringen und beispielsweise Erkältungsbeschwerden, Asthma, Allergien und Atemwegserkrankungen lindern können.

Laut Bessau und Gensow werden die Vernebler regelmäßig ausgetauscht. Das Salz, das durch Feuchtigkeit schwindet, wird in dem Raum immer wieder aufgefüllt. Es sei laut Bessau "sauberer als Sand" zum Spielen, schließlich lande dort deutlich weniger Dreck drin als auf Sandspielplätzen.

Im Grunde eine geniale Idee: Kranke Kinder können spielen und dabei inhalierend gesund werden. Ein führender Experte steht dem Konzept jedoch skeptisch gegenüber.

Leverkusener Experte äußert Zweifel an Salzinhalation für Kinder

Hinter Babybeach steht ein Franchise-Unternehmen. Rund um Köln gibt es etwa in Frechen oder auch in Euskirchen eine Filiale von Babybeach. Zur Kette des Unternehmens gehören deutschlandweit nach eigenen Angaben mehr als 40 solcher Salzgrotten speziell für Kinder.

Norbert Mülleneisen, Vorsitzender des Berufsverbands für Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin Nordrhein sowie Gründer des Asthma- und Allergiezentrums in Leverkusen-Rheindorf, schätzt den medizinischen Nutzen derartiger Salzspielplätze als "gering" ein. Ein Besuch dieser sei "definitiv nicht" mit einem Ausflug ans Meer vergleichbar.

Nase putzen und gegebenenfalls ein Nasenspray reicht meist.

Norbert Mülleneisen, Vorsitzender des Berufsverbands für Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin Nordrhein

Laut Mülleneisen hätten "Kinder kleine Atemwegsdurchmesser und eine hohe Atemfrequenz". Erst ab 13 bis 17 Jahren hätten Jugendliche eine Atemfrequenz wie Erwachsene. Die inhalierbaren Teilchen für die Kinder müssten laut ihm also "sehr, sehr fein sein". Dies würden aber nur sehr wenige Vernebler schaffen. Große Teilchen gelangen laut Mülleneisen "erst gar nicht in die tiefen Atemwege, sie scheiden in der Nase, bzw. am Kehlkopf ab".

Aus Mülleneisens Sicht bräuchte es keinen Salzspielplatz: "Nase putzen und gegebenenfalls ein Nasenspray" reiche meist. Es sei zudem nicht ratsam, eventuell kranke Kinder in einem Zimmer miteinander spielen zu lassen. Letzteres kontern Bessau und Gensow aber damit, fiebernde oder offensichtlich kranke Kinder vom Besuch des Babybeach (inklusive Café-Bereich) auszuschließen.

Babybeach Leverkusen: Darauf sollten Eltern achten

  • Weiße Ersatzsocken mitbringen. Diese können vor Ort aber auch in jeder Größe erworben werden.
  • Darauf achten, dass Kinder kein Salz im Salzspielzimmer verzehren.
  • Die Temperatur im Salzraum liegt zwischen 22 und 24 Grad. Entsprechend sollten die Kinder gekleidet sein. Bequeme Kleidung wird empfohlen.
  • Schnuller weglassen. Diese verhindern die Vollatmung.
  • Eine Stunde vor dem Besuch des Salz-Spielzimmers keine große Mahlzeit einnehmen. Ideal ist Obst und Gemüse.
  • Nach Verlassen des Salzraums Hände waschen.

Im Anschluss an die 45 Minuten Salzstrand können die Gäste im Eltern-Kind-Café verweilen. Hier findet sich ein großer Spielbereich, in dem die Kinder in Sichtweite spielen können, während die Eltern Heißgetränke und Softdrinks mit Waffeln und anderen Gerichten kombinieren.

Wer sich mit den Preisen von Kleinkinderspielzeug auskennt, der weiß bei Betrachtung des Spielbereichs im Café: Hier wurde Geld in die Hand genommen. "Wenn wir das Ganze an die Wand fahren, dann richtig", so Bessau dazu.

"Wenn wir das erste Jahr überstanden haben, machen wir definitiv eine Party", kündigt Gensow für die Zukunft an. Auch Minidisco-Abende seien in der Planung, genauso wie rein auf Eltern ausgelegte Sushi-Abende. Ein Winterflohmarkt fand kürzlich erst statt. "Wir mussten uns reinfühlen, aber es läuft gut", sind sich die beiden Schwestern einig.

Vielen Dank für Ihr Interesse
Um Zugang zu allen exklusiven Artikeln des Kölner Stadt-Anzeigers zu erhalten, können Sie hier ein Abo abschließen.

Babybeach Leverkusen: Öffnungszeiten, Adresse und Preise

  • Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag von 9 bis 17 Uhr, Freitag bis Sonntag von 9 bis 14 Uhr
  • Adresse: Birkenbergerstr. 88, 51379 Leverkusen
  • Kosten für Salzspielplatz: 17 Euro (45 Minuten für 1 Erwachsener mit Kind). Kinder unter 1 Jahr haben freien Eintritt. Termine müssen vorab telefonisch (0172-5695302) oder per E-Mail (babybeach.leverkusen@gmail.com) vereinbart werden.

  © Kölner Stadt-Anzeiger

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.