Schnell stellen sich die ehemaligen Bundesliga-Handballerinnen des VfL Engelskirchen im Tor auf für das Gruppenfoto, das sie an Mitspielerinnen schicken möchten, die nicht dabei sein können.
In Kontakt sind die ehemaligen Mannschaftskolleginnen bis heute. Ein Foto ist für die ehemalige Nationalspielerin Dagmar Stelberg, die mittlerweile im Norden lebt, aber immer wieder nach Engelskirchen kommt.
Der Mannschaft, die 1979 in die damals zweigleisige Bundesliga aufstieg, in der Saison 1985/86, als die Bundesliga erstmals eingleisig war, Vizemeister und im selben Jahr Finalist im Europapokal der Pokalsieger wurde, ist in der Sonderausstellung "Kleine Tore – Große Sprünge" auf Schloss Homburg eine Abteilung gewidmet.
Handball: Erfolgsgeschichte der "Engelchen" begann 1972
Dafür hatten die ehemalige Kreisläuferin Susi Fabritius, die im Bürgermeisterbüro arbeitet, und Kolleginnen einiges aus dem Archiv der Gemeinde herausgesucht. Das Wochenende richtete die SG Engelskirchen-Loope aus und der Sonntag stand ganz im Zeichen der Frauen.
Viel gab es zu erzählen aus der so erfolgreichen Zeit, in der sich die Handballerinnen aber zunächst einmal auch gegen viele Vorurteile durchsetzen mussten. Mancher habe gemeint, dass die Frauen doch lieber hinter dem Herd bleiben sollten, blickt Kreisläuferin und Linksaußen Dagmar Wigger (geborene Blumberg) zurück. In einem sind sich die Mannschaftskolleginnen einig, ohne den verstorbenen Handballobmann Paul Sahr wäre alles in dieser Form nicht möglich gewesen.
1972 begann die Geschichte der "Engelchen", wie die Bundesligaspielerinnen genannt wurden, als eine Leichtathletin den Vorstand fragte, ob man im VfL Engelskirchen nicht eine Handballabteilung für Mädchen und Frauen gründen wolle. Als Trainer Rolf Rose mit Spielerinnen von der TS Bergisch Gladbach nach Engelskirchen wechselte, begannen die erfolgreichen Jahre der Engelchen. Rolf Egbert begleitete sie als Abteilungsleiter.
Als technischer Leiter der Firma Dörrenberg hatte er die Möglichkeit und die Genehmigung Geräte wie den Fernschreiber zu nutzen, um die Reisen im Europapokal zu organisieren. 1986 fanden die Finalspiele gegen Radnicki Belgrad statt, zuvor mussten die Engelskirchenerinnen nach Krasnodar. "Wir flogen über Stockholm nach Moskau und von dort ging es weiter", erzählt Egbert. Nicht ohne Hindernisse, denn zunächst stand der Zwangsumtausch an und da alles länger dauerte als geplant, weigerte sich die zuständige Frau am Schalter das Gepäck anzunehmen. "Wir haben dann selber Hand angelegt, sind über den Tresen, haben alle Taschen auf die Waage gelegt und haben dann auch noch den Anschlussflug bekommen", erzählt der ehemalige Abteilungsleiter.
Das sind nur zwei von vielen Geschichten, die Rudi Stelberg, Willi Miebach, Peter Moll und Rolf Egbert vor einigen Jahren zusammengetragen haben. Doch habe der Vereinsvorstand wenig Interesse gehabt, das Archiv mit weiterem Material zu unterstützen, sagt Egbert.
Ganz unterschiedlich sind die Erzählungen, wie die Spielerinnen zu ihrem Sport und in die Bundesligamannschaft gekommen sind. Susi Fabritius wollte eigentlich für ein Jahr in die französische Partnerstadt zum Austausch gehen. Doch Rolf Rose warb sie für sein Team und die Kreisläuferin blieb beim VfL. Dass sie Torfrau wurde, habe damit zu tun, dass sie nicht laufen wollte, erzählt Kathi Schmidt (geb. Hrga) lachend. Sie war aber auch fasziniert von VfL-Torhüter Klaus Kater und seiner Art, seine Position auszufüllen.
Dagmar Wigger erzählt, dass es manchmal auch vor allem der Teamgeist war, der die Engelskirchenerinnen zu Erfolgen führte. Kreisläuferin Monika Döring hatte neben dem blau-weißen Aufstiegstrikot auch noch ein Album mit Fotos und Zeitungsausschnitten aus der erfolgreichen Zeit mitgebracht. Darüber gebeugt wurde sich ebenso erinnert wie an den Fotos der Ausstellung. 1989 endete die Bundesligazeit aus finanziellen Gründen. © Kölner Stadt-Anzeiger
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