In den Kölner Schulen wächst der Frust. "Der Unmut ist groß, weil manche Schulen inzwischen nicht mehr wissen, wie sie die für den Unterricht notwendigen Dinge beschaffen sollen", sagt der Schulleiter des Schiller-Gymnasiums, Georg Scheferhoff, der auch der Sprecher der Direktorenkonferenz aller Kölner Gymnasien ist.
Dazu muss man wissen, dass die Stadt als Schulträgerin in Köln jeder Schule ein Jahresbudget zur Verfügung stellt – pro Schüler werden 15 Euro jährlich auszahlt.
Mit dem Geld müssen von Papier über – bis auf die Schulbücher – alle Unterrichtsmaterialien etwa für den Chemie- und Physikunterricht bis zur Druckerpatrone alles finanziert werden. Seit über zehn Jahren sei der Betrag gleichgeblieben und trotz massiv gestiegener Papierpreise und Inflation nie erhöht worden, erläutert Scheferhoff. Er berichtet von Schulen, bei denen allein die Papierkosten den Etat nahezu auffressen. Das sind genau die Schulen, die ohnehin benachteiligt sind, weil es eben keine 1:1-Ausstattung mit Tablets gibt und viel mehr ausgedruckt werden muss oder auch viele Grundschulen.
In Kölner Schulen fällt eine wichtige Einnahmequelle weg
Jahrelang haben die Schulen das irgendwie stillschweigend hingenommen. Aber seit die Post des Schulentwicklungsamtes ganz kurz vor den Weihnachtsferien bei den Schulen ankam, regt sich Protest. Es war so etwas wie der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt: In dem Schreiben kündigt die Stadt den Schulen an, dass die Prämien-Ausschüttung im Rahmen des sogenannten Klasse-Projekts ab diesem Jahr gestrichen wird. Angesichts der derzeitigen Haushaltssituation sei dies leider "unausweichlich".
Damit fällt für die Schulen eine wichtige zusätzliche Einnahmequelle weg, mit der sie seit inzwischen elf Jahren ihre knappen Budgets aufbessern und vieles kompensieren konnten. Bei dem Projekt wurden bislang das Einsparen von Gas, Wasser, Strom sowie das Reduzieren von Restmüll belohnt. Von der dadurch jährlich eingesparten Summe wurde die Hälfte an die Schulen ausgezahlt. Das Geld konnte dann für die Schule eingesetzt werden für Anschaffungen oder Projekte, für die das Budget sonst nicht reichen würde.
Einige Kölner Schulen konnten ihre Energiekosten um die Hälfte senken
Seine Schule habe durch das Projekt die Energiekosten um die Hälfte gesenkt, erzählt etwa der stellvertretende Leiter des Gymnasium Pesch, Johannes Sieben. Auch am Gymnasium Thusneldastraße in Deutz konnte nicht nur relevant Energie eingespart, sondern auch die Restmüllmenge halbiert werden. Allein für seine Schule konnte im vergangenen Jahr auf diese Weise eine Summe von 7000 Euro erwirtschaftet werden, erläutert Schulleiter André Szymkowiak.
An anderen Schulen war es noch mehr. Wer geschickt gewirtschaftet hat, konnte auch Geld für größere Anschaffungen ansparen. Denn bislang konnten die Kölner Schulen sogenannte Restmittel aus den Jahresbudgets auf das neue Jahr übertragen. Aber auch das untersagt die Stadt den Schulen künftig, wie sie in einem weiteren Schreiben vor Weihnachten mitteilte. Die Schulen, die 2024 einen Überschuss erwirtschaftet haben, verlieren das Geld, mit dem sie kalkuliert haben. "Einen Tag vor den Weihnachtsferien haben wir also erfahren, dass wir nichts mehr von dem angesparten Geld – mit dem wir ja schon kalkuliert haben – ausgeben können und damit nicht mehr handlungsfähig sind", erläutert Johannes Sieben.
Was das bedeutet, kann etwa am Thusnelda-Gymnasium exemplarisch gezeigt werden: Die Schule hatte für die Jahrgangsstufen 10 und Q2 einen Workshop geplant zum Umgang mit Prüfungsstress, weil man gemerkt hat, wie wichtig das Thema angesichts der wachsenden Zahl von Schülerinnen und Schülern mit psychischen Problemen ist. Den hat der Schulleiter nun abgesagt, weil nicht sicher ist, den Referenten bezahlen zu können. Die Schule wurde außerdem als einziges Gymnasium im gesamten Regierungsbezirk Köln ausgewählt, um an einem wissenschaftlich begleiteten Pilotprojekt des Schulministeriums zum Einsatz von KI im Unterricht teilzunehmen. Um daran teilnehmen zu können, braucht die Schule 100 neue Computer-Tastaturen. Das Schulentwicklungsamt hatte die Finanzierung abgelehnt. Die Hoffnung der Schule war, das aus den erwirtschafteten Überschüssen selbst bezahlen zu können. Nun steht man ratlos da.
Am Schiller-Gymnasium ist man dazu übergegangen, das Materialgeld über den Förderverein aufzustocken, damit der Unterricht in der erforderlichen Qualität sichergestellt werden kann. 16 Euro zahlt dort jede Familie ein. "Wir sind da als Sülzer Schule noch in einer privilegierten Lage und lagern die Kosten quasi aus. Aber was machen Schulen in benachteiligteren Lagen, die keinen finanzstarken Förderverein haben?", fragt sich Schulleiter Scheferhoff.
Um ihrem Protest Ausdruck zu verschaffen, planen die Kölner Gymnasien derzeit einen offenen Brief an die Stadt. Sie wollen deutlich machen, dass sie in den Entscheidungen der Stadt ein alarmierendes Signal sehen. Und dass die Schulbudgets angesichts der ohnehin riesigen Herausforderungen in teilweise überalteten Gebäuden, einer immer diverseren und stetig wachsenden Schülerzahl ein unverzichtbares Instrument sind, um kurzfristig notwendige Ausgaben für die Schülerinnen und Schüler zu tätigen. "Ganz davon abgesehen, dass auch angesichts Klimawandel und der Notwendigkeit für mehr Nachhaltigkeit solche Projekte eine wichtige Form der Umwelterziehung sind", ergänzt Szymkowiak.
Was sie alle zusammen ärgert, ist das Signal, das von all dem ausgeht, von dem Stellenwert von Bildung in der Stadt. "An den Kindern zu sparen, ist einfach nicht vertretbar", so Szymkowiak. "Es ist einfach traurig, dass wir an diesem Punkt angekommen sind", resümiert Scheferhoff im Namen der Schulleitungen der Kölner Gymnasien. "Im Bereich Bildung darf einfach nicht gekürzt werden." © Kölner Stadt-Anzeiger
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