Die Idee, Geflüchtete auf dem Parkplatz vor dem Gelände der Naturfreunde in Containern unterzubringen, gerät immer mehr in die Kritik.
Nach Klaus Reuschel-Schwitalla (Linke) wehrt sich auch der vormalige SPD-Fraktionschef Matthias Ebecke gegen den Plan. Er wertet das Konzept, das die Stadtverwaltung am Donnerstagabend erstmals den Politikern vorgelegt hat, als "Nacht- und Nebelaktion", als einen Überrumpelungsversuch, mit dem Politiker, vor allem aber Anwohner des Geländes "Am Block" vor vollendete Tatsachen gestellt werden sollen.
Ebecke vermisste am Montag einen Plan, wie die Stadtverwaltung ihren Pflichten gegenüber Geflüchteten nachkommen will. Schließlich habe der Stadtrat "erst vor kurzem" zugestimmt, mehrere Container in Bennert aufstellen zu lassen – ohne klar darüber informiert zu werden, dass das "offensichtlich unzureichend ist".
Der Politiker hält das für eine Salamitaktik, die es unmöglich mache, Konzepte für das Unterbringen von Geflüchteten gemeinsam zu erarbeiten. Damit bereite die Stadtverwaltung Radikalen das Feld, ist Ebeckes Vorwurf: "Diese Politik liest sich wie ein Drehbuch für eine zwangsweise Radikalisierung und zu erwartende, berechtigte Empörung und macht auch uns fassungs- aber nicht sprachlos." Seine Forderung: Die Stadtverwaltung stellt umgehend einen Plan auf, wie sie Geflüchtete unterbringt und diskutiert ihn offen mit Politikern, dem Integrationsrat und den Bürgern.
Leichlingen braucht eine Wohnungsgesellschaft
Außerdem müsse man nachhaltig auf die Verpflichtung reagieren, Geflüchtete unterzubringen: Die Stadt brauche eine eigene Wohnungsbaugesellschaft. Zudem müsse sofort eine Liste freier, städtischer Grundstücke vorgelegt werden. Gemeinsam mit dem Spar- und Bauverein müssten brachliegende Wohnflächen aufgespürt und hergerichtet werden. Mit diesem Sofortprogramm in petto solle die Stadtverwaltung versuchen, einen befristeten Aufnahmestopp für Geflüchtete zu erwirken.
Über das Grundstück der Naturfreunde und das städtische Gelände Eicherhofsfeld will Ebecke in einer Sondersitzung des Stadtentwicklungsausschusses debattieren. Schließlich will der frühere SPD-Fraktionschef, dass nur der Stadtrat darüber entscheiden kann, Geflüchtete womöglich in Turnhallen unterzubringen. Dieses Szenario hatte Bürgermeister Frank Steffes (SPD) an die Wand gemalt, wenn "Am Block" nicht schnell insgesamt 32 Container aufgestellt werden. Was gut eine halbe Million Euro kosten würde.
Dieses Gelände hält Ebecke für ungeeignet. Er will das Container-Projekt bei der Beratung über den Haushalt beerdigen. Dass dies mehrheitsfähig ist, erscheint derzeit jedoch zweifelhaft: Den Infrastrukturausschuss passierte der Plan, 22 Wohncontainer nebst zehn weiteren Einheiten für Infrastruktur auf dem Parkplatz "Am Block" aufzustellen, bei nur einer Gegenstimme.
Naturfreunde fürchten ihr Aus
Indes haben die Naturfreunde am Montag weitere Argumente gegen das Containerdorf auf dem Parkplatz "Am Block" vorgebracht, mit denen auch die politische Debatte neu angefacht werden könnte. In einem Brief an Bürgermeister Frank Steffes fürchten sie, dass der 111 Jahre alte Verein durch die Belegung des Parkplatzes auf längere Sicht dermaßen geschädigt wird, dass er aufgelöst werden muss.
Obwohl laut Skizze der Stadtverwaltung nur ein Teil des Parkplatzes für die Wohncontainer benötigt wird, geht Reinhold Pupka, der Vorsitzende des Vereins, davon aus, dass Besucher der Naturfreunde oder von Veranstaltungen auf ihrem Gelände keinen Platz mehr finden. Das bringe diese Events in Gefahr. Auch Mieter der Campingplätze und Besucher der Sandberge könnten den Parkplatz nicht mehr nutzen.
Pupka geht davon aus, dass wegen der Wohncontainer ohnehin "keine Events mehr genehmigt werden" und auch kleinere Firmenfeste oder Geburtstage auf dem Gelände der Naturfreunde mehr abgehalten werden können. Die Folge für den Verein: "Die eh schon geringen Jahresumsätze werden bedrohlich einbrechen", so dass die Ausgaben für Instandhaltung und laufende Kosten "nicht mehr aufgebracht werden" können. Der Vorsitzende der Naturfreunde erwartet eine Abwärtsspirale mit einer "drastisch einbrechenden Mitgliederzahl".
Nach wie vor fassungslos ist Pupka über die Art des Vorgehens der Stadtverwaltung: "Die Geschwindigkeit, mit der dieses Projekt umgesetzt werden soll, ist verstörend!" © Kölner Stadt-Anzeiger
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