Zwei Menschen starben vor knapp drei Jahren bei einem Flugzeugabsturz im Siebengebirge. Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) hat dazu einen Untersuchungsbericht veröffentlicht.

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Mehrere Ursachen haben demnach zu dem Unglück geführt. Der Pilot ist in Instrumentenwetterbedingungen eingeflogen, sein Flugzeug kollidierte im ansteigenden Gelände mit einem Hindernis.

Beigetragen zu dem Unfall hätten der Verlust des Situationsbewusstseins, mangelhafte navigatorische und meteorologische Flugvorbereitung, mangelhafte Kommunikation und nationale Restriktionen bei Instrumentenflügen in bestimmten Lufträumen. Ein stummer Herzinfarkt des Piloten wenige Stunden vor dem Start und eine chronische Nervenerkrankung seien dagegen nicht unfallursächlich.

Der Pilot war die Strecke nach Hamburg schon siebenmal geflogen

Der 11. Oktober 2021 war ein nebliger, trüber Tag. Der als erfahren und geübt geltende, 51 Jahre alte Pilot wollte an diesem Vormittag mit der Piper PA-34 Seneca zu Geschäftsterminen nach Hamburg fliegen. Um 8 Uhr traf er mit seinem 23 Jahre alten Passagier am Flugplatz Bonn/Hangelar ein. Schon siebenmal war er in diesem Jahr in die Hansestadt geflogen, allerdings nie bei solch schlechten Wetterbedingungen.

Um 8.16 Uhr startete er, knapp vier Minuten später waren die beiden Insassen tot. Das zweimotorige Flugzeug war im Siebengebirge mit dem aufsteigenden Gelände nahe der Löwenburg unterhalb des Lohrbergs kollidiert, wie es im Untersuchungsbericht heißt, den die BFU vorgelegt hat. Die Maschine zerschellte, die beiden Menschen wurden herausgeschleudert.

Spaziergänger hatten zunächst die Triebwerksgeräusche gehört, anschließend den Knall des Absturzes. Sie konnten trotz des Nebels mit Sichtweiten zwischen 50 und 100 Metern Feuerschein erkennen und alarmierten die Freiwillige Feuerwehr. Um 8.24 Uhr rückten die Einsatzkräfte aus. Sie fanden die rund 400 Meter lange und 50 Meter breite Schneise der Zerstörung im Wald. Helfen konnten sie den Opfern nicht mehr.

Die Experten der Bundesstelle aus Braunschweig waren am Absturztag bereits vor Ort und sicherten Trümmerteile sowie Geräte. Doch viel war nicht übriggeblieben, zu groß muss die Aufprallgeschwindigkeit gewesen sein. Deshalb waren sie bei ihren Bewertungen unter anderem auf Aufzeichnungen der Funksprüche mit der Flugsicherung, auf Dokumente und die Ergebnisse der Obduktion des Piloten angewiesen.

Der 51-Jährige hatte Stunden vor dem Start einen "stummen" Herzinfarkt erlitten

Die ergab, dass der 51-Jährige sechs bis acht Stunden vor dem Absturz einen Herzinfarkt erlitten haben muss, allerdings einen sogenannten stummen. Möglicherweise hat er das gar nicht mitbekommen. Seiner Frau gegenüber äußerte er keinerlei Beschwerden. Im Bericht ist zudem zu lesen, dass er in seinen Funksprüchen auf Englisch orientiert wirkte und prompt auf Anfragen antwortete. Der Infarkt kann also kaum die Ursache für das Unglück gewesen sein.

Der Befund einer chronischen Nervenerkrankung war zwar bekannt, hatte aber keinen Einfluss auf die Flugtauglichkeitsuntersuchung des 51-Jährigen. Resümierend schreiben die Gutachter, dass der Pilot zum Zeitpunkt des Unfalls am Leben und handlungsfähig war. Zeugenhinweise ergaben keinerlei Hinweise auf akute gesundheitliche Einschränkungen am Morgen des 11. Oktober.

Technische Mängel an dem Flugzeug konnten die Gutachter nicht feststellen. Die leichte Überladung um 30 Kilogramm spielte nach ihrer Ansicht keine Rolle. Der Pilot hatte einen Flugplan erstellen lassen, der zunächst nach Sichtflugregeln, später nach Instrumentenflugregeln ausgestaltet war. Um 8.07:48 Uhr schaltete er die Datenaufzeichnung ein.

Er rollte um 8.15:36 auf die Piste und startet um 8.16:30 Uhr. Die Sicht in Hangelar lag bei etwa drei Kilometer, mit niedriger Wolkendecke. Aus diesem Ablauf folgern die Berichterstatter der BFU, dass der Mann sich nicht intensiv mit dem Wetter auseinandergesetzt haben konnte. 30 Sekunden nach dem Start flog der 51-Jährige eine Kurve in Richtung Siebengebirge. Ein Zeuge auf der Autobahn 59 sah das Flugzeug in etwa 170 Metern Höhe in südliche Richtung fliegen.

Der Flugplan lag bei der Flugsicherung im Nachbarsektor vor

Um 8.17:59 Uhr funkte der Pilot Langen-Radar an, die Radarlotsin der Flugsicherung konnte dem Funkspruch aber nicht entnehmen, wo die Maschine gestartet war. Ein Kontrollstreifen für den Flug lag ihr nicht vor. Der Flugplan lag im Nachbarsektor im System. Der Koordinationslotse fand den entsprechenden Kontrollstreifen und reichte ihn seiner Kollegin. Diese Verzögerung hätte durch andere Anmelde- und Flugregelverfahren vermieden werden können, resümiert die BFU.

Nachdem der 51-Jährige die Fragen der Lotsin beantwortet hatte, empfahl sie einen anderen Kurs und einen Steigflug. Der Pilot, der nach wie vor nach Sichtflugregeln unterwegs war, folgte dem, aber nach den Daten nicht entschieden genug. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits in den Wolken und ohne Sicht. Mit hoher Geschwindigkeit stieß er gegen den Berg, die Piper zerschellte.

Die BFU gibt am Ende ihres Berichtes zwei Empfehlungen. Beim Wechselverfahren von Sicht- zu Instrumentenflug sollte die Flugsicherung vor Abflug kontaktiert werden. Das Flugzeug könnte dann durch einen sogenannten Transpondercode schneller identifiziert werden. Und das Bundesministerium für Digitales und Verkehr sollte die Struktur des Luftraums einheitlichen europäischen Regeln anpassen, um sicheren Instrumentenflug zu ermöglichen.

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Schon 2018 hatte die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen (BFU) ihre Arbeiten nach einem Absturz aufgenommen, bei dem am 16. Oktober ebenfalls zwei Menschen ums Leben kamen. Der Untersuchungsbericht datiert vom 17. Juni 2021. Die Tecnam P 2008 JC war nach einer Triebwerksstörung kurz nach dem Start am Flugplatz Sankt Augustin-Hangelar auf einem Feld in Sankt Augustin-Niederpleis aufgeschlagen und in Brand geraten. Als Schlussfolgerung schreibt Untersuchungsleiter Klaus-Uwe Fuchs: Der Unfall ist darauf zurückzuführen, dass nach dem Auftreten einer Triebwerksstörung im Anfangssteigflug der Fluglehrer keine Notlandung geradeaus durchführte.

17 Jahre alte Pilotin wird beim Absturz eines Segelflugzeugs schwer verletzt

Vom 2. Juni 2021 stammt der Untersuchungsbericht zu einem Unfall mit einem Segelflugzeug auf dem Flugplatz Sankt Augustin-Hangelar. Beim Windenstart kam es zu einer sogenannten Startunterbrechung. Das Segelflugzeug geriet ins Trudeln und stürzte zu Boden. Die 17 Jahre alte Pilotin erlitt schwere Verletzungen. In etwa 100 bis 120 Meter Höhe riss das Seil, die Maschine kippte ab, weil die Geschwindigkeit für einen Horizontalflug zu gering war. Zudem, so steht es im Bericht, fehlten Höhenreserven, um diesen überzogenen Flugzustand rechtzeitig zu beenden. Zu dem Unfall beigetragen haben die Überforderung der Pilotin in der Situation der Startunterbrechung und die geringe Flugerfahrung auf dem Muster.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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