Kündigungen, Rechnungen, Post vom Finanzamt: Es gibt so einiges, was einem die Laune verhageln kann. Das war auch bei rund 30 Mietern von vier Wohnhäusern im Neubaugebiet Eschmar-West so, als ihnen saftige Heizkostenabrechnungen ins Haus flatterten: Bis zu 1932 Euro sollten für das Jahr 2022 nachgezahlt werden, und auch im neuen Jahr wurde die Situation nicht besser.
In einem Fall wurde gar die 3000-Euro-Marke gerissen, und das, obwohl die Wohnhäuser mit Geothermie eine besonders nachhaltige Technik haben. Ausgerechnet an Weihnachten gab die Anlage dann auch noch komplett den Geist auf.
Dabei hatten die Mieter 2022 erst ab August in den neuen Häusern an der Margareta-Stelten-Straße, der Klara-Engels-Straße und am Peggy-Guggenheim-Platz gewohnt. Die Bewohnerinnen Danijela Istuk und Sylvia Fares-Mayer wandten sich mit Aufstellungen der Nachforderungen an die Redaktion. Nachbarn, die erst im November 2022 eingezogen waren, sahen sich etwa einer Forderung von 951 Euro für zwei Wochen gegenüber. Viele der Mieter beziehen Bürgergeld.
Troisdorf: Zuheizen mit kostspieligen Heizstrahlern
Völlig unklar ist den Mietern, wie die saftigen Rechnungen zustande kamen. Fest steht, dass die Heizung mit Erdwärme kaum oder – wie seit Weihnachten – gar nicht funktionierte. Und so musste kostspielig mit Strom von zwei Generatoren und später auch noch mit kostspieligen Stromheizstrahlern zugeheizt werden.
Ein Mieter schilderte, dass auch mit den Reglern in seiner Wohnung etwas nicht gestimmt habe. So sei die Heizung im Schlafzimmer angesprungen, obwohl er eigentlich im Kinderzimmer habe heizen wollen. Davon berichtet auch Samira Kir: "Ich habe im Wohnzimmer aufgedreht, und der Flur wurde mit geheizt."
Die zeitgemäße und kostengünstige Heizung sei für sie ein Grund gewesen, überhaupt einzuziehen. "Wir wurden praktisch damit gelockt, aber das ist mehr Schein als Sein." Sie war von monatlichen Heizkosten von einem Euro pro Quadratmeter ausgegangen. Stattdessen bekam sie für 2022 eine Nachforderung von 1932 Euro und 2023 von 3056 Euro.
Danijela Istuk geht davon aus, dass die nötige Wärmepumpe erst 2023 eingebaut wurde. Sie bekam für 2022 eine Nachforderung von 623 Euro. "Dabei habe ich in dem Jahr nur drei Wochen in der Wohnung gewohnt." Der Umgang mit der 2022er-Nachforderung war von Mieter zu Mieter, darunter viele Bezieher von Bürgergeld, unterschiedlich. Einige zahlten unter Vorbehalt, andere gar nicht, wieder andere vereinbarten Ratenzahlungen.
Ein Ehepaar schloss vor Gericht einen nicht besonders günstigen Vergleich, der ihm nur wenige Euro ersparte. Dabei ging es auch um die Einstellung der Heizung: "Hierzu dürfte die Klägerseite bislang aber nicht hinreichend substantiiert vorgetragen haben, was an den Einstellungen genau falsch gewesen sein soll", hieß es seitens des Amtsgerichts Siegburg. Für Sven Näke vom Deutschen Mieterbund Bonn/Rhein-Sieg/Ahr ist die Lage klar: "Liegt ein Mangel vor, müssen die Mieter meiner Auffassung nach nicht zahlen." Allerdings müssten sie den Mangel an der Heizung beweisen.
Den Heizungsraum dürfen die Hausbewohner in Troisdorf nicht betreten
Das ist nicht einfach: Den Heizungsraum dürfen die Bewohner nicht betreten. Ein Installateur habe aber berichtet, dass die Heizung zumindest zeitweise auf automatischen statt auf manuellen Betrieb geschaltet gewesen sei.
Vertreter der Hauseigentümer ist die Rheinische Immobilien Verwaltung GmbH, in der der Troisdorfer Bauunternehmer Josef Esch Mitgesellschafter und Geschäftsführer ist. Prokurist Thomas Walter bestätigt auf Anfrage der Redaktion, die Heizungsanlage sei "nicht oder nicht voll funktionsfähig" gewesen. Es habe Probleme mit der Geothermie gegeben.
Warum, das sei eine technische Frage, die er so nicht beantworten könne. "Wir haben uns entschlossen, einen Sachverständigen einzuschalten, das Auftragsschreiben ist schon raus." Immerhin konnte die Heizung am Dienstag wieder in Betrieb genommen werden. Die Arbeiten an der Anlage hatten sich Walter zufolge verzögert, weil ein Ersatzteil lange nicht zu bekommen gewesen sei.
"Die Mieter wollen es warm haben", betont Walter, und dafür habe man gesorgt. "Auch woanders muss mit Strom zugeheizt werden." Man sei allerdings davon ausgegangen, dass die Erdwärme ausreiche, um die Häuser zu beheizen. An einer unzufriedenen Mieterschaft sei ihm nicht gelegen. Keine Erklärung hat Walter auch dafür, dass einige Nachforderungen in zweistelliger Höhe blieben oder in einem Fall gar mit einem Cent veranschlagt wurden.
Tragische Vorgeschichte des Heizungsversagens
Walter schildert eine tragische Vorgeschichte des Heizungsversagens: So sei der Inhaber des beauftragten Betriebs noch vor dem Bau der Heizung gestorben, sodass eine andere Firma habe übernehmen müssen. Ein Contracting, wie es die Stadtwerke Troisdorf anbieten und dabei den Bau der Anlage übernehmen, habe es für die vier Häuser nicht gegeben.
Walter will auch Alternativen zu der Erdwärmeheizung prüfen. Einfach eine andere Heiztechnik zu nutzen, könnte indes schwierig werden. Denn für das Neubaugebiet gilt Geothermie als Auflage seitens der Stadt.
Grundsätzliche Probleme gibt es offenbar nicht. "Die Stadtverwaltung hat keine Kenntnis über Probleme mit der Geothermie", teilt der Pressesprecher Marc Eickelmann nach Rücksprache mit den Stadtwerken mit. "Aktuell sind dort keine Beschwerden aus Eschmar bekannt, und technisch werden auch keine Probleme in den Messwerten gesehen."
In dem Gebiet gebe es eine Anschlusspflicht, die Kunden zahlten eine Pauschale für das Wasser der Geothermie.
Was die Nachzahlungen für 2023 angeht, hat Sylvia Fares-Mayer den letzten Stand: "Wir sind jetzt 31 Mieter, die die Betriebskostenabrechnung widerrufen haben und klagen wollen." © Kölner Stadt-Anzeiger
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