Die Grundschullandschaft in Wipperfürth steht vor großen Veränderungen. Denn die Stadt hat angeregt, die vier staatlichen Bekenntnisgrundschulen in konfessionslose Gemeinschaftsgrundschulen (GGS) umzuwandeln. Wir erklären die Hintergründe und das Verfahren.

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Welche Schulen sind davon betroffen?

Es geht um vier der sechs Grundschulen: die katholischen Grundschulen (KGS) St. Antonius, Wipperfeld und Agathaberg sowie die Evangelische Grundschule (EGS) Albert Schweitzer. Die Grundschulen Mühlenberg – die frühere Nikolausschule – und Kreuzberg sind beide GGS. Fast alle anderen Kommunen in Oberberg haben bereits umgestellt.

Welche Auswirkungen hat die Umwandlung?

In NRW sind rund ein Drittel der Grundschulen Bekenntnisgrundschulen, mit sinkender Tendenz. GGS bieten ebenso wie KGS oder EGS Religionsunterricht an und können Martinsumzüge und Weihnachtsfeiern begehen. Befürworter der Bekenntnisschulen betonen, dass dort aus dem Christentum gewachsene Werte lebendig vermittelt würden. Kritiker sehen das Modell als überholt an, weil es Kinder nach ihrer Religionszugehörigkeit sortiere.

Was verspricht sich die Stadt Wipperfürth davon?

Laut Schulentwicklungsplan (SEP) soll bis 2030 in Wipperfürth die Zahl der Grundschüler deutlich steigen, um rund 25 Prozent. "Wir versprechen uns von der Umwandlung eine Stärkung der Grundschulstandorte, die Möglichkeit einer ausgeglichenen Verteilung sowie Erleichterungen bei der Stellenbesetzung von Lehrkräften", wird Schulamtsleiterin Sarah Menge in einer Pressemitteilung zitiert.

Momentan können z. B. katholische Eltern darauf bestehen, dass ihr Kind an einer KGS aufgenommen wird. Bei knappen Schulplätzen an einer KGS müsste die Schule bevorzugt katholische Schüler aufnehmen und Nicht-Katholiken abweisen. Es könnte damit zu einer sehr ungleichen Verteilung unter den Schulen kommen. Damit besteht die Gefahr, dass die Stadt eine Schule baulich erweitert, die Eltern sich aber für eine andere Schule entscheiden. Gibt es nur noch GGS, hat das Schulamt mehr Steuerungsmöglichkeiten.

Welchen Einfluss haben die Eltern dabei?

Das NRW-Schulgesetz regelt genau, wie eine Umwandlung einer KGS oder EGS in eine GGS durchzuführen ist. Mindestens zehn Prozent der Eltern einer Schule müssen dies beantragen. In Wipperfürth kann auch die Stadt eine Umwandlung anstoßen, aufgrund des SEP und einer Elternbefragung. Dabei kam heraus, dass für die meisten Eltern die konfessionelle Ausrichtung der Schule kaum eine Rolle spielt. Im nächsten Schritt müssten der Ausschuss für Schule und Soziales und der Rat mehrheitlich für die Einleitung des Verfahrens stimmen. An einer großen Mehrheit dafür besteht in Wipperfürth kein Zweifel.

Die Stadt muss das Verfahren zudem mit der Bezirksregierung Köln abstimmen. Für die vier betroffenen Schulen ist eine Informationsveranstaltung durchzuführen. Die Entscheidung über die Umwandlung treffen die Eltern. Sie stimmen per Wahl für oder gegen eine Umwandlung.

Die große Hürde dabei ist das Quorum. Mindestens 51 Prozent der Eltern an jeder Schule müssen mit "Ja" für eine Umwandlung stimmen, alle, die nicht an der Wahl teilnehmen, zählen als "Nein-Stimmen". Die Wahlen können frühestens 2026 durchgeführt werden, da Fristen zu beachten sind. Kürzlich hatte die Stadt alle betroffenen Eltern zu einer Infoveranstaltung eingeladen, rund 150 Eltern nahmen daran teil.

Was sagt die Kirchen zu der beabsichtigten Umwandlung?

In den 1990er Jahren gab es schon einmal einen solchen Vorstoß vonseiten der Stadt, der vor allem am Widerstand der katholischen Kirche und des damaligen Schulleiters Kunibert Dahl scheiterte. Heute sieht das anders aus. "Es entscheidet der Elternwille", sagt Pastor Lambert Schäfer von der katholischen Gemeinde St. Nikolaus. Die Zahl der Christen gehe überall zurück, die Kirche werde keinen Einfluss auf die Wahl nehmen. "Dennoch ist die Entwicklung bedauerlich, denn von den Konfessionsschulen geht etwas aus."

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Janine Ort ist Schulreferentin des evangelischen Kirchenkreises An der Agger: "Aus Sicht der evangelischen Kirche ist es elementar, dass unsere Kinder die bestmögliche Bildung erhalten. In der kommunalen Verantwortung liegt es, gute Orte zu schaffen, an denen Kinder leben, lernen und lachen können."  © Kölner Stadt-Anzeiger

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