Mit 16 Jahren wechselte der Marienheider Handballer Paul Drux vom VfL Gummersbach zu den Füchsen Berlin, wurde mehrfach Deutscher A-Jugendmeister, spielte in der Champions League und gewann die Europa League.
Er war Kapitän bei den Füchsen und gehörte seit 2014 der Nationalmannschaft an, gewann mit ihr die Olympische Bronzemedaille. Aufgrund einer schweren Knieverletzung muss der 29-Jährige nun seine Karriere beenden. Wie er sich fühlt und welche Pläne er hat, darüber sprach Andrea Knitter mit ihm.
Wie geht es Ihnen drei Wochen nach der Operation?
Paul Drux: Es könnte besser laufen. Ich habe noch starke Schmerzen und bin auf Krücken unterwegs, da ich das Bein noch nicht belasten darf. Meine Frau und ich sind aber vor vier Wochen noch einmal Eltern geworden und haben eine zweite Tochter bekommen. So genieße ich trotz allem die viele Zeit, die ich für die Familie habe.
Ärzte sprachen offen mit dem Handballer aus Marienheide
Waren Sie darauf vorbereitet, dass Ihr Knie den Profisport nicht mehr mitmacht?
Nein, auch wenn die Entscheidung am Ende sehr schnell kam. Ich bin im Mai zum dritten Mal am selben Knie am Meniskus operiert worden. Eigentlich war es eine ganz normale Operation, es hat danach aber länger gedauert, bis ich das Knie wieder belasten konnte. Die dritte OP konnte ich nicht so schnell wegstecken. Ich habe mit den Physios, Krafttrainern und meinem Trainer gut gearbeitet, mich auch gut gefühlt und konnte wieder spielen. Dann habe ich mich im Training erneut an diesem Knie verletzt.
Wussten Sie sofort, dass es das Ende Ihrer Karriere sein könnte?
Ich habe nach dem MRT die Bilder gesehen und der Bericht kam relativ schnell. Mir war schon klar, dass da was nicht stimmt und ich habe den Arzt gebeten, offen und ehrlich zu sein. Er hat mir dann gesagt, dass ich es mit dem Handballspielen lassen soll und es darum geht, dass ich mit meinen Kindern spielen kann.
Marienheider steckt im Rehaprozess
Wie sind Sie damit umgegangen?
Es war ein relativ abgeklärtes Gespräch, ehe die ganzen Emotionen über mich einstürzten. Erst habe ich nicht so recht begriffen, was es bedeutet. Meine Frau und meine Familie haben mir geholfen, damit umzugehen, haben mich aufgefangen als ich in ein Loch gefallen bin. Jetzt habe ich die Operation hinter mir und ich bin im Rehaprozess. Mein erstes Ziel ist es, so gut wie möglich im Alltag klar zu kommen.
Sie hatten in Ihrer Profikarriere viel mit Verletzungen zu kämpfen. Sehen Sie dafür Gründe?
Bis auf meinen linken Arm hatte ich schon alle größeren Körperteile verletzt. Ich war immer sehr verletzungsanfällig. Es waren aber immer normale Verletzungen, die ich an der Belastung über die ganzen Jahre festmache. Pech hatte ich nur einmal, als ich mir im vergangenen Jahr die Achillessehne gerissen habe. Simon Ernst, der auf drei Kreuzbandrisse blickt, hat damals zu mir gesagt, dass es irgendwann jeden Handballer trifft.
Sie haben gesagt, dass Sie auch aufgrund der hohen Belastung oft verletzt waren. Muss sich da etwas ändern?
Auf jeden Fall. Ich nenne das Beispiel der NBA, der amerikanischen Basketballliga, die auf über 100 Saisonspiele kommt, dafür im Sommer aber zwei bis zweieinhalb Monate Sommerpause hat. Im Handball hat sich aber auch schon einiges verändert, seit ich vor zehn Jahren mein erstes Turnier mit der Nationalmannschaft gespielt habe. Damals war deutlich mehr Kraft gefordert und es wurde mehr zugelangt. Heute ist der Sport schneller geworden, kleinere wendigere Spieler sind gefragt und es wird mehr auf die Gesundheit der Spieler geachtet. Das geschieht auch auf dem Feld mit neuen Regeln. Es gibt deutlich schneller eine Zeitstrafe. Der Handball ist hart aber fair.
Sie sind bei den Füchsen noch bis Ende der Saison als Spieler unter Vertrag. Sind Sie schon wieder in der Halle?
Ich möchte in den nächsten Wochen und Monaten schon bei den Füchsen dabei sein und neben der Bank was machen. Es fällt mir aber schon schwer, bei den Spielen zuzuschauen. Zudem bin ich dabei, meine Bachelorarbeit in Wirtschaftsinformatik zu schreiben. Dazu kommen meine beiden Töchter, beschäftigt bin ich auch ohne Handball.
Marienheider sieht seine berufliche Zukunft in der Geschäftswelt
Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, was Sie in Zukunft beruflich machen möchten? Das habe ich immer. Ich würde gerne etwas in der Geschäftswelt machen, das finde ich superspannend. Da mein Leben immer durch den Sport geprägt war, möchte ich dabei im Bereich Sport arbeiten.
Bob Hanning, Geschäftsführer der Füchse, hat Sie ja schon vor längerem als seinen Nachfolger genannt. Wäre das auch ein Möglichkeit?
Wir sind in Gesprächen, aber das ist eine eher langfristige Angelegenheit. Mein Karriereende kam ja nun doch viel früher als erwartet.
Fällt es Ihnen nicht schwer, in der Halle zu sein und Ihre Mannschaftskollegen zu sehen?
Doch, das tut es. Aber ich möchte den Kontakt halten, bin sowieso bei den Physios in der Halle und auch regelmäßig bei den Spielen dabei. Auch wenn es mir nicht leicht fällt. Ich habe mein halbes Leben in der Halle verbracht, mehr Zeit als ich sonst wo war. Ich hab es genossen. Jetzt gibt es solche und solche Tage. Es ist nicht einfach, beim Training zuzuschauen. Ich möchte mit der Mannschaft verbunden bleiben, Tipps geben und wer reden möchte, auch über anderes als Handball, dem stehe ich zur Verfügung.
Bleibt da überhaupt noch viel Zeit, das Leben mit der Familie zu genießen?
Doch, denn ich bin ja sehr flexibel. Im Moment wechseln sich meine Töchter Maila (2) und Ella ab, als hätten sie sich abgesprochen, wann sie Aufmerksamkeit brauchen. Da kann ich meine Frau unterstützen , bei allem wo ich gebraucht werde. Es ist schon schön, so eine enge Bindung zu seinen Kindern zu bekommen. Außerdem heimwerke ich gerne, was ich hoffe, wenn die Krücken erst weg sind , schon bald wieder machen zu können. Wir haben uns vor anderthalb Jahren ein Haus gekauft und es gibt noch viel zu tun.
Am zweiten Weihnachtstag spielen die Füchse in der Kölner Lanxess-Arena gegen den VfL Gummersbach. Werden Sie die Feiertage mit Ihrer Familie in der alten Heimat verbringen?
Wir hatten es überlegt, es ist uns aber zu aufwendig mit den beiden kleinen Kindern und meiner Verletzung. © Kölner Stadt-Anzeiger
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