Zülpich hat einen neuen Karnevalsverein. Zwei Tage vor dem Sessionsstart am Elften im Elften, dafür aber pünktlich um 11:11 Uhr, war die Tinte unter dem Eintrag ins Vereinsregister trocken.
Acht Frauen schreiben damit in der Römerstadt Karnevalsgeschichte. Der Grund: Der Verein Tolbiacums Töchter ist Frauen vorbehalten.
"Männer dürfen gerne inaktive Mitglieder werden. Mehr aber auch nicht", sagt Susanne Faßbender, die zusammen mit Marianne Komp als Präsidentinnen an der Spitze des Vereins steht. Den Vorsitz hat Diana Hasenäcker übernommen.
Gesellschaftliche Verantwortung und karnevalistische Tradition
"Mit unserem Verein möchten wir zeigen, dass gesellschaftliche Verantwortung und karnevalistische Tradition Hand in Hand gehen können" sagt Komp: "Unser Ziel ist es, nicht nur Karneval zu feiern, sondern auch aktiv zur Stärkung unserer Gemeinschaft beizutragen." Tolbiacums Töchter habe sich zum Ziel gesetzt, das kulturelle Erbe des Karnevals zu bewahren und zu fördern.
Mit Herz und Tatkraft möchten die Frauen den Gemeinschaftssinn stärken und die Traditionsvereine unterstützen. Ein wesentlicher Bestandteil ihrer Mission sei das soziale Engagement: "Wir werden uns das ganze Jahr über für soziale Projekte einsetzen. Und nicht nur das bunte Treiben zur Karnevalszeit bereichern", so Komp. Der Einsatz für bedürftige und eingeschränkte Kinder und Frauen sei ihnen eine Herzensangelegenheit, so Komp.
Tolbiacums Töchter bieten ihre Hilfe als Wagenengel an
Aber auch in anderen Bereichen des Karnevals wollen die aktuell acht Frauen aktiv helfen – beispielsweise, wenn Wagenengel beim Rosenmontagszug benötigt werden oder wenn bei einer Sitzung Hilfe an der Theke, der Kasse oder sonst wo nötig Ist. Auch dem diesjährigen Prinzen der Römerstadt, Basti I. (Schumacher), haben Tolbiacums Töchter bereits ihre Unterstützung zugesagt.
Verwunderlich ist das nicht, denn mit Anke Schumacher ist die Frau der designierten Tollität ebenfalls ein Gründungsmitglied des fünften Karnevalvereins der Stadt.
Die Idee zur Vereinsgründung sei beim letztjährigen Rosenmontagszug entstanden. Plötzlich wurde während des Zochs Geld für den guten Zweck gesammelt. Und da auch Komp im Rahmen ihrer Adventsmomente der Katholischen Kirche für die Zülpicher Tafel Spenden sammelte, passte das Vorhaben sprichwörtlich wie die Kamelle zum Karneval. "Da ist richtig viel Geld zusammengekommen – und schon war die Idee geboren. Feiern und etwas abgeben, ist doch super", sagt Komp.
Als erste Aktion des neuen Vereins sammeln die jecken Töchter aus Zülpich nun Spielzeug für die Weihnachtsaktion der Tafel, die am 19. Dezember stattfinden wird. "Wir haben aber auch schon viele andere Projekte und Aktionen im Kopf", sagt Faßbender.
Die Resonanz auf die Vereinsgründung sei großartig, berichtet Präsidenten-Tochter Komp. Es gebe sogar schon Anfragen für inaktive Mitgliedschaften. Das bisherige Feedback sei ein wenig überraschend gewesen, so die Engagementsförderin der Zülpicher Kirche: "Wir haben gedacht, dass wir Gegenwind bekommen. Bisher gibt es nur Traditionsvereine. Und dann kommen wir da jetzt an. Daher waren wir ein wenig zurückhaltend, aber die Rückmeldungen sind überwältigend positiv."
Wichtig ist den acht Gründungsmitgliedern, dass ihr soziales Engagement nicht am Aschermittwoche ende, sondern sie ganzjährig aktiv sein wollen, so Komp. Das zeige ja auch das Motto des Vereins, für das Katja Wolff bereits ein Logo entworfen hat. Es zeigt die Silhouette der Stadt, das Stadtwappen und elf rote Herzen – herrlich jeck eben.
Wie es sich für einen echten, jecken Verein gehört, gibt es auch schon Vereinsfarben: Schwarz, Rot und Gold. Diese drei Farben spiegeln sich im Stadtwappen wider. Bei der notariellen Vertragsunterschrift trugen die Frauen dementsprechend vor allem schwarze Hosen und Oberteile samt roten Schärpen mit goldenem Schriftzug.
Zülpichs designierter Prinz fühlt sich wie ein Rennpferd
Bastian Schumacher vergleicht sich mit einem Rennpferd, das kurz vor dem großen Rennen in die Startbox geschoben wird und nur darauf wartet, endlich loslegen zu dürfen. Die designierte Tollität der Zülpicher Jecke muss sich aber noch ein wenig gedulden, bis aus Bastian Schumacher Prinz Bastian I. wird. Am Samstag, 23. November, steht im Forum die Proklamationssitzung an.
"Die Vorfreude wächst von Tag zu Tag", sagt der 46-Jährige, der fünf Tage nach seiner Proklamation Geburtstag feiern wird. Am selben Tag wie Tommy Engel. Purer Zufall, aber den nimmt der künftige Zülpicher Prinz gerne mit, denn Engel hat mit "Du bes Kölle" das karnevalistische Lieblingslied des Römerstädters geschrieben. Dass Schumacher in dieser Session die Zülpicher Jecken regiert, sei eher eine spontane Idee gewesen, sagt der musikalische Leiter der Prinzengarde Zülpich.
"Es hat sich vor einem Jahr so ergeben. Und dann stellte sich die Frage: Warum eigentlich nicht?", so Schumacher. Nach einem familieninternen Beratungsgespräch sei dann alles klar gewesen. Da Schumachers Familie aber ebenfalls sehr im Zülpicher Karneval verwurzelt ist, dauerte das Gespräch wohl auch nicht allzu lange. Seine Frau Anke ist nämlich nicht nur Gründungsmitglied des ersten Zülpicher Karnevalvereins nur für Frauen, sondern auch ehemaliges Tanzmariechen der Blauen Funken. Und zwei seiner drei Kinder spielen im Musikzug der Prinzengarde.
Zülpicher Traditionsvereine ziehen an einem Strang
Blaue Funken und Prinzengarde? Das geht! Von den ehemaligen Rivalitäten der Zülpicher Traditionsvereinen ist im Jahr 2024 nichts mehr übrig. Und wenn doch – Schumacher wird auch die letzten Mauern einreißen. Seine vier Adjutanten haben ihre karnevalistische Heimat nämlich entweder bei der Prinzengarde, den Blauen Funken oder den Hovener Jungkarnevalisten.
"Ich freue mich auf einen bunte, jecke und musikalische Zeit. Der Karneval darf gerne bunt sein, in dem Farben nicht getrennt, sondern vermischt werden", so Schumacher. Neben den Höhepunkten, die Proklamationssitzung und der Rosenmontagszug, freue er sich auch auf das jecke Heimspiel der Prinzengarde im Forum und die Sitzung der Lebenshilfe aus Bürvenich nur einen Tag später.
"Von der Proklamation bis zum Rosenmontag sind es ziemlich genau 100 Tage. Da gibt es einfach sehr viele Dinge, auf die ich mich freuen darf", sagt Schumacher. An Hilfsbereitschaft mangele es nicht, sagt die designierte Tollität: "Es ist beeindruckend, wie viel Hilfe und Unterstützung man angeboten bekommt. Aktuell habe ich schon eher ein schlechtes Gewissen, weil man die Hilfe gar nicht annehmen kann, weil es nichts zu helfen gibt", sagt Bastian I.. © Kölner Stadt-Anzeiger
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