Der frühere Geschäftsführer der Stiftung Marien-Hospital Euskirchen bleibt im Gefängnis. Das hat die 18. Große Strafkammer des Landgerichts Bonn entschieden.
Sie wies damit den Antrag der Verteidigung zurück, den Haftbefehl gegen ihren Mandanten aufzuheben oder außer Vollzug zu setzen.
Rechtsanwalt Alexander Paradissis hatte argumentiert, die bisherige Beweisaufnahme in dem Strafprozess, in dem der 42 Jahre alte Ex-Klinikchef und zwei weitere Männer angeklagt sind, habe ergeben, dass kein dringender Tatverdacht mehr gegen den ehemaligen Geschäftsführer bestehe. Außerdem entfalle der Haftgrund der Fluchtgefahr. Das verneinte die Kammer um den Vorsitzenden Richter Thomas Poell am Freitag. Sie schloss sich damit einer Stellungnahme der Staatsanwaltschaft an.
Schaden der Euskirchener Stiftung soll in die Millionen gehen
In dem Verfahren geht es um einen mutmaßlichen Schaden zulasten des Marien-Hospitals in Höhe von 6,6 Millionen Euro, den das Trio mit insgesamt 13 Straftaten in unterschiedlicher Beteiligung verursacht haben soll. Die beiden Mitangeklagten – der frühere technische Leiter des Marien-Hospitals und ein Bauunternehmer – hätten im Laufe des Prozesses, der Ende Oktober begann, Teilgeständnisse abgelegt und den Ex-Geschäftsführer "ganz erheblich belastet", sagte Poell.
Der Tatverdacht sei dadurch erhärtet worden, auch bestehe weiter Fluchtgefahr. Der Anreiz, sich abzusetzen, werde dadurch verstärkt, dass der Angeklagte mit Zahlungsrückforderungen der Stiftung rechnen müsse.
"Mir ist völlig klar, dass das nicht die Nachricht ist, die Sie kurz vor Weihnachten hören wollten", wandte sich Poell an den 42-Jährigen, der vor einem Jahr, am 20. Dezember 2023, in Untersuchungshaft gewandert war und sich in dem Prozess bis dato nicht eingelassen hat.
Am neunten Prozesstag hatte die Kammer zunächst weitere Zeugen vernommen, darunter einen Mitarbeiter des Marien-Hospitals, der mit einer anonymen Anzeige bei der Staatsanwaltschaft vom 5. Januar 2022 mit dazu beigetragen hatte, die Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr sowie Steuerhinterziehung ins Rollen zu bringen.
Krankenhaus-Mitarbeiter recherchierte über den neuen Geschäftsführer
Als Mitglied der Mitarbeitervertretung, so der Zeuge, habe er wissen wollen, "mit wem wir es zu tun bekommen", als 2017 bekannt wurde, wer neuer Geschäftsführer der Stiftung werden sollte. Recherchen im Internet hätten ergeben, dass es an zwei Kliniken, in denen der Manager früher gearbeitet habe, zu Konflikten mit dem Betriebsrat gekommen sei.
Im Marien-Hospital sei er dann im Laufe der Zeit immer wieder von Kolleginnen und Kollegen auf den neuen Chef angesprochen worden, sagte der Zeuge. "Über den Flurfunk habe ich viele Gerüchte gehört – das Thema hörte gar nicht mehr auf." Schließlich habe er in der Anzeige die Punkte zusammengefasst, die ihm nach weiteren Recherchen auffällig erschienen seien.
So sei es ihm seltsam vorgekommen, dass der Geschäftsführer ein Haus der Stiftung bewohnt habe, ohne Miete und Nebenkosten zu zahlen. Mietfreiheit könne ja im Arbeitsvertrag vereinbart gewesen sein, doch spätestens, wenn jemand von den Nebenkosten befreit sei, müsse man hellhörig werden. Darüber hinaus sei im Marien-Hospital auch immer wieder erzählt worden, dass der Geschäftsführer private Handwerkerarbeitsaufträge über das Krankenhaus abgerechnet habe.
Zeuge ärgerte sich, dass Apartment in Wesseling leer stand
Als merkwürdig habe auch gegolten, dass die Stiftung ein Luxus-Apartment in Wesseling gekauft habe. "Mag sein, dass es ein Schnäppchen war, doch eine solche Wohnung passt nicht in das Immobilien-Portfolio des Hauses", sagte der Zeuge. Noch mehr habe ihn – aus wirtschaftlichen Gründen – geärgert, dass das Apartment nicht vermietet worden sei.
Ein weiterer Punkt: die Geschäftsbeziehungen zwischen dem Krankenhaus und einem Unternehmen, das gleich nebenan in einem früheren, von der Stiftung erworbenen Restaurant ein Corona-Testzentrum betrieben habe. Der Geschäftsführer habe die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krankenhauses verpflichtet, sich dort testen zu lassen, obwohl die damaligen Verordnungen eine Wahlfreiheit garantiert hätten.
Als Nicht-Jurist habe er nicht gewusst, ob all dies strafrechtlich relevant gewesen sei. Und er habe auch keine Beweise liefern können. Es sei aber sein Ziel gewesen, mit der anonymen Anzeige Ermittlungen auszulösen, so der Zeuge.
In der Folge nahmen ihn die Verteidiger mit Fragen zu seiner Motivation regelrecht in die Mangel. Der Zeuge erklärte dazu unter anderem, er habe Schaden von der Stiftung abwenden wollen. © Kölner Stadt-Anzeiger
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