"Nur ein Piks – Im Schatten der Impfung" ist kein gewöhnlicher Film, er erhitzt die Gemüter. Für die einen ist der 73-minütige Dokumentarstreifen von Mario Nieswandt eine überfällige kritische Beleuchtung der Corona-Impfkampagne.

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Andere bemängeln, der Filmemacher halte sich nicht an Fakten, sondern hantiere mit rechten Verschwörungsmythen.

Den allermeisten deutschen Kinobesitzern ist die Sache eh zu heikel, sie zeigen den Film nicht, weil sie Zoff zwischen Impfbefürwortern und -gegnern in ihren Häusern fürchten. Am Freitagabend, 7. Februar, will Nieswandt mit seiner Doku nach Bergneustadt kommen, im Anschluss lädt er zu einer Fragerunde ein. In der Stadt sorgt das für Gesprächsstoff.

Krampfende Menschen, hektische Ärzte

Was wird in dem Film "Nur ein Piks" gezeigt?

Ein im Internet verfügbarer rund einminütiger Trailer gibt einen Vorgeschmack. Der Film arbeitet mit schockierenden Bildern: Rettungswagen rasen durch die Stadt, Menschen zappeln krampfend am Boden, ein Basketballspieler bricht mitten im Match aus dem Nichts zusammen und knallt auf das Sportparkett. Ärzte werten hektisch Aufnahmen eines Gehirns aus. Den Nachweis, dass diese Szenen tatsächlich mit Coronaimpfungen in Verbindung stehen, bleibt der Trailer allerdings schuldig. Und glaubt man Kritikern, gibt es ihn auch in den übrigen 72 Minuten nicht.

Auffällig ist, jedenfalls, dass Nieswandt vor allem englischsprachige Menschen interviewt – obwohl Impfschäden seiner Ansicht nach in der Bundesrepublik verbreitet sind. Die Vorschau kündigt jedenfalls an, der Film sei einem "Geheimnis" auf der Spur, das die Pharmaindustrie verschweige.

Den genauen Ort in Bergneustadt wollen die Veranstalter geheim halten

Wer ist der Filmemacher Mario Nieswandt?

Mario Nieswandt trat im Juni 2024 bei den Kommunalwahlen in Brandenburg für die AfD im Wahlkreis Märkisch-Oderland an. Er hatte außerdem eine führende Rolle bei der "Conspect Film GmbH", einer Teilorganisation der "Compact-Magazin GmbH". Das Magazin wiederum hat das Bundesinnenministerium am 16. Juli 2024 verboten. Begründung: Das Blatt verbreite "antisemitische, rassistische, minderheitenfeindliche, geschichtsrevisionistische und verschwörungstheoretische Inhalte." Dagegen hat "Compact" Klage erhoben, ab dem 10. Juni 2025 soll die Sache vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt werden.

Wo wird der Film in Bergneustadt gezeigt?

Veranstalter von Vorführung und Fragerunde ist die Produktionsfirma Taurus Pictures, die mit dem Kartenvorverkauf die Berliner EMmA-Events beauftragt hat. 15 Euro kostet dort ein Ticket – den Veranstaltungsort bekommt man aber erst genannt, wenn man das Geld bezahlt hat, und auch dies erst zwei Tage vor der Aufführung. Was den Ort angehe habe Taurus der EMmA ausdrücklich einen Maulkorb verpasst, erklärt ein EMmA-Sprecher auf Nachfrage.

70 Zuschauer soll es in Bergneustadt geben

Immerhin lässt sich ihm entlocken, dass für Bergneustadt 70 Zuschauer erwartet werden. Recherchen dieser Zeitung haben außerdem ergeben, dass weder die Stadt, noch die Kirchen und auch nicht die Freikirchen Räume für den Filmabend zur Verfügung stellen werden.

Wo wurde "Nur ein Piks" bislang gezeigt – und warum nun in Bergneustadt?

Erschienen ist der Film im August 2024, bis Jahresende lief er allerdings nur in etwa einem Dutzend Kinos, vor allem in Ostdeutschland. Es gibt aber Oberbergerinnen und Oberberger, die die Vorführung in Bergneustadt ausdrücklich begrüßen und auch dafür werben, das beweisen Screenshots aus Sozialen Netzwerken, die der Redaktion vorliegen. Häufig stehen die Befürworter im Zusammenhang mit den früheren sogenannten Montagsspaziergängen in der Gummersbacher City.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Filmabend und der Bundestagswahl?

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Dieser Verdacht liegt zumindest nahe. Während die noch amtierende und die vorherige Regierung in dem Streifen scharf kritisiert werden, lud die AfD-Bundestagsfraktion Nieswandt im November zum Filmabend ein. Vor den Landtagswahlen im September in Brandenburg, Sachsen und Thüringen konzentrierte sich Taurus Pictures auf die Vorführung im Osten, mit dem neuen Jahr versuchen es die Verantwortlichen nun auch zwischen Hamburg und Stuttgart. Bis zum Wahltag am 23. Februar plant EMmA nahezu täglich eine Vorführung, im März gibt es dagegen kaum noch Filmtermine, im April gar keine mehr.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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