Schlafstörungen, psychische Probleme, Herz-Kreislauf-Beschwerden: Das sind mögliche Folgen einer Belastung, die ihre Ursache in erheblichem Verkehrslärm haben kann.
"Seitdem in Lichtenberg die Industrie deutlich ausgebaut worden ist, hat auch der Verkehr in unserem Ort erheblich zugenommen", sagt Johannes Schlechtingen. Er ist in dieser Ortschaft der Gemeinde Morsbach nicht nur seit der Geburt zu Hause, sondern hat dort auch eine Hausarztpraxis betrieben: "Da habe ich alle diese Symptome gesehen", sagt der heute 69 Jahre alte Mediziner und nennt zudem den Feinstaub. Dieser könne Erkrankungen an den Atemwegen auslösen.
Jetzt möchten Schlechtingen und sein Mitstreiter Paul-Heinz Schumacher, dass Lichtenberg gesünder wird: Das ist der Titel einer Petition, die sie im vergangenen September an den Rat der Gemeinde und die Fraktionen gerichtet sowie an die Gemeindeverwaltung adressiert haben – hinzugefügt haben sie die Ergebnisse zahlreicher Studien sowie 112 Unterschriften von Anwohnerinnen und Anwohnern der stark befahrenen Landesstraße 324 und anderer Straßen in Lichtenberg, die etwa gerne für die Fahrt nach Morsbach genutzt werden.
Paul-Heinz Schumacher schneidet seine Hecken nur mit der Schutzmaske im Gesicht
"In der Woche sind es die vielen Autos und Lastzüge auf der L 324, die uns stressen, am Wochenende dann die Motorradfahrer", schildert Paul-Heinz Schumacher (76), seit 1982 wohnt er an der benachbarten Straße "Im Hainsfeld". "Und stutze ich die Buchenhecken am Grundstück, trage ich eine Schutzmaske, so schmutzig ist das Grün vom blau-schwarzen Feinstaub."
Ziel von Schlechtingen und Schumacher ist es, über die Politik, die Gemeinde, den Landesbetrieb Straßenbau und den Oberbergischen Kreis Maßnahmen zu erwirken, die den Lärm mindern, den Verkehr erträglicher machen und so die Gesundheit schonen. Schlechtingen, zudem Umweltmediziner, erklärt: "Seit Juni gibt es nämlich durch eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes verbindliche Möglichkeiten, die insbesondere der Verbesserung der Umwelt und dem Schutz der Gesundheit dienen können."
Lichtenberger wollen Ausweitung der Tempo-70-Zone
Als ersten Schritt fordern die Lichtenbergerinnen und Lichtenberger, das an Teilen der Strecke bereits geltende Tempo 70 auszuweiten auf den Bereich zwischen dem Abzweig nach Oberasbach und der Einmündung zur Straße "Auf der Flöte" bis zur großen Kreuzung auf der Stippe. Außerhalb dieser Tempo-70-Zone rund um den Lichtenberger Friedhof darf 100 gefahren werden.
"Das ist eine sehr milde Maßnahme, die kaum etwas kostet", urteilt der frühere Hausarzt und bedauert, dass sich bislang weder das Rathaus, noch der Kreis oder der Landesbetrieb zu den Inhalten der Petition geäußert hätten. Zumindest habe ihm die Gemeindeverwaltung am 21. November mitgeteilt, sein Anliegen sei "in Bearbeitung". Nur im Umwelt- und Entwicklungsausschuss des Gemeinderates am 4. Dezember sei dann, so weiß Johannes Schlechtingen, wenigstens erwähnt worden, dass es die Petition gebe, den Ratsfraktionen indes sei diese erst am 20. Dezember zugestellt worden.
Benjamin Schneider, Leiter der Morsbacher Bauverwaltung, versichert: "Wir nehmen das sehr ernst und haben den Kreis und den Landesbetrieb um Stellungnahme gebeten." Geschehen sei dies am 15. Oktober, Antworten gebe es bisher allerdings nicht. Anders sehe es bei Oberbergischen Verkehrsgesellschaft (Ovag) aus, von der sich die Lichtenberger Gemeinschaft dichtere Takte nach Morsbach und Waldbröl sowie nach Denklingen, Wiehl und Gummersbach erhofft. Schneider: "Die Ovag hat uns schon am 16. Oktober mitgeteilt, sie werde sich dazu mit dem Kreis beraten."
Das aber sorgt in Gummersbach für Verwunderung: "Uns ist bisher keine Petition bekannt", sagt Kreissprecher Philipp Ising auf Nachfrage dieser Zeitung. "Auch benötigen wir einen Beschluss aus der Politik, um aktiv werden zu können." Ähnliches berichtet Rainer Herzog für den Landesbetrieb Straßenbau, diesen habe die Petition ebenfalls nicht erreicht. Der Sprecher der Niederlassung Rhein-Berg verweist zudem darauf, dass es ein Anhörungsverfahren geben müsse, an dem nicht nur die Baulastträger, sondern auch die Kreispolizei zu beteiligen sei.
"Im Fall von Maßnahmen etwa zum Lärmschutz müssen dann in der Regel umfassende schalltechnische Gutachten als Bewertungsgrundlage herangezogen", führt Herzog aus. Das nehme sehr viel Zeit in Anspruch, auch müsse der Landesbetrieb dazu von der zuständigen Behörde aufgefordert werden.
Darauf hoffen Johannes Schlechtingen und Paul-Heinz Schumacher ebenso wie auf eine baldige Reaktion aus der Riege der Fraktionen. "Wir kämpfen auf jeden Fall dafür", kündigt der Lichtenberger Mediziner an.
Weitere Ziele der Petition "Gesundes Lichtenberg"
Neben der Reduzierung der Geschwindigkeit auf der Landesstraße 324 von 100 auf Tempo 70 findet sich in der Petition "Gesundes Lichtenberg" eine Ausweitung von Tempo 30 auf der Morsbacher Straße über den Bereich an der Amitola-Grundschule hinaus. Diese Geschwindigkeit soll auch für die Bergstraße in der Ortsmitte bis zum Seniorenheim sowie bis zum Ortsausgang in Richtung Rom gelten.
Zudem hält die Initiative eine Sanierung der Fahrbahndecken für angebracht, dabei solle dann ein Lärm mindernder Belag aufgebracht werden. Schall schlucken soll zudem eine neue Bepflanzung entlang der belasteten Straßen, die Häuser daran sollen eine Lärmschutzverglasung erhalten. Auch soll das Radwegenetz ebenso ausgebaut werden wie der Öffentliche Nahverkehr, heißt es in der Petition. © Kölner Stadt-Anzeiger
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